Lernen am Modell & Unsere Vorbildfunktion?

Hast Du schon einmal von Lernen am Modell gehört?

Selbst wenn Dir der Begriff nicht bekannt ist, wird Dir das Konzept schnell einleuchten und sicherlich aus dem Leben bekannt vorkommen.

Denn ganz einfach heruntergebrochen handelt es sich hierbei um das Lernen durch Nachahmung. Ja, also genau wie Kinder von ihren Eltern lernen.

Doch das Modell ist nicht nur auf die Kindererziehung anwendbar, auch wir Erwachsene lernen ständig noch auf diese Art und Weise. Hast Du Dir beispielsweise jemals ein YouTube-Video angeschaut, vielleicht sogar mehrmals, und dann versucht das Gezeigte selbst umzusetzen?

Was genau sind die Hintergründe von Lernen am Modell und wie können wir die Prinzipien in der Weiterbildung nutzen?

So funktioniert Lernen am Modell

Der Ansatz wurde von Albert Bandura entwickelt und ist in seinen Grundsätzen zwar sehr einleuchtend, geht aber noch weiter als zunächst offensichtlich.

Alternativ wird Lernen am Modell auch als Modelllernen, Nachahmungslernen, Imitationslernen oder Beobachtungslernen bezeichnet. Auch der Begriff „sozial-kognitive Lerntheorie“ bezieht sich im Prinzip auf diesen einen Ansatz.

Wir beschäftigen uns mit dieser Lerntheorie, da sie in ihrer Ausrichtung sehr auf Handlung abzielt. Denn Lernen am Modell beschreibt, wie jemand sich eine neue Verhaltensweise durch Beobachtung und anschließende Nachahmung aneignet:

Diese grafische Darstellung zeigt, dass die Lerntheorie hinter Lernen am Modell eventuell ein wenig komplexer ist, als zunächst gedacht. Denn es wird bei der Beobachtung ein weiterer entscheidender Faktor einbezogen:

Wir beobachten nämlich nicht nur das Verhalten selbst, sondern auch die Konsequenzen und Auswirkungen verschiedener Verhaltensweisen des Modells. Außerdem unterscheiden wir zwischen Aspekten und Fähigkeiten, die uns bereits bekannt sind und solchen, die uns vollkommen neu sind.

Der Entwickler Albert Bandura selbst unterscheidet außerdem zwei übergeordnete Phasen:

  1. Die Aneignungsphase (Akquisition)
  2. Die Ausführungsphase (Performance)

Dabei beinhaltet die Aneignungsphase die untergeordneten Phasen der bewussten Aufmerksamkeitszuwendung (Attention) und des anschließenden Behaltens (Retention) des beobachteten Verhaltens.

Die Ausführungsphase lässt sich ebenfalls noch einmal in eine motorische Reproduktionsphase (Reproduction) und eine anschließende Verstärkung (Motivation) aufgliedern. Diese Verstärkung kann dabei sowohl von innen als auch durch äußere Faktoren ausgelöst werden.

Der Übergang zwischen der Aneignung und der Ausführung ist hier sicherlich ein großer Knackpunkt und wird von seinen ganz eigenen Herausforderungen begleitet.

Wie entstehen Lerneffekte?

Es gibt vier verschiedene Lerneffekte, die sich nach der Lerntheorie des Modelllernens einstellen können. Denn interessanterweise lernen wir in den allermeisten Fällen nicht unbedingt vollkommen neues Verhalten.

Tatsächlich beobachten wir in der Realität noch viel häufiger die Konsequenzen und Auswirkungen von bekanntem Verhalten und passen unser eigenes Handeln entsprechend an:

  1. Modellierender Effekt

Du lernst durch Beobachtung eine völlig neue Verhaltensweise oder Fähigkeit.

  • Enthemmender Effekt

Das Verhalten ist Dir bereits bekannt aber durch die Beobachtung von „Erfolg“ sinkt die Hemmschwelle es auch auszuführen. Wenn Du also bereits Fahrrad fahren kannst, aber jemanden regelmäßig dabei beobachtest, kann es motivieren auch selbst wieder öfter zu fahren.

