Gamification – Ein Lernkonzept mit Reputationsproblem

Gamification!

Es ist eines von diesen Stichworten, das bei Menschen eine Reaktion hervorruft.

Fast immer gibt es eine spontane Haltung oder sogar eine starke Meinung.

Doch wie viele dieser Meinungen sind tatsächlich fundiert und basieren auf praktischer Erfahrung mit dem Lernkonzept?

Vermutlich eher wenige. Denn Gamification hat mitunter einen schlechten Ruf und ist bei vielen als “unnötige Spielerei” verschrien.

Wie viel ist da wirklich dran und können wir Gamification tatsächlich auch in der Erwachsenenbildung anwenden?

Was stellen wir uns vor?

Die populäre Meinung zum Schlagwort “Gamification” scheint grundsätzlich eher negativ zu sein. Aber warum ist das eigentlich so?

Nun ja, die Assoziation “spielerisch” liegt eben durch den Wortstamm durchaus nahe.

Und spielerisch ist für viele Lehrende das Allerletzte, womit sie sich in Verbindung bringen wollen. Vor allem in der Erwachsenenbildung herrscht bei vielen Bildungsorganisationen die Auffassung vor, dass Lernen seriös sein muss.

Handlungsorientierte Methoden wie Plan- oder Rollenspiele sucht man an vielen Stellen vergeblich und da kommt einem ein Konzept mit dem Namen Gamification natürlich erst recht nicht ins Haus.

Wie sieht die Realität aus?

Doch was ist mit Gamification denn eigentlich wirklich gemeint?

Grundsätzlich liegt man mit der ersten Assoziation natürlich nicht gänzlich falsch. Die Frage ist eher: Ist das wirklich schlimm?

Nichts tötet die Motivation zum Lernen schneller ab als Langeweile und Monotonie.

Daher soll die Integration spielerischer Elemente Abhilfe schaffen und den Lernprozess auflockern. Gleichzeitig soll der natürliche Spiel- und Wettbewerbstrieb des Menschen genutzt werden.

Entgegen der negativen Meinung bedeutet das aber nicht, dass das Lernen kindlich oder zu einer Show werden muss.

Seien wir aber mal ehrlich: Viele Lernveranstaltungen könnten einen Hauch mehr Unterhaltungsfaktor durchaus vertragen.

Denn schließlich wissen wir doch eigentlich alle, dass stundenlange Vorträge, endlose PowerPoints oder Frontalunterricht für die Motivation pures Gift sind.

Und trotzdem wird genau das immer noch so oft durchgezogen, da es als “professionell” und “erwachsenengeeignet” gilt.

Zudem sagt auch niemand, dass Gamification die Basis der gesamten Veranstaltung bilden muss. Tatsächlich eignet es sich ideal dazu, um Konzepte strategisch zu ergänzen.

Wie genau das aussehen kann, schauen wir uns daher jetzt einmal an:

Klare Lernziele

Auch wenn beim Lernen natürlich immer der Weg das Ziel ist, kann es Deinen Teilnehmer:innen helfen, ein konkretes Lernziel vor Augen zu haben.

Denn messbare Ziele schaffen ein längerfristiges Erfolgserlebnis und geben den Lernenden klare Vorgaben, welche Fähigkeiten sie entwickeln sollen und werden. Je deutlicher Du also die Lernziele formulierst, desto mehr erschaffst Du einen transparenten und motivierenden Lernprozess.

Transparenz ist bei Gamification immer eine wichtige Grundregel:

Die Voraussetzungen und „Spielregeln“ sollten immer für alle Beteiligten klar und vergleichbar sein, damit Deine Teilnehmer:innen genau wissen, wie sie sich verbessern können.

Klare Strukturen sorgen dafür, dass die Form nicht vom Inhalt ablenkt.

Denn neben Deutlichkeit ist auch Einfachheit ratsam. Denn wenn die Spielregeln zu komplex sind, erschwert es den Lernenden unter Umständen den Zugang zu den Inhalten.

Vielleicht erinnerst Du Dich noch an eine Situation, in der Du zum ersten Mal ein Gesellschaftsspiel gespielt hast und die vielen Regeln sehr undurchsichtig und verwirrend waren.

Daher sollte der Einstieg in Gamification-Elemente trotzdem niedrigschwellig konzipiert werden, um auch neuen „Mitspieler:innen“ kein zu großes Lernhindernis zu bauen.

