Als Trainer:in oder Dozent:in fragst Du Dich sicher häufig, wie Du nicht nur inhaltliches Wissen vermitteln kannst, sondern gleichzeitig auch Handlungskompetenzen förderst.
Für Berufspädagog:innen sind solche Methoden die Königsklasse: Konzepte, die Handlungswissen erzeugen, das Lernende wirklich praktisch umsetzen können.
Denn schließlich sind wir uns mittlerweile wohl alle einig: Wissen, das außer der Abfrage in einer Multiple-Choice Prüfungsfrage keinen Zweck erfüllt, ist am Ende bedeutungslos.
Andrea sagt immer gerne: Ich möchte Lernende zu Besserkönner:innen befördern, nicht zu Besserwisser:innen.
Idealerweise umfassen handlungsorientierte Methoden auch sogar einen Aspekt der Gruppendynamik oder anderen Teamkompetenzen.
Leider haben viele Trainer:innen immer noch eine unbegründete innere Ablehnung gegen Methoden wie Rollenspiele, Simulationen oder Planspiele.
Alleine das Stichwort „Spiel“ ruft nämlich oftmals die Assoziation hervor, dass diese Methoden zu spielerisch für die Erwachsenenbildung sind.
Dabei eignen sich Planspiele etwa hervorragend zur Vermittlung von Kompetenzen, die beinahe alle berufstätigen Menschen benötigen.
Was soll ein Planspiel erzielen?
Planspiele sind Gruppeneinheiten, die vielfältige Fähigkeiten fördern können.
Im Grunde steht am Ende ein bestimmtes Ziel, der genaue Weg dorthin ist jedoch offen. Ein Planspiel besteht meist aus diesen 3 Komponenten:
- Der (sozialen) Umwelt des Szenarios
- Bestimmten Beschränkungen („Spielregeln“)
- Der interaktiven Komponente
So müssen Teilnehmer:innen bei einem Planspiel in der Gruppe kommunizieren und gemeinsam einen individuellen Lösungsweg finden. Dabei nehmen die Lernenden teilweise verschiedene vorgeschriebene Rollen ein.
Diese Kompetenzen können mit Planspielen unter anderem besonders gefördert werden:
- Team Dynamik
- Respektvolle Kommunikation in einer Gruppe
- Führungsqualitäten
- Kreativität
- Lösungsorientiertes Denken
- Praktische Anwendung des Gelernten
Planspiele zählen zu den handlungsorientierten Methoden, da hier nicht einfach ein Wissensstand abgefragt wird.
Die Lernenden müssen zur Auflösung des Spiels ihr Wissen kontextualisieren und auf neue Umstände anwenden können. Zudem ist der Prozess eines Planspiels sehr teilnehmerorientiert und erlaubt das selbstgesteuerte Lernen in einer Handlungsumgebung.
Hier zeigt sich also schnell, inwiefern das Wissen schon verinnerlicht wurde und an welchen Stellen eher noch Nachholbedarf besteht.
Trotzdem bietet eine Simulation oder ein Planspiel immer die Sicherheit, in der Lernende verschiedene Dinge ohne realweltliche Konsequenzen ausprobieren und erfahren können.
Handlungsumgebung + Der Faktor Mensch
Gleichzeitig bringt ein Planspiel den Teilnehmer:innen viele gruppendynamische Aspekte näher und eignet sich auch zur Schulung von Konfliktbewältigung.
Denn wenn eine Lerngruppe gemeinsam an einem Problem arbeiten muss, kommen sicherlich Meinungsverschiedenheiten über unterschiedliche Ansätze zum Vorschein.
Du kannst auch bei einem Planspiel über die Regelkomponente immer externe Konflikte und bestimmte Beschränkungen bei der Problemlösung einbauen.
Somit orientiert sich ein Planspiel stark an der beruflichen Realität und simuliert tagtägliche Arbeits- und Teamprozesse. Die Gruppe muss gemeinsam Entscheidungen treffen und dann auch gemeinsam mit den Konsequenzen dieser umgehen.
Du als Seminarleiter:in fungierst dabei zunächst hauptsächlich als Beobachter:in und Du sorgst dafür, dass die „Spielregeln“ eingehalten werden – sowohl inhaltlich als auch sozial.
In einer Lerngruppe haben Planspiele durch ihre Individualität auch den Vorteil, dass verschiedene Teilgruppen ganz unterschiedliche Lösungen und Erfahrungen haben können.
Das macht eine anschließende Besprechung oder Präsentation wesentlich interessanter. Denn auch dieser Punkt ist wichtig: Ein Planspiel sollte im Anschluss auf jeden Fall von den Teilnehmer:innen reflektiert werden.
Wie zielführend war der Prozess? Wo gab es eventuell Hindernisse und wurden die Regeln eingehalten?
