Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Ein alter Spruch, den unsere Eltern oder Großeltern vielleicht gerne gesagt haben.
Was damit gemeint ist: Was wir nicht früh im Leben lernen, eignen wir uns später nur noch schwierig an. Das bezieht auch das Vorurteil ein, dass Erwachsene schlechter lernen als Kinder oder Jugendliche.
Wir haben bereits einmal einen ausführlichen >>Artikel über diesen Mythos veröffentlicht, der dieser Sache mal gehirntechnisch auf den Grund geht.
Die wichtigste Zusammenfassung lautet aber: Lernen können wir in jedem Alter!
Das Problem ist häufig nur, dass wir als Erwachsene das bewusste Lernen ein klein wenig verlernt haben. Das führt dann bei vielen Menschen zu großer Unsicherheit, wenn sie sich plötzlich wieder mit Lernprozessen konfrontiert sehen.
Entweder fällt ihnen das Lernen ziemlich schwer oder sie verlieren schnell die Motivation – zu den Inhalten kommen sie dann in der Tiefe häufig erst gar nicht, da sich das Lernen selbst so mühsam anfühlt.
Was solche Lernenden brauchen, sind also effektive und einfache Lernstrategien, die ihnen das Lernen wieder nahebringen. Das kannst Du auch im Rahmen einer Veranstaltung schaffen, indem Du eine besonders zugängliche Lernkultur schaffst.
Welche Lernstrategien sind besonders für Erwachsene geeignet und wie gewöhnen wir sie wieder an das lebenslange Lernen?
Was motiviert Erwachsene?
Die gute Nachricht für viele Pädagog:innen in der Erwachsenenbildung ist, dass ihre Lernenden freiwillig zu ihnen kommen. Denn sie sind dadurch motiviert, dass sie ihren Arbeitsalltag vereinfachen, beruflich aufsteigen oder auch einfach ein neues Hobby lernen möchten.
Doch es gibt auch viele Trainer:innen, die mit Lerngruppen zu tun haben, denen eine Fortbildung oder Schulung zunächst (aus ihrer Sicht) aufgezwungen wird. Das sind natürlich alles andere als rosige Aussichten für die Motivationsdynamik.
In solchen Lerngruppen wider Willen sind die internalisierten Lernhindernisse oft besonders groß. Bedenke in diesen Fällen immer, dass diese Ablehnung häufig aus einer inneren Unsicherheit und zu wenig Vertrautheit mit Lernprozessen entsteht – sie ist normalerweise nicht persönlich.
In beiden Fällen kannst Du aber mit den richtigen Motivationshebeln bessere Voraussetzungen schaffen oder sie begünstigen. Erwachsene werden besonders stark motiviert durch:
- Praxisbezug und Problemorientierung ➤ berufliche Relevanz
- Selbstbestimmtheit im Lernprozess ➤ eigenes Lerntempo und individuelle Betreuung
Dabei ist es wichtig, dass die berufliche Relevanz nicht über Zukunftsangst vermittelt wird. Transportiere also nicht: „Du musst das lernen, weil die Arbeitswelt sonst an Dir vorbeizieht und Du Deinen Job verlieren wirst“ – egal wie implizit.
Angst, zum Beispiel vor einer Prüfung, kann zwar kurzfristig motivieren, erzeugt aber keine „echte“ intrinsische Motivation. Motiviere stattdessen über Faktoren, die den Lernenden ganz konkret helfen werden.
Welche Aspekte ihrer Arbeit sind besonders zeitintensiv und wo fehlt ihnen dafür die Zeit? Mit Deinen Inhalten kannst Du ihnen im besten Fall Kompetenzen vermitteln, die ihnen umständliche Aufgaben beschleunigen und mehr Freiraum schaffen.
TIPP
Wenn Du Online arbeitest und Deine Lerngruppe zusätzlich noch mit der digitalen Kompetenz zu kämpfen hat, solltest Du sie nicht noch zusätzlich überfordern. Wenn Du Tools einsetzen möchtest, achte darauf, dass sie möglichst einsteigerfreundlich sind und verwende am besten zunächst ein Allround-Tool für die meisten Methoden.
Was sind Lernstrategien?
Wenn Du tagtäglich von Methoden und Didaktik umgeben bist, ist das Thema Lernen für Dich ganz natürlich. Doch viele Teilnehmer:innen kommen ohne geeignete Lernstrategien zu Dir.
Dabei sind Lernstrategien die Basis dafür, dass wir lebenslanges Lernen in unserem Leben verankern können. Eine Lernstrategie ist alles, was uns hilft, effektiv neues Wissen aufzunehmen, es nachhaltig abzuspeichern und in anwendbare Kompetenzen umzusetzen.