Storytelling

Richtig eingesetzt kann Gamification Deine Lernenden besonders persönlich und emotional ansprechen und motivieren.

Test neigen oft dazu, einfach nur Faktenwissen abzufragen. Dabei merken wir uns größere Zusammenhänge und Geschichten wesentlich besser, da unser Gehirn eine breitere Fläche vernetzen kann.

Mit Hilfe von Gamification kannst Du Deine Teilnehmer:innen praktisch auf eine Reise mitnehmen, auf der sie verschiedene Etappen erreichen und schrittweise auf ein Ziel hinarbeiten.

Wenn Du also die Möglichkeit hast, Deine Inhalte in eine übergreifende Geschichte einzuordnen, können sich die Lernenden besser damit identifizieren und dem roten Faden folgen.

Der natürliche Ehrgeiz und “Belohnungen”

Der Mensch an sich misst sich gerne mit anderen. Diesen natürlichen Ehrgeiz kannst Du Dir als Lehrende:r zu Nutze machen.

Mit Hilfe von (eventuell anonymisierten) Rankings wird der Wettbewerb angeregt und Deine Lernenden zu guten Leistungen und aktiver Beteiligung angespornt. Unter Umständen erzeugt man auf diese Weise sogar eine Art positiven Gruppenzwang.

Du kannst in eher unerfahrenen Teilnehmerfeldern auch Tests oder Aufgaben in Gruppen gegeneinander spielen lassen – so fühlen sich die Einzelnen weniger unter Druck gesetzt und es entstehen gleichzeitig gruppendynamische Prozesse.

Und natürlich zählt am Ende schließlich doch nur der olympische Gedanke und alle haben gewonnen, wenn sie etwas gelernt haben.

Die Motivation durch den reinen Wettbewerb ist eine Sache, aber wenn auch noch Belohnungen ausstehen, kann der Lernerfolg sich gleich doppelt lohnen.

Spiele sprechen unsere Belohnungsmechanismen an und sind daher so attraktiv und unterhaltsam. Dabei muss die Belohnung überhaupt nicht groß oder greifbar sein:

Alleine die Nachricht „Test bestanden“ mit einem kleinen Pokal-Symbol daneben wird von unserem Gehirn als Erfolgserlebnis verbucht. Wenn Du also abgeschlossene Lernschritte auch visuell positiv markierst, fühlen sich selbst kleine Fortschritte für die Teilnehmer:innen größer an.

Da wir diese erzeugten Emotionen gerne immer wieder erleben möchten, werden wir so automatisch zu mehr motiviert!

Also?

Wie Du siehst, müssen wir uns vor dem Begriff Gamification gar nicht fürchten.

Es muss nicht bedeuten, dass es beim Lernen nur noch um Unterhaltung oder Konsumieren geht.

Im Gegenteil: Lernende sollen sehr aktiv an diesen Prozessen teilnehmen und dadurch einen großen Motivationseffekt erfahren.

Wie sehr Du dabei das Thema Wettbewerb in den Fokus stellst, bleibt Dir und der Gruppe überlassen. Es ist kein Muss, kann aber mal eine experimentelle Einheit wert sein – plus abschließendes Feedback, natürlich!

Vielmehr geht es beim Konzept darum, dass wir das Lernen mit positiven, lohnenden Gefühlen assoziieren.

Und dafür eignet sich ein strategisch platziertes Gamification-Element, wie etwa ein aktivierendes (Gruppen)Quiz, tatsächlich hervorragend!

Mit Microlearning zu mehr Lernerfolg

Kleine Häppchen sind leichter verdaulich. Das gilt auch fürs Lernen.

Microlearning beschreibt eine Lernform, die auf kurzen Lernimpulsen aufgebaut ist.

Dabei ist der Gedanke, dass knackigere Lerneinheiten die Konzentration besser aufrechterhalten und einfacher zu kontextualisieren sind.

Auch die Tatsache, dass die Aufmerksamkeitsspanne bei uns Menschen immer kürzer wird, macht Microlearning zu einem produktiven Ansatz.

Man hört oft, dass das Internet für diese Entwicklung verantwortlich ist. Aber woher kommt das eigentlich?

Seit Anfang der 2000er hat sich der Content im Internet immer weiter weg von statischen Inhalten bewegt. Wir konsumieren nicht mehr nur, sondern wirken durch dynamische soziale Netzwerke immer mehr mit.

Allein die Fülle an Inhalten auf einer Plattform wie YouTube bietet uns so viel Variation und Vielfalt, dass wir weniger verweilen. Die Online-Inhalte haben sich zudem immer stärker aufgespalten und diversifiziert.