  • Hemmender Effekt

Das Verhalten ist Dir bekannt, aber Du beobachtest bei einem Modell negative Auswirken, wodurch Du es auch selbst weniger wahrscheinlich ausführen möchtest. Wenn sich also jemand bei einer bestimmten sportlichen Aktivität schwer verletzt, kann es Dich davon abhalten, Dich dieser mehr zu widmen.

  • Auslösender Effekt

Das Verhalten ist bereits bekannt, wird aber erst durch soziale Interaktion oder Situationen ausgelöst. Unter Umständen kann dies auch durch eine Art „Gruppenzwang“ passieren.

Die zwei Akteure

Für diesen Lernansatz braucht es offensichtlich zwei „Spieler:innen“: Den/Die Beobachter:in auf der einen Seite und das Modell auf der anderen.

Das Modell muss dabei nicht unbedingt eine reale Person sein, es kann sich auch um Figuren aus (fiktiven) Geschichten oder Medieninhalten handeln. Wichtig ist für ein Modell nur, dass sich die Beobachter:innen auf eine Weise mit ihm identifizieren können.

Denn meistens entsteht auf diese Weise der Wunsch, ein Verhalten nachzuahmen oder eine Fähigkeit zu erlernen. Daher sind Modelle oder Leitbilder häufig auch Personen, die sich durch eine Form von Autorität, Macht, Status oder Attraktivität auszeichnen.

Der eigentliche Lernerfolg hängt dann grundsätzlich von zwei Faktoren ab:

  • Das Gefälle zwischen dem eigenen Kenntnisstand und dem beobachteten Verhalten: Wie groß ist der Unterschied bzw. wie weit der Weg?
  • Die Häufigkeit, mit der wir ein Verhalten beobachten: Je häufiger und diverser wir Verhalten beobachten, desto eher werden wir es auch umsetzen (können)

Das richtige Vorbild wählen?

Was passiert eigentlich, wenn wir uns aus Versehen ein Modell aussuchen, das das zu lernende Verhalten selbst nur eingeschränkt beherrscht?

Das könnte eine eventuelle Schwachstelle eines solchen Ansatzes sein, denn es birgt immer die Gefahr, dass wir auch unwissentlich „schlechte“ Verhaltensweisen nachahmen.

Einleitend haben wir zum Beispiel YouTube als Beispiel genannt. Es gibt Millionen von Video-Tutorials von Menschen, die unter Umständen gar keine Expert:innen auf dem jeweiligen Gebiet sind.

In den meisten Fällen ist das vermutlich unproblematisch, aber es wirft eine grundsätzliche Frage bezüglich der Theorie auf.

Gerade im Internet kann es sogar auch passieren, dass wir die eigentlichen Konsequenzen von Verhaltensweisen überhaupt nicht beobachten können. Da wir meistens nur sehr kalkulierte Ausschnitte aus dem Leben anderer Menschen sehen, können uns hier wichtige Informationen fehlen.

Sind Lehrende immer auch ein Modell?

Als Lernbegleiter:innen erfüllen wir in gewisser Weise immer eine Vorbildfunktion, vor allem was Lernfähigkeit und auch Lernstrategien angeht.

Aber auch die Umsetzung oder Implementierung der Inhalte können wir ständig in einer Modell-Funktion aufzeigen.

Wir möchten das hier betonen, weil wir in vielen Fällen gar nicht daran denken, was wir unseren Lernenden so alles implizit mitgeben. Unsere Verhaltensweisen im Seminar können ein Modell für Teilnehmende sein.

Daher ist es auch so wichtig, dass wir selbst Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit vorleben, wenn wir sie auch bei unseren Lernenden sehen möchten.

Denn gerade die enthemmenden Effekte des Modelllernens finden in der Praxis vermutlich mit am häufigsten statt. Wenn Deine Lernenden also ein Verhalten wie das lebenslange Lernen und seine positiven Auswirkungen bei Dir sehen, werden sie sich viel eher selbst auch so verhalten.

Wir haben unter anderem auch den Vorteil, dass wir ein aktiv involviertes Modell sein können. Denn in vielen Beispielen des Lernens am Modell findet überhaupt keine Interaktion mit dem Vorbild statt.