Der Führungswurm
Wir schauen uns jetzt einfach mal zwei verschiedene Beispiele für Planspiele an. Das erste Planspiel heißt „Führungswurm“ und hat wird besonders oft in der Schulung von Führungskräften eingesetzt.
Die Methode kann selbst mit relativ großen Teilgruppen umgesetzt werden und benötigt dafür einen offenen Raum oder große Fläche.
Lernziele:
Führung und Kommunikation; Erfahrung der Auswirkung von hierarchischen Strukturen; Vertrauen; Zielorientierung
Material:
Tücher zum Augen verbinden; Gegenstände zum Markieren der Strecke und Gegenstand zum Aufheben
Ablauf und Regeln:
Die Aufgabe klingt denkbar einfach: Die Gruppe muss eine bestimmte Wegstrecke zurücklegen.
Das Ziel ist in diesem Fall wortwörtlich ein räumliches Ziel, das am besten klar markiert wird. Auch andere Wegpunkte in Form von Stühlen oder Bodenmarkierungen können eingebaut werden. Die Zeit wird gestoppt, wenn das letzte Mitglied die Ziellinie überschritten hat.
Außerdem gibt es einen Gegenstand, der während des Weges von dem ganz vorderen Team-Mitglied aufgehoben werden muss. Dieser Gegenstand wird erst auf die Strecke gelegt, nachdem die Augen verbunden wurden.
Die Instruktionen lauten nämlich wie folgt: Die Teilnehmer:innen müssen sich hintereinander in einer Reihe aufstellen und die Hände auf die Schultern der Vorderperson legen. Es werden allen Mitgliedern die Augen verbunden, außer der Person ganz am Ende des Führungswurms.
Zusätzlich gibt es zwei wichtige Regeln:
- Nach Beginn des Spiels darf nicht mehr verbal kommuniziert werden
- Die Reihenfolge muss den gesamten Weg intakt bleiben; Positionen dürfen nicht gewechselt werden
Hier kommt der Plan-Aspekt ins Spiel: Die Gruppe hat nun 5 Minuten Zeit um sich zu beraten und im Rahmen der Regeln eine Strategie zu entwickeln, wie der Weg so schnell und sicher wie möglich zurückgelegt werden kann.
Nach Ablauf der Beratungszeit verbinden sich alle Teilnehmer:innen mit Ausnahme des letzten Mitglieds die Augen und Du als Spielleiter:in markierst den Weg und zeigst ihn der hinteren Person. Die Zeit und die Regeln laufen, sobald das erste Gruppenmitglied die Startlinie überschreitet.
Spaghetti Turm
Lernziele:
Problemlösung im Team mit beschränkten Ressourcen; Balance zwischen Planung und Experimentieren; Umgang mit Scheitern und Neuversuch
Material:
20 ungekochte Spaghetti pro Kleingruppe (ca. 4 Personen) + jeweils 1 Meter Schnur und Klebeband, 1 Marshmallow
Ablauf und Regeln:
Die Arbeitsanweisung lautet wie folgt: Baut den höchstmöglichen freistehenden Turm, an dessen Spitze das Marshmallow sitzt.
Das Marshmallow muss intakt bleiben, die Spaghetti dürfen hingegen beliebig gebrochen werden. Keine weiteren Materialien dürfen benutzt werden. Dafür hat jedes Team 20 Minuten Zeit.
Du gibst den Gruppen diese Kurzanleitung und die Materialien, dann geht es auch schon los. Hier erfolgen die Besprechung und Planung innerhalb der angesetzten 20 Minuten. Gib‘ in regelmäßigen Abständen eine kurze Zeitansage, damit die Lernenden den Zeitrahmen im Blick behalten können.
Du kannst hier entscheiden, ob die Gruppen Sichtkontakt zueinander haben oder nicht.
Fazit
Zunächst mögen Dir Planspiele immer noch sehr verspielt vorkommen. Dabei liegt der Fokus bei der Ausführung absolut nicht auf der Bespaßung der Teilnehmer:innen – oder auf Spaghetti.
Diese Szenarien sind nur Mittel zum Zweck, um kreative und unvorhersehbare Problemlösungs-Strategien in einer Gruppe zu Tage zu fördern.
Wie bei den meisten Methoden lautet die Empfehlung einfach: Ausprobieren und Feedback einholen.
Du kannst mit etwas Kreativität auch viele andere Planspiele in einem Online-Seminar umsetzen – wie zum Beispiel digitale Puzzles. Wenn Du hier für eine besondere Challenge schaffen möchtest, klaue einfach mal ein Teil und sieh‘ wie sich die Kommunikation entwickelt.
Ein Gedanke zu „Team- und Führungskompetenzen mit Planspielen fördern“