Webinar – Marketing Veranstaltung oder Wissensvermittlung?

Lernen kann auch im Online Seminar Spaß machen.

Wenn man über Webinare spricht, dann kommt einen zunächst einmal der Markenschutz von Herrn Mark Keller in den Sinn. Herr Keller hat sich den Begriff im Moment bis 2023 als Wortmarke schützen lassen.

Der Markeninhaber hat sich die Marke in den Klassen 35, 38 und 41 schützen lassen. Damit erstreckt sich der Schutz insbesondere auch auf das Bereitstellen von Informationen im Internet, der Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien sowie auf Veranstaltungen und Durchführungen von Seminaren, Organisationen und Veranstaltungen von Konferenzen. Damit dürfen unter den Schutzbereich angesichts der relativ offenen Formulierung der Waren- und Dienstleistungsklassen wohl relativ problemlos Online-Seminare zu fassen sein, die im allgemeinen Sprachgebrauch als Webinare, was ein Wortspiel aus „Web“ und „Seminar“ ist, bezeichnet werden.

Laut Auskunft von Rechtsanwälten droht eher eine Löschung der Marke als eine Welle von Abmahnungen.

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Was ist ein Webinar

Deshalb würde ich den Begriff für mich weiterverwenden. Allerdings kann man sich, die Zielsetzung und die Inhalte oder den Ablauf eines Webinars auch aus lerntechnischer Sicht einmal anschauen.

Als Wissensvermittlung läuft ein Webinar in der Regel so ab, dass man sich im Vorfeld dazu anmeldet, oft zu einem Fachthema und es erfolgt eine Einladung über eine spezielle Webinar Software wie z.B. Webex, Zoom, clickmeeting oder Goto-Meeting.

Zum angekündigten Termin kann man sich dort über das Internet oder auch Telefon einwählen, ein Moderator begrüßt Dich freundlich, fängt dann mit einem PowerPoint Vortrag an. Das Foliendesign reicht von schrille Farbkombi bis mehr-Text -auf-eine-Folie-geht nicht. Von den anderen Teilnehmern siehst und hörst Du nichts. Im Chat kannst Du vielleicht sehen, wer noch mit Dir teilnimmt aber meist ist die Interaktion untereinander gar nicht gewünscht.

Der mehr oder weniger (hoffentlich weniger) vorgelesene Vortrag wird durch Fragen belebt, die der Moderator sich allerdings schnell selbst beantwortet.

Nach gefühlten Ewigkeiten, in Wahrheit 60 -120 Minuten ist das Webinar zu Ende und man bekommt eine Teilnahmebescheinigung per E-Mail.  Schlimmstenfalls muss man das weiter 60 – 120 Minuten aushalten und bekommt dann erst die Teilnahmebescheinigung. Eigentlich müsste es Anwesenheitsbestätigung heißen, da eine (An)Teilnahme gar nicht stattfindet.

Verlagerter Frontalunterricht

Wenn Dich das an den klassischen Frontalunterricht erinnert dann liegst Du sehr richtig, dieses Webinar hat alle Merkmale des lehrerzentrierten Unterrichts.

Die moderne Berufspädagogik ist sich allerdings schon lange darüber im Klaren, dass Erwachsene so nicht gut lernen können. Man kann einem mündigen Menschen Wissen nicht überstülpen.

Die zweite Möglichkeit wie ein Webinar stattfindet ist, dass Du Dich zu einem kostenlosen Webinar angemeldet hast zu einem Problem, welches Du aktuell mehr oder weniger dringend lösen möchtest. Z.B. jemand bietet ein kostenloses Seminar zum Thema Essgewohnheiten an. Du möchtest gerne etwas darüber lernen und freust Dich über die Gelegenheit.

Du bekommst wieder eine Einladung, wählst Dich ein, und wirst vom Veranstalter höchst freundlich begrüßt. Auch hier hast Du wenig Kontakt mit Deinen mitlernenden Teilnehmern, es sei denn es handelt sich um eine Serie von Webinar Veranstaltungen, dann wird in der Regel auch in irgendeiner kontrollierten Form, das Interagieren mit den anderen angeregt. Beispielsweise in einer Slack-Gruppe https://slack.com/intl/de-de/

Dann startet wahrscheinlich wieder ein PowerPoint Vortrag allerdings in der Regel mit Deinen Schmerzpunkten zum Thema Essen, z.B. die Hosen werden zu eng, man kann sich nicht mehr gut bewegen, das Flirten klappt auch nicht mehr, und allmählich wird klar, man muss seine Gewohnheiten ändern. Um Dich dabei zu unterstützen bekommst Du kostenlos einen Wochenplan in dem Deine Trigger Situationen in andere Situationen oder Essverhalten umzuwandeln.