Das Scrollen durch einen Facebook- oder Instagram-Feed erfordert viel weniger zielgerichtete Aufmerksamkeit. Daher merkst Du diesen Effekt wahrscheinlich insbesondere bei jüngeren Teilnehmer*innen stärker.

Dass kannst Du einerseits mangelnde Konzentrationsfähigkeit werten oder diese Entwicklung auch ganz neutral annehmen und Deine Lerninhalte darauf ausrichten, um den Lernerfolg zu erhöhen.

Microlearning ist bereits Teil unseres Alltags

Grundsätzlich lernen wir immer in vielen kleinen Schritten. Uns wird nicht einfach ganz plötzlich ein komplexer Zusammenhang oder Ablauf verständlich.

Um neue Dinge zu lernen, müssen wir uns die Prozesse in kleine Teilabschnitte aufteilen.

Daher bedeutet Microlearning auch nicht, dass die einzelnen Lernimpulse banal oder irrelevant sein müssen. Denn sie setzen sich später wie ein Mosaik zu einem großen Ganzen zusammen, aber die einzelnen Teilstücke sind überschaubar und zugänglich.

Diese Definition unterstreicht eigentlich nur, dass traditionelle Vorlesungen absolut nicht auf unser natürliches Lernverhalten ausgerichtet sind.

Stundenlanger Input ohne die Möglichkeiten zur Reflektion oder Anwendung überfordert uns daher. Wir versuchen dann oft uns diese langen Einheiten automatisch in kleinere Lernaktivitäten einzuteilen, etwa durch Notizen oder Nachfragen.

Durch reinen Input bekommen wir nicht ausreichend die Möglichkeit, den Lernprozess in verschiedene kleinere Phasen aufzubrechen.

Da die meisten von uns mittlerweile viele Inhalte in Online-Formen aufnehmen und verarbeiten, sind wir an Microlearning eigentlich schon gewöhnt.

Hier ein Video, da ein kurzer Beitrag und wir finden so unseren eigenen Lernweg durch die Inhalte.

Im Rahmen eines Trainings oder Seminars möchtest Du diesen diffusen Prozess aber natürlich genauer steuern und auf ein Lernziel ausrichten. Denn wenn wir so durchs Internet scrollen, nehmen wir gleichzeitig auch viel irrelevante Information auf und werden schnell abgelenkt.

Grundsätzlich lehnt sich das Konzept des Microlearning aber an das informelle und eher beiläufige Lernen an, das uns ohnehin jeden Tag begleitet.

Wie funktioniert Microlearning in der Praxis?

Micro-Content kann individuell auf Deine Lernthemen und Zielgruppen zugeschnitten werden. Dabei gibt es einige grundlegende Rahmenbedingungen, die für die optimale Aufnahme und kognitive Verwertung sorgen:

  • geringer zeitlicher Aufwand pro Einheit (zwischen 30 Sekunden und maximal 20 Minuten)
  • in sich thematisch geschlossene Einheiten
  • handlungsorientiert und praxisbezogen
  • auf Bedarf erneut abrufbereit
  • lässt Rückmeldungen durch Lernbegleiter*in oder die Lerngruppe zu

Wie Du siehst, soll Microlearning vor allem das Anwendungswissen unterstützen, das insbesondere in der Erwachsenenbildung von großer Bedeutung ist.

Ein Beispiel aus der Praxis ist beispielsweise das Lernen über YouTube-Videos. Diese erfüllen alle Bedingungen eines Micro-Contents. Einzelne kurze Videos sind in sich abgeschlossen und lassen in Form der Kommentare auch weiterführende Interaktion zu.

Wenn Du mehr über YouTube als Lernplattform lernen möchtest, kannst Du hier unseren Artikel zum Thema lesen.

Micro-Content zusammenfügen

Der Nachteil an etwa einzelnen YouTube-Videos ist, dass sie zunächst in keinem übergeordneten Kontext stehen.

Daher ist das Deine Aufgabe im Rahmen eines Trainings: Einzelne Micro-Einheiten zu einem stimmigen Microlearning-Konzept zu vereinen.

Du baust aus den einzelnen Impulsen einen Lernpfad, der am Ende zu einem Bild zusammenkommt.

Dabei kann auch die Kombination aus Online-Einheiten und Präsenz-Lernen sehr effektiv sein. So kannst Du beispielsweise theoretisches Basiswissen in einzelne Video-Inhalte aufteilen und die Präsenz zur aktiven Anwendung nutzen.

