Wie können wir Inhalte so verpacken, dass sie bei den Lernenden bestmöglich ankommen? Diese Frage bewegt alle Pädagogen und Pädagoginnen.
Es gibt viele mögliche Antworten darauf und genauso viele methodische Ansätze. Ein Konzept, das unter anderem immer beliebter wird, ist das sogenannte Microlearning.
Die Grundidee ist einfach, aber genial: Kleinere Lernimpulse sind leichter verdaulich und werden daher besser verstanden und auch erinnert.
Ob nun das Internet oder Social Media dafür verantwortlich sind oder nicht – die Aufmerksamkeitsspanne unserer Lernenden wird nicht unbedingt länger. Auch diesem Grund können Lernhäppchen eine gute Idee sein.
Falls der Begriff Microlearning noch neu für Dich ist, fassen wir noch einmal kurz die wichtigsten Bedingungen für gute Mikro-Inhalte zusammen:
- geringer zeitlicher Aufwand pro Einheit (zwischen 30 Sekunden und maximal 20 Minuten)
- in sich thematisch geschlossene Einheiten
- handlungsorientiert und praxisbezogen
- auf Bedarf erneut abrufbereit
Wir haben bereits letztes Jahr einen ausführlichen Artikel über die didaktischen Hintergründe des Microlearning veröffentlicht, den Du Dir >>hier anschauen kannst.
Heute wollen wir uns aber eher der praktischen Anwendung dieser pädagogischen Philosophie widmen und geben 4 Anwendungsbeispiele:
1. Anleitungen nach Microlearning
Klassische Anleitungen sind ein gutes Beispiel dafür, wie zu viele Informationen auf einem Fleck häufig dazu führen, dass wir gar nichts mehr aufnehmen.
Beantworte einmal ehrlich die Frage, wann Du zuletzt eine Anleitung für ein neues Gerät wirklich vollständig gelesen hast. Die meisten Menschen probieren sich entweder gleich selbst aus oder suchen direkt konkrete Informationen im Internet.
Denn da bekommen sie häufig noch visuelle Quellen oder gar Tutorials dazu. Diesen Grundsatz sollten wir uns auch beim Microlearning vor Augen halten – auf einen Blick verständliche, visuelle Quellen funktionieren immer besser als lange Ausführungen.
Denn Anleitungen im erweiterten Sinne kommen auch oft in Seminaren vor. Das kann beispielsweise die Erklärung einer Lerneinheit sein, oder neue Arbeitsschritte und Fähigkeiten.
Microlearning funktioniert in diesen Fällen also am besten nach dem Prinzip einer Schnellstart-Anleitung, die sich auch bei Geräten immer mehr durchsetzt:
Über die >>Haufe Akademie kannst Du Dir einige gute Beispiele für Microlearning anschauen, hier ist etwa ein Beispiel für eine kurze Übung:
Wie Du an diesem Beispiel siehst, können die Lernenden die gestellte Aufgabe auf einen Blick erfassen. Es gibt keine langen Erklärungen, sondern die Aufgabe ist auf genau das heruntergebrochen, das die Teilnehmer:innen zur Bearbeitung brauchen. Das stellt sicher, dass sie sich nicht mit Theorie aufhalten, sondern direkt „ins Tun kommen“.
2. Microlearning in der Weiterbildung
Eventuell hast Du jetzt noch Sorge, dass mit kurzen Lernhäppchen aber nicht genügend inhaltliche Dichte vermittelt wird.
Denn natürlich müssen wir in einer Schulung oder Weiterbildung viel mehr Wissen und auch mal komplexe Themen vermitteln.
Daher sei nochmal betont, dass beim Microlearning der Inhalt nicht bis zur Unkenntlichkeit verkürzt werden soll. Vielmehr überlegen wir uns ganz genau, was die Kernaussagen sind und vor allem, welche Handlungskompetenzen wir damit erzeugen möchten.
Es ist also eine grundsätzliche Herangehensweise, in der Handlungsorientierung ganz groß geschrieben wird und wir überprüfen, welches Wissen dafür konkret nötig ist.
In vielerlei Hinsicht funktioniert beispielsweise auch der begleitende Videoteil zum aktuellen Masterkurs Berufspädagog:in so: Kürzere Videos, die ein Konzept verständlich und visuell darlegen und dann direkt in eine praktische Aufgabe überleiten:
Natürlich gibt es zu einer solchen Fortbildung auch noch viele andere Unterlagen, Live Calls und weitere Elemente. Aber es ist ein Beispiel, dass Microlearning auch ganz konkret in der Weiterbildung integriert werden kann und das sogar in einem Online-Format.
