Das Stichwort „Agil“ ist vor einigen Jahren bereits an vielen Stellen in der Arbeitswelt aufgekommen.
Plötzlich sollten sämtliche Business und Management Prozesse agil werden. Ob nun immer alle genau wussten, was das bedeuten sollte, sei einmal dahingestellt.
Auch den Begriff des agilen Lernens hast Du vielleicht schon einmal gehört.
Das Grundwort agil ist schließlich auch ein sehr positiv belegtes. Es bedeutet schnell, wendig, anpassbar und dynamisch.
Dynamik ist vermutlich etwas, das wir sowohl für Lern- als auch Arbeitsprozesse gerne hätten. Daher schauen wir uns heute einmal an, was sich hinter dem Konzept des agilen Lernens verbirgt:
Die 3 Ebenen
Da sich das agile Lernen auf ähnlichen Prinzipien wie das agile Arbeiten aufbaut, beruhen sie auch auf ähnlichen Wertvorstellungen.
Die Verknüpfung von Arbeiten und Lernen wurde irgendwann für Menschen zur Notwendigkeit. Denn sie waren frustriert, dass diese Prozesse so wenig ineinandergriffen.
Auch die rigorose Aufteilung von Arbeitsabläufen in verschiedene Abteilungen, die untereinander zu wenig kommunizierten, waren eine Quelle der Unzufriedenheit.
Daraus entstand dann Anfang der 2000er zunächst das Konzept des agilen Arbeitens, das diese Stolpersteine aus dem Weg zu räumen suchte.
Dafür müssen immer drei Ebenen berücksichtigt werden:
1. Individuum: Haltung, Fähigkeiten & Kompetenzen, Motivation
2. Organisation: Lernkultur, Lernorganisation, Rollenverteilung
3. Umfeld: Sozialstruktur, Institutionen
Agiles Lernen ist nicht strukturlos, sondern innerhalb von Strukturen flexibel.
Nur wenn alle Ebenen im Einklang eine Rolle spielen, kann agiles Arbeiten (und damit Lernen) funktionieren. Die einzelnen Teilaspekte sollten sich so viel wie möglich überschneiden, um Erfolge zu gewährleisten.
Das kann zum Beispiel heißen, dass sich die persönliche Motivation zur Weiterentwicklung in einem bestimmten Bereich mit den Zielen der übergeordneten Organisation überschneidet.
Umgekehrt wird sich die Etablierung von Lernkultur immer schwierig gestalten, wenn der Mehrwert in Maßnahmen und Inhalten nicht gesehen wird.
Die wichtigsten Werte
Wie genau die Ebenen, Strukturen und Lernorganisationen aussehen, kann sich also natürlich massiv von Fall zu Fall unterscheiden.
Das ist im Grunde ja auch einer der Vorteile – das dynamische Eingehen auf individuelle und situativ auftretende Lernbedarfe.
Trotzdem gibt es einige Prinzipien, auf denen gut implementiertes agiles Lernen (und Arbeiten) aufbauen sollte:
- Flexible, dezentralisierte Netzwerke innerhalb einer strategischen Struktur
- Akzeptanz von Unsicherheit im Bezug auf Institutionen
- Lernen durch Erfahrung und Szenarien als Lernchance
- Entkopplung vom „Gewinnen“ und dem Zwang der Lösungsfindung
- Vernetzung und Kooperation, die Wichtigkeit des Kollektivs
- Strategische Voraussicht im Einklang mit persönlichen Kontexten
Agiles Lernen ist mehr als eine Methodik, es ist in seiner reinsten Form ein Mindset, das gleichermaßen von Führung und Mitarbeitenden getragen wird.
Es bezieht auch sehr viele strategische Aspekte mit ein und betrachtet Unternehmensstrukturen in einer größeren Komplexität.
Am Ende kommt aber immer alles auf die einzelnen Menschen zurück, ihre Fähigkeiten und Motivationen und wie diese zu einem stimmigen Kollektiv zusammengefügt werden können.
Agile Praxis
Aufbauend auf diesen Grundlagen wird deutlich, dass sich das agile Lernen ideal in eine moderne Unternehmenskultur einfügen kann.
Denn das kontinuierliche Lernen soll sich an benötigten Handlungskompetenzen und den Arbeitsprozessen orientieren.
Das Lernen und die Lernmedien sollen gut vernetzt, digital und individualisiert nutzbar sein. Dadurch ist selbstverantwortliches und dynamisches Lernen möglich. Im besten Fall wird sich das Lernen im betrieblichen Kontext etwa folgendermaßen aufteilen:
- 10% strukturiertes Training und Weiterbildung
- 20% Lernen im Austausch mit anderen
- 70% Lernen durch praktische Erfahrung im Arbeitsalltag
Das unterstreicht noch einmal, dass Menschen natürlich die meiste Zeit Lernbedarfe während ihrer Arbeitsabläufe decken werden müssen.
Weiterbildung und Anleitung sind sehr wichtig, aber werden in der Praxis natürlich immer weniger Zeit einnehmen. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, dass wir während der Weiterbildung die entsprechenden Kompetenzen und Strategien für nachhaltiges und selbstorganisiertes Lernen vermitteln.
Das brauchen Lernformate
Fassen wir also auf der Basis der Werte und Zielsetzungen noch einmal zusammen, welche Merkmale agile Lernformate auszeichnen:
- Ein hohes Maß an gleichzeitiger Selbststeuerung und Kooperationsbereitschaft
- Eine direkte Praxisverbindung zu den Aufgaben und dem Arbeitskontext
- Flexible Prozesse, die sich nach individuellen Lernzielen richten können
- Teilnehmerorientierung und Ausrichtung auf persönliche Lernbedürfnisse
Agiles Lernen ist also das ideale Fundament für selbstgesteuertes Lernen.
Über diesen Ansatz – und wie wir ihn fördern können – haben wir erst vor Kurzem im Detail gesprochen. Du kannst >>hier lesen, wie Du die Selbstbestimmtheit beim Lernen fördern kannst.
Auch andere Formate, die sich gut für das agile Lernen eignen, haben wir teilweise schon behandelt:
- >>Microlearning
- Lerntage, Lernzeiten und Lernräume öffnen, z.B. Rotation Days
- >>Storytelling
- Lean Coffee
- Lunch & Learn
Nächste Woche werden wir uns die Formate Rotation Days, Lean Coffee und Lunch & Learn einmal im Detail anschauen und besprechen, wo sich diese Ansätze eignen können!
Agile Lernformate können und sollen sehr variabel und fluide sein. Sie können dynamisch umgesetzt werden und erfordern meistens keinen großen (auch finanziellen) Aufwand. Also die ideale Basis, um auch von Unternehmensseite das grüne Licht zu bekommen.
Verschiedene Lernformate können den Ausgangspunkt bilden, um kontinuierlich an die auftretenden Lernbedarfe und -bedürfnisse angepasst und gemeinsam weiterentwickelt zu werden.
Ein Gedanke zu „Lernen! Aber agil?“