Ein großer Vorteil von Micro-Content, den Du etwa über eine Lernplattform bereitstellst, ist auch die größere Autonomie Deiner Teilnehmer*innen im Lernprozess.

Da die Lernenden in der Erwachsenenbildung häufig zu sehr heterogenen Lerngruppen zusammenkommen, können sie von einer thematischen Aufteilung sehr profitieren.

Ein Beispiel für thematische Aufteilung
aus unserem begleitenden Videokurs zum
Coaching-Programm Train The Online Trainer

Ist ein*e Teilnehmer*in beispielsweise bereits sehr erfahren auf einem bestimmten Teilgebiet, kann er/sie die entsprechenden Videos überspringen.

So kannst Du Deinen Lernenden die Möglichkeit geben, sich genau die Lerneinheiten anzuschauen, die für sie relevant sind. Auf diese Weise bleiben sie länger motiviert und können einen subjektiv höheren Mehrwert aus dem jeweiligen Training ziehen.

Ein weiterer Aspekt ist so abgedeckt: Micro-Content sollte wieder abrufbar sein. Indem Du also Videos oder andere Lernmedien zur Verfügung stellst, können die Teilnehmer*innen den Lernprozess an ihr persönliches Lerntempo anpassen.

So erstellst Du eigenen Micro-Content

1.

Zunächst einmal musst Du Dir wie immer Dein konkretes Trainings- oder Lernziel vergegenwärtigen. Dabei solltest Du Dein Lernziel so simpel und spezifisch wie möglich beschreiben können – denn wenn Du es selbst nicht konkretisieren kannst, wird es auch für Deine Teilnehmer*innen nicht greifbar sein.

2.

Im zweiten Schritt konzipierst Du die praktischen Übungen, die Du im Seminar mit Deinem Micro-Content verknüpfen willst. Wenn Du also ein kurzes Video als den eigentlichen Lernimpuls einsetzt, brauchst Du noch die passende Übung zur Anwendung oder Abspeicherung des Wissens.

3.

Anschließend wählst Du das Format für Deine Inhalte. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Du Deine Lerninhalte an die Teilnehmer*innen heranführen kannst: Unter anderem als Quiz, Text, Video, Weblink oder als Foliensatz.

Bei Texten solltest Du besonders auf die Kürze achten, damit die Lernenden nicht mit Informationen zugeschüttet werden.

Zusätzlich bieten sich auch Audio- oder Videoinhalte sehr an, da die Information so über visuelle oder verbale Reize angereichert wird. Zudem können mit Hilfe dieser Formate komplexere Abläufe anschaulicher dargestellt werden.

Insgesamt solltest Du auf einen guten Mix setzen, denn eine variationsreiche Mischung bietet den Lernenden viele verschiedene Ansatzpunkte.

4.

Jetzt kannst Du einen groben Ablauf Deines Konzepts planen. Überprüfe noch einmal, ob alle Deine Inhalte wirklich relevant für das jeweilige Lernziel sind und in die oben genannten Rahmenbedingungen passen.

Plane die vorläufige Reihenfolge und sortiere die Inhalte nach Ähnlichkeit, Schwierigkeit und Produktionsaufwand. Überlege, welche Inhalte unbedingt im Kurs vorkommen sollten und welche eventuell aussortiert werden können.

Wenn Du glaubst, dass einige Einheiten noch zu viel Informationsdichte enthalten, teile sie auf kleinere Lerneinheiten auf.

5.

Nun geht es an die Erstellung der Inhalte. Orientiere Dich hier immer an Deiner konkreten Zielgruppe und dem Lernziel.

Erzähle eine Geschichte mit Deinen Inhalten, gebe praxisbezogene Beispiele und schlage auch immer einen Bogen zum Alltag Deiner Teilnehmer*innen. Achte auch auf klare Handlungsanweisungen.

Falls Du immer noch das Gefühl hast, dass Dein Inhalt nicht in einen Micro-Content passt, bereite weiterführende Materialien vor. Diese können interessierte Lernende dann bei Bedarf zur Vertiefung nutzen – so wird Dein Training noch effektiver!

Ein Konzept für moderne Bedingungen

Microlearning kann so effektiv sein, da es sich gut in die Bedingungen der modernen Arbeitswelt einfügt.