Wir können hingegen zusätzlich noch aktiver unterstützen, vor allem wenn beim schwierigen Übergang zwischen Beobachtung und Umsetzung Hindernisse auftreten!

Das Lernen in heterogenen Teilnehmergruppen – Wieso Unterschiedlichkeit lernförderlich ist

Es ist in der Erwachsenenbildung der absolute Worst Case: innerhalb ein und derselben Teilnehmergruppe ist eine Seite des Raumes gänzlich mit den Lerninhalten überfordert, während die andere sich schon halb zu Tode gelangweilt hat.

Beide Fälle wirken sich destruktiv auf die Motivationskurve aus. Wie kann man also beide Seiten und auch alle Teilnehmer dazwischen ideal fördern und für das Gefühl eines Lernerfolgs sorgen?

Die Heterogenität von Lerngruppen stellt den Trainer immer wieder vor Herausforderungen in der Planung und Durchführung eines Seminars. Da in vielen Fällen die individuellen Wissensstände und der Background sehr unterschiedlich sind, lässt sich nur schwerlich eine Lernmethode in Einheitsgröße finden, die allen Teilnehmern passen soll.

Spontan wünschen sich wohl einige Trainer eine möglichst homogene Lerngruppe, in der die Zusammenstellung im Bezug auf Alter, Bildungshintergrund, Berufsbild und Leistungsfähigkeit möglichst einheitlich sind. Denn es mag leichter erscheinen, eine solche Lerngruppe pädagogisch anzuleiten.

Tatsächlich zeichnen sich aber auch scheinbar homogene Gruppen durch eine individuelle Verschiedenheit aus, die durch ein starres Lehrkonzept vernachlässigt werden. So wird es am Ende des Tages auch innerhalb einer solchen Gruppe Lernende geben, die sich unter- oder überfordert fühlen. Indem die Individualität ignoriert wird, verfestigt sich die Unterschiedlichkeit nur immer weiter.

Auch für die Teilnehmer*innen selbst ist eine Situation, in der die Heterogenität der Gruppe zu einem Nachteil wird, alles andere als angenehm. Jeder von uns war sicherlich auch im Leben schon einmal in der Rolle des Lernenden, der sich in einem Lernumfeld nicht richtig abgeholt fühlte. Denn natürlich ist es schwierig einen Lernraum zu schaffen, in dem jedem Teilnehmer individuell entsprochen werden kann.

Die gute Nachricht: Heterogene Lerngruppen sind lernförderlicher!

Auch wenn die Durchführung eines Seminars mit einem heterogenen Teilnehmerfeld manchmal besondere Herausforderungen darstellt: in der Unterschiedlichkeit der Teilnehmer liegt auch das größte Lernpotential!

Denn wenn Menschen aus verschiedenen Hintergründen zusammenkommen, kann der Austausch besonders lebendig und das Lernen besonders fruchtbar werden. Daher liegt es beim Lernbegleiter, dafür zu sorgen, dass dieser Austausch auf einen entsprechenden Boden fallen kann. Denn wenn in der Erwachsenenbildung Abiturienten oder Akademiker neben Schulabbrechern sitzen, mag ein mancher Trainer unterbewusst zunächst dazu zu neigen die letztere Gruppe als benachteiligt – oder sogar als hinderlich – zu empfinden.

Doch genau diese unterschiedlichen Voraussetzungen kann man durch das richtige methodische Lernumfeld zu einem Katalysator des Lernerfolgs machen!

Lehrformen, die eine Teilnehmergruppe in ihrer Gänze anzusprechen versuchen – wie der klassische Frontalunterricht – machen häufig von diesen potentiellen Vorteilen keinen Gebrauch. Die Herangehensweise, die tatsächlich von der Heterogenität profitieren kann, ist eine Form des sozialen Lernens.

Wie wirken sich Unter- und Überforderung konkret aus?

Überforderung bedeutet Frust. Und anhaltender Frust führt letztendlich zum Aufgeben und resultiert oft auch in einem verminderten Selbstwertgefühl. Das ständige Arbeiten an der persönlichen Leistungsgrenze ist kognitiv äußerst anstrengend und führt letzten Endes nur zu Demotivation.