Am Ende der Woche stellst Du begeistert fest, dass es in dieser Woche wunderbar funktioniert hat. Du hast abgenommen.

Jetzt fehlt Dir nur noch jemanden, der Dich die nächsten Wochen dabei begleitet das langfristig umzusetzen. Du brauchst eine Abkürzung. Was soll man sagen: Genau diese Lösung hat der Veranstalter jetzt in petto.

Du kaufst also das super tolle Angebot mit den Ernährungsplänen und der Slackunterstützung und wirst vermutlich sogar langfristig Deine Gewohnheiten ändern.

Hier entpuppt sich das Webinar allerdings nicht als Bildungsangebot, sondern als Marketingveranstaltung. Nichts gegen Marketing, im Gegenteil. Allerdings möchte ich Online-Weiterbildungsveranstaltungen planen, entwickeln, durchführen und evaluieren. Deshalb benutze ich den Begriff Webinar nur selten.

Online Seminar

Für das Live Online Lernen, welches sich vom Online Kurs dadurch unterscheidet, dass der Lehrende in Echtzeit mit den Teilnehmern interagiert. Hier spreche ich persönlich von Online Seminaren. Ein Unterschied zum Webinar ist, dass ein Online Seminar durchaus über einen längeren Zeitraum, als Tages- oder auch als Wochenveranstaltung durchgeführt werden kann.  Da wir für Online Seminare immer mehr Zeit einplanen müssen ist eine ½ Tages Veranstaltung schon sehr herausfordernd.

Das soziale Lernen und die Interaktion ist nicht nur gewünscht, sondern ganz im Sinne von heterogenen Lerngruppen, sogar notwendig.

Im Online Seminar gibt es in aller erster Instanz ein Lernziel. Was sollen die Teilnehmer nach der Weiterbildung können? Wie in Präsenz-Weiterbildungen gibt es auch im digitalen Seminar die klassischen, immer wieder vorkommenden Weiterbildungssituationen:

  • Begrüßung, Eröffnung, Vorstellungsrunde
  • Sammlung von Beiträgen/Meinungen
  • Wissen erarbeiten
  • Anleiten und Einteilen einer Gruppenarbeit
  • Präsentieren und Auswerten der Gruppenarbeit
  • Diskussionen im Plenum
  • Gestaltung von Feedback- und Abschluss- bzw. Rückblickrunden

Jede diese Situationen birgt Online, wie offline spezielle Herausforderungen und Klippen, worauf man besonders achten sollte. Um die Weiterbildungssituationen online zu bewältigen, kommen auf Lehrende und Ausbilder ganz neue Herausforderungen zu. Zur pädagogisch-didaktischen Kompetenz kommt nun auch auf jeden Fall digitale Kompetenz, welche Technik ist vorhanden und kann genutzt werden, welche Lernplattform muss ich im Zweifelsfall nutzen oder vorbereiten, wie kommen Teilnehmer in den digitalen Raum, was benötigen die, um am Online Seminar teilnehmen zu können. Und dann stellt sich noch die Frage, welche Methoden nutze ich in Präsenz, wie kann ich eben diese online umsetzen und mit welchen Tools kann ich sie system- und geräteübergreifend umsetzen? Und last but not least, welche zusätzlichen Kosten entstehen für den Seminaranbieter bzw. für die Teilnehmer?

Vertraue dem Prozess

Für mich als Berufspädagogin bedeutet ein Online Seminar noch mehr Vorbereitung, Planung und Konzeptarbeit um den Lernprozess in Gang zu bringen mit der klaren Ausrichtung, das Lernziel für jeden einzelnen Teilnehmer so zu erreichen, dass der Lernende sagt: „Das Seminar hat meine Erwartungen übertroffen und Spaß hat es auch gemacht.“

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