Gute Geschichten begleiten uns oft ein Leben lang.
Selbst wenn Du seit Deiner eigenen Kindheit kein Märchenbuch mehr gelesen hast, könntest Du sicherlich noch einige der Klassiker nacherzählen.
Geschichten liegen auch der didaktischen Idee des Storytelling zu Grunde. Das Prinzip ist übrigens so effektiv, dass es nicht nur in der Bildung Anwendung findet – auch im Marketing oder Journalismus ist es etwa eine beliebte Strategie.
Vielleicht wendest Du Elemente des Storytellings auch bereits an, etwa in der Art wie Du Dich normalerweise vorstellst.
Denn eine Geschichte verleiht dem Inhalt eine Struktur und einen Rahmen, an dem wir uns bei der Aufnahme orientieren können.
Wieso ist Storytelling so effektiv?
Unser Gehirn liebt es, Verbindungen und Verknüpfungen anzulegen. Dagegen haben wir oft Mühe, uns isolierte Zahlen und Fakten zu merken.
Außerdem können wir auf den Inhalt einer Story immer auch eigene Erfahrungen und Emotionen anwenden. Das hilft uns, das neue Wissen in bekannte Kontexte einzuordnen und unser Wissensnetzwerk weiter auszubauen.
Das bedeutet dann nicht nur, dass uns der ursprüngliche Zugang leichter fällt, sondern auch dass dieses Wissen langfristiger gespeichert wird.
Darüber hinaus kannst Du über Storytelling auch komplexere und theoretische Inhalte greifbarer verpacken. Da sind wir etwa wieder bei den Matheaufgaben, die in einen kleinen Kontext eingebaut sind, um anhand eines Alltagsbeispiels einen Zugang zu ermöglichen.
Was macht eine gute Story aus?
Geschichten sind also verständlicherweise effektiv, aber wie sieht eine gute Geschichte eigentlich aus?
Grundsätzlich umfassen die meisten Stories die folgenden Elemente:
- Eine:n oder mehrere Protagonist:innen
- Ein Ereignis oder Problem
- Der Umgang mit dem Ereignis: Lösung/Umgehung des Problems oder das Scheitern daran
Der Storyteller Thomas Pyczak beschreibt dies etwa auch in der knackigen Formel „Figur + Zwangslage + angestrebte Befreiung“.
Hier kannst Du vielleicht schon sehen: Dein Thema und Deine Inhalte sollten normalerweise Teil der Lösung oder „angestrebten Befreiung“ sein. Der Mitarbeitende in der Geschichte ist überarbeitet, das Erlernen der neuen Software wird ihn dauerhaft entlasten.
Außerdem solltest Du beim Storytelling für Lernzwecke darauf achten, dass die Geschichte diese Eigenschaften besitzt:
Aktivieren
Die Geschichte sollte zum Zuhören oder Mitmachen anregen. Das schaffst Du vor allem dadurch, dass sie gut an Deine Zielgruppe angepasst ist.
Authentizität ist bei Geschichten besonders wichtig. Wenn Du beispielsweise zu einer Elterngruppe sprichst, kannst Du eine Story aus Deinem Alltag als Elternteil verwenden.
Denn wenn sich Deine Zuhörer:innen oder Lernenden grundlegend mit der Geschichte identifizieren, schenken sie Dir eher ihre Aufmerksamkeit.
Emotionalisieren
Geschichten sprechen unsere Gefühle an – deshalb funktionieren sie in so vielen Bereichen. Wenn wir bei unserem Elternbeispiel bleiben, so verbinden Eltern natürlich direkt viele tiefe Emotionen mit ihrer Rolle und ihren Kindern.
Diese Emotionen kannst Du sowohl „positiv“ als auch „negativ“ nutzen, beides kann effektiv sein. Also entweder ruft die Geschichte Freude/Sicherheit/Vertrauen hervor, oder hat ihren emotionalen Impact über negativ konnotierte Gefühle wie Angst/Schrecken.
In der Werbung wird „Angst vor der Zukunft“ zum Beispiel durchaus oft als Leitmotiv genutzt, aber beim Lernen würden wir in den meisten Kontexten vermutlich eher auf positive Stories zurückgreifen.
Dabei kann eine Geschichte natürlich emotional komplexer sein und über verschiedene Gefühlsstationen gehen, um sich am Ende aber in einer positiven Moral aufzulösen.