Dabei liegt die Problematik meist keinesfalls in der intellektuellen Leistungsfähigkeit der Teilnehmer, sondern vielmehr in mangelndem Vorwissen oder methodischen Fehlkalkulationen.

Auf den ersten Blick mag Unterforderung wie das kleinere der beiden Probleme wirken. Denn was macht es schon groß, wenn man mehr weiß und kann als gefordert ist? Tatsächlich ist diese Situation auf Dauer aber für den Lernerfolg genauso hinderlich. Teilnehmer*innen, die sich konstant unterfordert fühlen, schalten irgendwann einfach ab und sind für ein Lernerlebnis nicht mehr zugänglich.

Unterforderung und Desinteresse kann aus verschiedenen Faktoren resultieren, wie etwa einem Vorsprung an Vorwissen oder höherer persönlicher Leistungsfähigkeit gegenüber anderen Teilnehmer*innen.

Zunächst scheinen die beiden Pole wie unvereinbare Extreme zu wirken, doch es gibt Möglichkeiten und Wege die Verschiedenheit der Gruppenmitglieder zu Gunsten einer produktiven Lernerfahrung zu nutzen – ohne dabei eine der beiden Seiten einfach ihrem Schicksal zu überlassen.

Welche Voraussetzungen kann ich vor dem Seminar schaffen?

Zunächst einmal kann man als Lehrender die eigene Grundeinstellung reflektieren. Man kann die Heterogenität einer Lerngruppe bewusst annehmen und sich vornehmen sie zum Vorteil zu nutzen. Zudem muss man eventuell ein klein wenig von der klassischen Lehrerzentrierung ablassen, wenn man zuvor vor allem Lehrformen wie den Frontalunterricht gewöhnt war. Denn wie bereits angesprochen, entfaltet sich das Potential einer heterogenen Lerngruppe erst im sozialen und kooperativen Lernen.

Doch natürlich kann auch die sorgfältigste Planung und die beste Einstellung nicht vor unerwarteten Entwicklungen im tatsächlichen Seminar schützen. Was kann ich also tun, wenn ich bemerke, dass einzelne Teilnehmergruppen unter- oder überfordert scheinen?

Wie lässt sich das Lernumfeld wieder in die Balance bringen?

Der Lehrende muss in diesen Situationen vor allem als Lernbegleiter fungieren. Dieser muss für die Unterschiedlichkeit der einzelnen Gruppenmitglieder offen bleiben und die Inhalte und Methodik gegebenenfalls an ihren Lernstand anpassen. So kann beispielsweise dieselbe grundsätzliche Aufgabenstellung in unterschiedlicher Differenzierung gestellt werden.

Auf diese Weise bekommen lernschwächere Teilnehmer mehr Zeit für die Bewältigung der Aufgabe und leistungsstärkere Gruppenmitglieder üben dabei durch ihre Schnelligkeit keinen Druck aus.

Die beste methodische Vorgehensweise liegt in der Gruppendynamik. Die Arbeit in heterogenen Lerngruppen blüht am meisten in lebendigen Gruppenprozessen auf. Die Individualität der Teilnehmer*innen wird nicht ignoriert, sondern bewusst angesprochen. Hierzu zählt oft auch eine dynamische Anpassung des methodischen Vorgehens.

Wie die Prinzipien des kooperativen Lernens zeigen, ist der Lernerfolg an das Kollektiv geknüpft. Lernen ist keine Einbahnstraße, sondern entsteht zwischen vielen Knotenpunkten. Der Lehrende schafft dabei den Lernraum, in dem die Lernenden besonders viel selbstständige Lernleistung und Eigenaktivität zeigen dürfen. Die Verantwortung des Lernens wird zwischen Trainer und Teilnehmer*innen geteilt, sodass sich jeder Einzelne aktiv beteiligt fühlt.

Besonders zu betonen ist auch die Wichtigkeit von Kommunikation innerhalb der Gruppe. Ein offener Dialog und kontinuierliches Feedback können dabei helfen, den Lernprozess besser zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen.

Bei der Arbeit mit heterogenen Lerngruppen bietet es sich durchaus an, die Sozialformen im Seminar regelmäßig zu wechseln. Es sollte eine gesunde Mischung aus Plenum, Einzel-, Paar- und Gruppenarbeit herrschen. Viele Methoden erlauben auch die stufenweise Kombination mehrerer Sozialformen und bieten so mehr Variation und auch Zeit für die Vertiefung des Gelernten.