Denn gerade in digitalen Weiterbildungen bekommen die Lernenden teilweise viel zu wenig zu tun und arbeiten nicht genügend kollaborativ. Daher sind Arbeitsanweisungen in Videoform und nach den Richtlinien des Microlearning besonders effektiv, um Teilnehmer:innen zu aktivieren.
Die kürzeren Einheiten lassen sich außerdem für berufstätige Erwachsene viel leichter in ihren Alltag einbauen. Es schreckt gleich viel weniger ab, wenn die Laufzeit der einzelnen Videos kurz ist.
Das ist zwar erstmal nur ein psychologischer Effekt, aber selbst das kann einen großen Unterschied in der Motivationsdynamik machen. In der Kombination mit dem tatsächlichen Mehrwert der Einheiten kann Microlearning daher extrem motivierend wirken.
3. Lern-Nuggets kombinieren
Einzelne Microlearning-Einheiten werden auch manchmal als „Learning Nuggets“ bezeichnet – also kleine, aber sehr wertvolle Impulse.
Sie funktionieren sehr gut für einzelne Einheiten, lassen sich aber auch tatsächlich zu einem stimmigen Gesamtkonzept verbinden – ähnlich wie es am Ende bei unseren Onlinekursen der Fall ist:
Die Vorteile für die Motivationsdynamik haben wir eben bereits besprochen. Damit bei einem Microlearning-Kurs aber kein Flickenteppich herauskommt, gibt es ein paar Dinge zu beachten:
- Stelle immer einen inhaltlichen Bezug zum vorherigen und/oder nächsten Learning Nugget her
- Ordne die einzelnen Impulse in Kapiteln
- Variation bei Format und/oder Aufgabenform
Über unsere Lernplattform (und die meisten anderen) lassen sich die Videos beispielsweise ganz einfach in übersichtliche Kategorien oder Kapitel einordnen. Bei den Aufgaben hat Andrea dann darauf geachtet, die Art und auch die verwendeten Tools genug zu variieren, um neue Impulse zu liefern.
Hier ist eine kleine Faustformel für die Struktur eines Videos nach dem Microlearning Prinzip:
- Einleitung/Bezug zum vorherigen Nugget
- Beschreibung Problematik
- Kernbotschaft oder -kompetenz
- Konkreter Bezug zu Lernenden (Relevanz)
- Handlungsaufforderung
Wie ausführlich Du genau dabei sein möchtest, kommt dann auf das Thema an. Aber es wird empfohlen, dass pro Unterpunkt nicht mehr als 3 Sätze fallen sollten, bevor die Lernenden in die Handlung übergehen.
Dasselbe Prinzip funktioniert natürlich auch für die Arbeitsanweisung in Präsenz oder für andere Lernunterlagen. Es verhindert, dass wir uns in Erklärungen verlieren und zu wenig Fokus auf die Handlungskompetenzen legen.
4. Learning Nuggets im und aus dem Alltag
Im Übrigen nehmen wir heutzutage alle ständig kleine Lernimpulse auf – teilweise sogar, ohne es zu merken.
Im Prinzip sind Social Media Feeds eine wahre Goldgrube für Microlearning und Du kannst auch Deine eigenen Online-Präsenzen nach diesem Prinzip aufbauen.
Twitter, Instagram, Pinterest oder LinkedIn sind nicht nur zum Scrollen nebenbei geeignet, sondern Du wirst hier auch immer Anregungen für knackige Lerninhalte finden – meistens ganz im Format eines Learning Nuggets.
Instagram als sehr visuelle Plattform ist zum Beispiel eine Quelle für Microlearning in Form von Bildern oder Infografiken:
Auch auf Plattformen wie YouTube oder in Podcasts wirst Du immer eine Fülle an Material für ein solches Konzept finden, wenn Du derzeit noch keine eigenen Inhalte produzieren kannst oder möchtest.
Wenn Du in Deinen Feeds also die richtige Inspiration finden möchtest: Folge ganz gezielt Lernbegleiter:innen, die Dir Tipps und Impulse zur Verfügung stellen. Denn hier kannst Du wirklich lernen, wie Du Inhalte knapp, aber trotzdem verständlich verpackst!