Begeistern
Im besten Fall hat eine Geschichte eine solche Wirkung, dass sie nicht nur in dem Moment wirkt. Wenn sich Rezipient:innen wirklich mit einer Story identifizieren oder von ihr begeistert sind, tragen sie sie sogar weiter.
Dieser Faktor ist zum Beispiel in der Werbung ein großes Ziel, aber auch im Lernprozess kann es ein Gradmesser für das Storytelling sein: Denn wenn die Geschichte gut an die Gruppe angepasst ist, können Lernende sie ganz einfach wiedergeben und so verankert sie sich noch mehr.
Denn das macht gute Geschichten aus: Einfach zu begreifen, aber effektiv!
Beispiel: Storytelling im Onboarding
Wie wichtig das Onboarding für Seminare und Unternehmen ist, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Andrea ist besonders bekannt für ihre liebevollen Onboarding-Pakete, die sie auch in Online-Kursen verschickt.
Auch Storytelling kann im Onboarding genutzt werden, sogar in besonders authentischer Form. Dafür musst Du nur regelmäßig kleine Clips von Teilnehmer:innen sammeln, die freiwillig ein wenig von ihrer Geschichte erzählen.
Es funktioniert theoretisch auch in schriftlicher Form, aber in Videoform ist es besonders persönlich und zugänglich. Deshalb gibt es in vielen Medien das Motto „Show, don’t tell“ – audio-visuelle Quellen wirken einfach stärker auf uns.
Mit Videoclips kannst Du zeigen: Was hat die Lernenden (=Protagonist:innen) ursprünglich zu Deinem Seminar gebracht (=Problem) und wie haben sie die Veranstaltung im Verlauf erlebt (=Lösung)?
Echte Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen, die ihre authentische Story selbst erzählen, ist eine besonders schöne Variante des Storytelling. So können sich die neuen Teilnehmer:innen direkt mit den Personen und Problemen identifizieren und starten besonders motiviert in Dein Seminar, da sie es als Lösung betrachten können.
Beispiel: Quiz mit Hauptfigur
Leistungsüberprüfungen bringen schon genug Druck mit sich. Mit Storytelling-Elementen kannst Du zum Beispiel Quizze auflockern und Deine Lernenden kognitiv und emotional durch die Fragen führen.
In diesem Zusammenhang können wir auch das Tool Genially sehr empfehlen, da sich hier visuell ansprechende Quizze erstellen lassen, die oft auch in kleine Geschichten eingebettet sind.
Wir haben beispielsweise ein Escape Game mit dem übergreifenden Thema „Eine einsame Insel“ erstellt, das auch Gamification-Elemente beinhaltet:
Die Prämisse der einsamen Insel erschafft dann direkt ein Szenario, auf das sich die Teilnehmer:innen einlassen können – auch wenn es in dem Fall vielleicht etwas weniger realistisch ist 😉
Aber dann betrachten sie auch die Fragen nach Daten und Zahlen in einem ganz anderen Kontext und die Antworten fühlen sich plastischer an, da die Lernenden nicht nur nach Fakten in ihrem Gedächtnis kramen.
Beispiel: Storytelling im Sprachkurs
Geschichten bieten sich beim Thema Sprache und Kultur natürlich besonders an. Denn durch eine Story können die Lernenden nicht nur neues Vokabular kennenlernen, sondern auch andere kulturelle Aspekte.
Dabei ist es grundsätzlich für eine Geschichte gar nicht wichtig, dass wir jedes einzelne Wort verstehen, um die Emotionen zu begreifen.
Eine Storytelling-Einheit kann dann exemplarisch drei Phasen umfassen:
- Pre-Telling Phase: Die Neugier auf die Geschichte wird geweckt, zentrales Vokabular wird geklärt, die Hauptfigur wird vorgestellt
- While-Telling Phase: Die Geschichte wird erzählt und gegebenenfalls regelmäßig unterbrochen, um die Inhalte bis zu dem Punkt zu besprechen oder über den weiteren Verlauf zu spekulieren
- Post-Telling Phase: Die Story wird aufgearbeitet, Lernende geben sie etwa in eigenen Worten wieder oder fassen zentrale Aussagen/Lehren in anderen Formen zusammen
Nutzt Du in Deinen Seminaren bereits die Lernkraft von Geschichten? Wir freuen uns von Deinen Methoden zu hören!
Freue mich schon auf den Input