Da wie bereits erwähnt die größte Stärke heterogener Teilnehmerverbände in der Gruppendynamik liegt, bietet sich eine besonders hohe Quote an Gruppenarbeiten an. An dieser Stelle möchte ich daher exemplarisch zwei Methoden für Gruppenarbeiten vorstellen, die das kooperative Lernen besonders fördern können.

1. Think-Pair-Share

Diese Methode vereinbart Einzelarbeit mit Gruppenarbeit. Jeder Teilnehmende entwickelt zunächst zu einem vorgegebenen Thema in Einzelarbeit seine eigenen Gedanken und formuliert Ideen. Anschließend werden, abhängig von der Gruppengröße, diese Ideen innerhalb einer Tandem- oder Kleingruppe diskutiert und daraus hervorgehend eine gemeinsame Lösung entwickelt. Jede Gruppe kann schließlich noch ihre Ideen im Plenum vorstellen.

Die Methode bietet einerseits jedem Teilnehmer die Möglichkeit in Einzelarbeit seine Gedanken niederzuschreiben und gleichzeitig den Vorteil der Deliberation in Kleingruppen. Diese Sozialform ermöglicht die besonders aktive Reflexion der Ideen und fördert durch die Vorgabe einer gemeinsamen Lösung die Zusammenarbeit.

2. Die Sandwich-Methode

Auch die Sandwich-Methode kombiniert mehrere Sozialformen und besteht aus verschiedenen Arbeitsphasen. Hier werden die Teilnehmer*innen ebenfalls zunächst in Kleingruppen eingeteilt und erarbeiteten ein vorgegebenes Themenfeld eigenständig.

Die erste Arbeitsphase wird dann durch einen eingeschobenen Input durch den Trainer erweitert. Daraufhin überarbeiten die Gruppen auf Basis der neuen Informationen ihre bisherigen Ergebnisse. Anschließend können die Gruppenergebnisse zudem im Plenum diskutiert werden.

Die Sandwich-Methode bietet den Vorteil, dass die Teilnehmer*innen sich in der ersten Arbeitsphase einer Thematik selbstständig und unvoreingenommen nähern können. Der anschließende inhaltliche Input durch den Trainer gibt den Gruppen daraufhin die Möglichkeit ihre Ergebnisse weiter zu vertiefen und eventuell aus neuen Perspektiven zu betrachten.

Das Prinzip der mehrstufigen Erarbeitung eröffnet insgesamt ein großes Lernpotential. So bietet die Methodik den lernschwächeren Teilnehmer*innen die Chance sich in mehreren Arbeitsphasen mit einer Thematik zu befassen. Gleichzeitig ist durch den zusätzlichen Input durch die Lehrperson dafür gesorgt, dass auch leistungsstärkere Gruppenmitglieder nicht durch eine zu ausgedehnte Arbeitsphase ermüdet werden.

Im Übrigen lassen sich Methoden zur Gruppenarbeit auch in Online-Kontexten umsetzen. Hierzu bieten sich beispielsweise die sogenannten Breakout-Rooms an, die einige Anbieter von Konferenztools zur Verfügung stellen. Die Planung eines Online-Seminars sollte nicht dazu verleiten, die Gruppenprozesse auf ein Minimum zu beschränken!

Unterschiedlichkeit: Herausforderung oder Chance?

Am Ende des Tages bleibt vor allem eine Erkenntnis stehen: der Lernbegleiter muss als Konzept offener und eine Lehrveranstaltung individueller werden. Den Lernenden muss so viel Raum wie möglich gegeben werden, sich mit den Inhalten auf einer ganz persönlichen Ebene auseinanderzusetzen und ihr Wissen zu verknüpfen.

Der aktive Dialog ist hierbei ganz wichtig. Denn es geht darum zu vermeiden, dass man sich als Trainer stets nur mit einer kleinen Teilgruppe befasst, während viele andere Lernende frustriert zurückgelassen werden. Ein dynamischer Wechsel an Methoden und Sozialformen ist die ideale Art mit heterogenen Lerngruppen zu arbeiten.