Idealerweise sollten alle Deine Micro-Contents nämlich auch auf mobilen Endgeräten problemlos nutzbar sein. So passen sie ebenfalls leichter in den Alltagsplan von beschäftigten Erwachsenen.

Die höhere Selbstbestimmtheit im Lernprozess erhöht ebenfalls die allgemeine Lernmotivation und sorgt dafür, dass in heterogenen Gruppen dynamisch auf die Unterschiede eingegangen werden kann.

Gleichzeitig sorgt die hohe Praxisorientierung für anwendbare Lernerfolge. Denn reines Faktenwissen kann immer einfach nachgeschlagen werden – das Handlungswissen vermittelst Du als Trainer*in.

Vom Lehren durch Vortrag zum Handlungslehren

Selbständig, kooperationsfähig und flexibel werden Lernende nicht dadurch, dass diese die Wichtigkeit dieser Fähigkeiten mit dem Verstand einsehen, sondern nur dadurch, dass man sie in reale Handlungssituationen bringt, in denen diese Fähigkeiten gefordert werden.

Diese Einsicht löst in den stark verschulten Institutionen der beruflichen Bildung eine Art pädagogische Verweigerung aus, denn man hat erkannt, dass die klassischen Formen des Unterrichtens und Lehrens – Lehrervortrag und Lehrgespräch, Anleitung und Unterweisung, eben alles, was unter dem Stichwort „Frontalunterricht“ den Kern der pädagogischen Bemühungen geprägt hat, dieser Forderung nicht genügen.

Ich lehre, also lerne wie ich es vorgebe

Beim Lehrkonzept Frontalunterrichts, bei dem der Lehrende seinen Besitz an Wissen und Können auf einem von ihm genau geführten Weg auf die Lernenden zu übertragen versucht, lernen Lernende in vor allem, Vorgegebenes aufzunehmen und anzuwenden, aber nicht unbedingt, Probleme zu lösen. Das liegt daran, dass die Teilnehmer meist sehr eng durch den Unterricht oder Lehrgang geführt werden und lediglich „Stoff aufnehmen“, dabei Wissen erwerben, aber nicht selbständig arbeiten können.

Die Gefahr besteht, dass die Lernenden dadurch einseitig und unflexibel werden, da ihr individueller Lernweg verhindert wird, ihre Lernfähigkeit abstumpft und viele letztendlich demotiviert und lernmüde werden.

Handeln als Zufallsprodukt lernen

So wird dann „Handeln“ in offenen Situationen eher unbeabsichtigt, gelernt nämlich z.B., wenn es darum geht, sich in der Lerngruppe zu behaupten oder Anforderungen der Institution zu unterlaufen.

Frontalunterricht hat seine Berechtigung, wenn isolierte Wissenskomponenten systematisch vertieft oder Wissenslücken durch gezielte Übungen geschlossen werden sollen. Er fördert weniger individuelles und persönlichkeitsorientiertes Lernen. Es lassen sich Wissen, auch Verständnis, und klar definierte Vorgehensweisen vermitteln und einprägen, wie sich in der Unterweisung auch Fertigkeiten bilden lassen– niemals lassen sich auf diesem Weg jedoch Handlungskompetenzen bilden.

Niemand kann gelernt werden

Dem stark lehrerzentrierten Lernkonzept des Frontalunterrichts bzw. der Unterweisung steht das des selbstorganisierten“ oder „selbstgesteuerten“, auch „entdeckenden“ Lernens gegenüber.

Es beruht auf dem Grundsatz, dass „niemand gelernt werden“ kann, sondern selber lernen muss (und dazu Unterstützung braucht). Im Rahmen dieses Lernkonzepts haben sich Methoden herausgebildet, die das selbständige Lernen unterstützen können.

Dazu gehört u.a. die Leittextmethode. Sie kommt aus der beruflichen Bildung und diente ursprünglich als eine Art Trainingsmethode dazu, Auszubildende zu systematischem beruflichen Arbeiten und selbständigem Lernen zu befähigen. Angesichts der vielen Varianten, Unterarten und Aufweichungen des ursprünglich sehr strengen Konzepts kann man hier auch fast von einer Methodenfamilie sprechen.

Es ist aber auch deutlich, dass im Grunde sämtliche Methoden des Handlungsorientierten Lernens nur fruchtbar eingesetzt werden können, wenn sie mit dem Lernkonzept des entdeckenden, selbstgesteuerten Lernens verbunden werden

Das Lernkonzept des „Handlungslernensist die große Alternative zum Frontalunterricht.