Oftmals entwickeln wir über unser Leben hinweg ganz individuelle Strategien, die auf den eigenen Lernpräferenzen aufbauen. Wenn Deine Lerngruppe diese gar nicht kennt und auch keine geeigneten Lernstrategien zur Verfügung hat, müssen sie diese erst einmal wieder entwickeln.
Dabei sind Lernstrategien verschieden effektiv:
Oberflächenstrategien
Diese Lernstrategien sind zwar für die kurzfristige Aufnahme von Informationen geeignet, schaffen aber kein Wissensnetzwerk. Wenn Du einen Text liest und Dir ein paar Dinge anstreichst, wirst Du Dir vielleicht ein paar Fakten merken, aber sie stehen erstmal isoliert da.
Tiefenstrategien
Diese Strategien vernetzen das neue Wissen mit dem bestehenden Erfahrungsschatz. Es werden Zusammenhänge aufgebaut und die Informationen werden auf bekannte Bereiche angewandt. Daher sind diese Lernstrategien besonders für Erwachsene geeignet, auch wenn sie im Lernen etwas „eingerostet“ sind.
Um die richtigen Voraussetzungen für Tiefenstrategien zu schaffen, kannst Du in Deinem Seminar:
- gezielt an das bestehende Wissen der Teilnehmer:innen anknüpfen ➤ Training am Arbeitsplatz ist daher besonders effektiv
- verschiedene Lernmedien und vielfältige Inhalte anbieten, damit die Lernenden ihren individuellen Zugang entdecken können
- durch Skizzen oder Mindmaps immer wieder die neuen Informationen in bekannte Kontexte einordnen lassen
Welche Lernstrategien gibt es?
Wir können Lernstrategien aus verschiedenen Bereichen unterscheiden:
Grundsätzlich sind viele dieser Strategien in einem Lernprozess vorhanden, aber Lernende können nach Bedarf unterschiedliche Fokuspunkte setzen.
Sicherlich hast Du schon für alle diese Bereiche Methoden oder eigene Tipps, die Du anwendest. Gerade die Aspekte von Zeitmanagement und Lernorganisation werden nämlich gerne von Lernenden unterschätzt, da sie so auf die Inhalte fokussiert sind.
Dabei kann ein gut organisierter Lernprozess besonders effektiv sein und erhält damit die Motivation noch besser aufrecht. Diese Strategien sind vor allem auch dauerhaft auf jeden weiteren Lernprozess anwendbar und erlaubt den Teilnehmer:innen so, sich nach und nach zu lebenslangen Lerner:innen zu entwickeln.
Strategien an die Hand geben
An die konkreten Methoden kannst Du Deine Teilnehmer:innen im Seminar heranführen – diese werden sie dann in Zukunft selbstständig anpassen können. So bekommen sie durch Dich und das Lernen in der Gruppe wichtige Handlungsempfehlungen, die sie auch beim Selbstlernen unterstützen.
Denn als Pädagog:in lebst Du den Teilnehmer:innen im Idealfall gute Lernstrategien vor und baust sie auch bereits in die Lernkultur der Veranstaltung ein. Dabei ist es vor allem wichtig, dass Lernende keine Angst vor „Fehlern“ haben, sondern sich in der Gruppe wohlfühlen.
Darüber hinaus kannst Du mit diesen zusätzlichen Aspekten die gewählten Lernstrategien besonders unterstützen:
- Eine bejahende Grundeinstellung zum Lernen vorleben: Ich lerne, weil es mir guttut und mein Gehirn fit hält, nicht weil ich muss
- Tipps für den Lernraum außerhalb des Seminars: Einen ruhigen, angenehmen Lernort schaffen oder bewusst den Ort wechseln
- Lernintervalle: Lieber öfter in kleinen Impulsen lernen, als zu einer Zeit überfordern
- Schwierige Themen nicht immer weiter aufschieben, sondern in begreifbare Häppchen runterbrechen
- Wiederholungen einbauen, aber nicht immer nur stumpf dieselben Notizen abschreiben, sondern das Wissen auf verschiedene Arten anwenden
- Pausen bewusst einplanen und einhalten: Nicht erst dann Pausen machen, wenn man kognitiv komplett erschöpft ist
- Lernziele individuell setzen und praktisch überprüfen
- Lernpartner:innen suchen: Kann auch gerne direkt durch die Lernbegleiter:in angeregt werden
- Verschiedene Lernstrategien ausprobieren, um die persönlichen Präferenzen kennenzulernen