Natürlich ist ein solcher Anspruch an den Pädagogen ein deutlich höherer als die Durchführung eines akribisch vorbereiteten Lehrplans. Jedoch nimmt eine solch dynamische Vorgehensweise auch etwas Verantwortung von den Schultern des Lehrenden und verteilt diese gleichmäßiger auf jeden Einzelnen.

Die Unterschiedlichkeit innerhalb einer Gruppe muss nicht zwanghaft nivelliert werden, sondern kann zu einem Antrieb werden – nicht nur für inhaltliches, sondern vor allem auch für soziales Lernen .

Wie Du verhinderst, dass sich Deine Teilnehmer*innen im virtuellen Seminarraum verlaufen

Finde den richtigen Anbieter

Ich hatte in den letzten Jahren das Glück, dass ich bei verschiedenen Bildungsträgern engagiert wurde und dadurch mit den unterschiedlichen Anbietern für virtuelle Klassenräume arbeiten konnte.  Ich habe Cisco Webex und teams kennen gelernt, hatte Seminare mit Skype for business. Und zoom; das einzige Tool welches ich mir selbst ausgesucht habe. In einigen anderen Plattformen habe ich mir Probe-Accounts angelegt, um auszuprobieren, welche Plattform mir am meisten von dem bietet, was ich für meine Arbeit benötige und meine Ansprüche erfüllt.

Wenn Du ein Präsenz-Trainer oder Dozent bist und vor der Frage stehst, mit welchem Anbieter Du arbeiten möchtest, um erfolgreich Online-Seminare zu halten, solltest Du Dich vorher mit den unterschiedlichen Plattformen auseinandersetzen, um heraus zu finden, welche für Dich infrage kommt. Dazu solltest Du Dir im vor hinein folgende Frage stellen:

Welchen Zweck verfolgst Du mit Deinem Online Seminar?

Aber auch hier gibt es Unterschiede. Es könnte es ja sein, dass Du nur Webinare halten möchtest, die eher Marketingstrategien verfolgen. Du benötigst vielleicht einen virtuellen Raum, um Dich mit Trainerkollegen – und Kolleginnen auszutauschen oder organisatorische Fragen zu klären. Oder machst Du auch individuellen Coachings? Begleitest Du als Führungskraft virtuelle Teams bei ihren Aufgaben?

Sind es eher klassische Seminare zu Verbreitung von Lerninhalten bei Unternehmen oder Bildungsträgern? Vielleicht hältst Du auch zukünftig eigene offene Bildungsangebote online. Oft sind Trainer und Dozenten ja auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten unterwegs.

Die Anbieter von virtuellen Seminarräumen bieten für die unterschiedlichen Nutzungen unterschiedliche Angebote und Preismodelle an. Bei Deiner Wahl wäre es zukunftsorientiert, nicht nur Deinen heutigen Bedarf zu berücksichtigen, sondern zu überlegen, wo will ich in Zukunft mit Online-Seminaren hin? Ein Upgrade ist bei vielen Anbietern relativ problemlos möglich; der Anbieterwechsel ist wahrscheinlich aufwendiger, besonders wenn Du aufwendig Daten im virtuellen Raum hinterlegt hast.

Zielsetzung Deiner Seminare?

Die nächste Frage die Du Dir vor der Recherche stellen solltest, ist die Frage nach der Zielsetzung Deiner Seminare. Es könnte ja sein, dass Du Prüflinge auf eine formelle Abschlussprüfung vorbereiten sollst. Du könntest Kommunikationsseminare geben, Führungskräftetraining und Sprachschulungen. Deine Kunden bekommen spezialisierte Softwaretraining. Ich erinnere mich, dass meine Freundin gerade Menschen beibringt auf dem Tablet mit einer speziellen Software zu zeichnen.

Das macht sie auch live –  natürlich online.

Wer ist Deine Zielgruppe?

Dein Anforderungsprofil ist jedoch erst vollständig, wenn Du Deine Zielgruppe gefunden hast. Wer sind Deine Teilnehmer? Führungskräfte, Auszubildende, Techniker, Bildungsverantwortliche?  Denn die Zielgruppe hat einen enormen Einfluss auf die Auswahl der Plattform. Die Komplexität eines Anbieters ist immer gut für die Methodenwahl, allerdings birgt das auch immer die Gefahr, dass Teilnehmer/innen sich technisch total überfordert fühlen.

Deine Anforderungen

Als Präsenztrainer bist Du es gewohnt bestimmte Werkzeuge zur Verfügung zu haben. Der Eine benötigt einen Beamer und einen Rechner für eine Präsentation, der Nächste möchte ein Whiteboard und Post-its, ich hätte dann gerne mindestens 2 Flip-Charts und meine schönen Neuland Stifte.

Im virtuellen Training musst Du auf viele Möglichkeiten mit den Teilnehmer*innen gar nicht verzichten.

Die folgende Tabelle zeigt Dir mögliche Werkzeuge und die Anwendungsmöglichkeiten

WerkzeugeSeminareinsatz
WebcamVorstellungsrunden, Kommunikation
Dozentenwebcam bei Präsentationen
WhiteboardBrainstorming, Clustern von Beiträgen (teilweise kann man die Beiträge verschieben), gemeinsames Arbeiten mit grafischen Elementen oder Textwerkzeugen (Schreibrechte für alle Teilnehmer*innen)
TextchatFragen, Informationen an alle Teilnehmer*innen, Aufgabenstellungen, Sammlung von Ideen
AktivitätsleisteAnzeige wer gerade spricht, Anzeige über Audio und Videoaktivität, namentliche Nennung der Teilnehmer*innen
PräsentationswerkzeugPräsentationen in unterschiedlichen Formaten
Abspeichern des Whiteboards und der Bearbeitungen
DateitransferBereitstellung von Arbeitsunterlagen während eines Online-Seminars
UmfragewerkzeugAllgemeine Umfragen, Wissensfragen, Feedback-Fragen
Teilen von Anwendungen
Dateiformate und Anwendungen zeigen, die nicht unbedingt auf den Rechnern der Teilnehmer*innen installiert sein müssen.  Kommentarfunktionen mit Zeichenwerkzeugen. Kollaboratives Bearbeiten von Dokumenten durch eine Freigabe und Erteilung von Bearbeitungsrechten
WebbrowserBereitstellen von Links für das Recherchieren direkt aus dem virtuellen Raum heraus
AufzeichnungProtokoll und Feedback, Wiederholung
GruppenräumePaararbeit und Kleingruppenarbeit
ProtokollwerkzeugFühren von Protokollen und Mitschriften während eines Online-Seminars, Teilnehmernotizen
ModeratorenstatusTeilnehmer können ihren Bildschirm präsentieren
RemoteModerator kann Fernsteuerung der Teilnehmergeräte übernehmen

Die Bezeichnung der einzelnen Werkzeuge können bei dem jeweiligen Anbieter verschieden sein. Bei zoom heißen beispielsweise die Gruppenräume „breakout rooms“. Deshalb ist es wichtig, wenn Du recherchierst, die Funktionsbeschreibungen zu lesen und bestenfalls einen Testlauf mit den Funktionen zu machen, damit Du Dir sowohl aus der Moderatorensicht als unbedingt auch aus der Teilnehmersicht ein Bild machst. Für Dich als Trainer ist es, meines Erachtens nicht nur ausschlaggebend wie nutzerfreundlich die Software für Dich als Administrator ist, sondern auch wie einfach es ist, externe Präsentations- oder Bearbeitungstools in die Plattform einzubinden

Manche Anwendungen kommen bei Moderatoren super gut an, sind aber für das Handling der ungeschulten Teilnehmer*innen oft wenig intuitiv zu bedienen. Im letzten Blogartikel Schwierigkeiten beim Online Seminar bin ich darauf eingegangen, wie wichtig das technische Thema ist. Denke einfach mal zurück an Dein erstes Mal als Teilnehmer*in bei einem Online Seminar; wie hast Du Dich gefühlt mit der Kameraeinstellung oder dem Ton. Wie war das als Du Dich selbst gesehen hast?  Je einfacher die Bedienung für die Teilnehmer*innen ist und je klarer die Anwendungsmöglichkeiten für Deine Teilnehmenden sind, desto einfacher ist am Ende für Dich der Seminarstart.

Sind die möglichen Werkzeuge schnell zu finden? Können Teilnehmer*innen mit ein paar Mausklicks ein bestimmtes Tool nutzen? Können die Teilnehmenden leicht auf freigegebene Daten zugreifen? Ist der Chat übersichtlich? Nur, wenn die Teilnehmer leicht arbeiten können ist Dir ein erfolgreiches Online-Seminar möglich. Wenn jeder zweite Satz der Teilnehmenden ist „Wo finde ich dies oder wie geht das“ hängst Du in einer unendlichen Schleife und hast keine Chance Deine Inhalte zu vermitteln. Abgesehen davon, dass die Teilnehmenden zunehmend demotiviert und womöglich auch frustriert sind; denn was demotiviert Lernende am meisten: Misserfolge. Stell Dir einfach vor wie Deine Zielgruppe das Whiteboard bedienen soll. Ist die Oberfläche gut strukturiert und bietet auch eine gute Ansicht für zu bearbeitende Dokumente?

Ein gefühlter Nachteil bei Online-Seminaren ist, dass Du nicht weißt mit welchem Gerät die Teilnehmer*innen an Deinem Online-Seminar teilnehmen. Deswegen ist im Vorhinein zu klären, welche Systemvoraussetzungen gibt es für die Software? Können die Teilnehmer*innen sich einfach mit einem Link einloggen oder müssen sie eine Software laden? Muss man sich vielleicht schon vorher mit einem kleinen Profil und einem Passwort anmelden? Benötigen Teilnehmende eine E-Mail-Adresse oder werden keine Daten zur Anmeldung benötigt.

Dazu kommt die Frage sind alle Windows Systeme, Android und Apple IOS ohne Probleme nutzbar? Ich rate Dir auf jeden Fall die Ansichten zu testen, damit Du auch hier Deinen Teilnehmern, die ein anderes System nutzen, bei der Anmeldung behilflich sein kannst.

Viele der Anwendungen arbeiten inzwischen Browserbasiert, so dass es da keine Probleme geben sollte welches System die Teilnehmer*innen benutzen.

Die Audioqualität ist extrem wichtig für Dich als Dozent als auch für die Teilnehmer/innen, leider ist auch sie abhängig von der Bandbreite und Stabilität des Internets. Es kann hier durchaus sinnvoll sein einen Anbieter zu haben, der es auch ermöglicht per Telefon teilzunehmen. Das ermöglicht eine alternative Teilnahme-Möglichkeit, falls es doch zu Audio-Problemen durch Netzschwankungen kommt.

Datenschutz

Die Berücksichtigung von Datenschutzbestimmungen habe ich ja in meiner Checkliste angesprochen. Das Thema ist sicher vom Umfang für einen eigenen Artikel geeignet. Hier ist immer wieder die Frage: Wo stehen die Server? Gibt es Datenverarbeitungsverträge, die der DSGVO entsprechen? Wie kann ich auch mit einem amerikanischen Anbieter so arbeiten, dass die Daten der Teilnehmenden sicher sind? Sicher ein ausschlaggebendes Kriterium für eine Entscheidung, da sich einige Unternehmen tatsächlich auch weigern mit diesen Anbietern zu arbeiten.

Preise

Bei der Preisgestaltung gibt es zwei entscheidende Faktoren. Das sind Deine angenommenen Teilnehmerzahlen und die Dauer Deiner Seminare. Preislich ist man wahrscheinlich mit einer Jahresabrechnung am besten bedient. Es gibt aber auch die Möglichkeit der monatlichen Zahlungsweise oder Abrechnung pro Teilnehmer. Vertragsbindungen reichen von keiner Frist über monatliche Fristen bis zu jährlichen Verträgen. Das Upgraden auf ein höheres Volumen ist meist ohne Probleme möglich.

Ich wünsche Dir einen erfolgreichen Verlauf Deiner Online Seminaren. Falls Du noch Fragen zur Technik hast, kannst Du Dir gerne meine kostenlose Checkliste für den Online Start herunterladen oder schreibe mir Deine Fragen gerne in die Kommentare.