Kleine Häppchen sind leichter verdaulich. Das gilt auch fürs Lernen.
Microlearning beschreibt eine Lernform, die auf kurzen Lernimpulsen aufgebaut ist.
Dabei ist der Gedanke, dass knackigere Lerneinheiten die Konzentration besser aufrechterhalten und einfacher zu kontextualisieren sind.
Auch die Tatsache, dass die Aufmerksamkeitsspanne bei uns Menschen immer kürzer wird, macht Microlearning zu einem produktiven Ansatz.
Man hört oft, dass das Internet für diese Entwicklung verantwortlich ist. Aber woher kommt das eigentlich?
Seit Anfang der 2000er hat sich der Content im Internet immer weiter weg von statischen Inhalten bewegt. Wir konsumieren nicht mehr nur, sondern wirken durch dynamische soziale Netzwerke immer mehr mit.
Allein die Fülle an Inhalten auf einer Plattform wie YouTube bietet uns so viel Variation und Vielfalt, dass wir weniger verweilen. Die Online-Inhalte haben sich zudem immer stärker aufgespalten und diversifiziert.
Das Scrollen durch einen Facebook- oder Instagram-Feed erfordert viel weniger zielgerichtete Aufmerksamkeit. Daher merkst Du diesen Effekt wahrscheinlich insbesondere bei jüngeren Teilnehmer*innen stärker.
Dass kannst Du einerseits mangelnde Konzentrationsfähigkeit werten oder diese Entwicklung auch ganz neutral annehmen und Deine Lerninhalte darauf ausrichten, um den Lernerfolg zu erhöhen.
Microlearning ist bereits Teil unseres Alltags
Grundsätzlich lernen wir immer in vielen kleinen Schritten. Uns wird nicht einfach ganz plötzlich ein komplexer Zusammenhang oder Ablauf verständlich.
Um neue Dinge zu lernen, müssen wir uns die Prozesse in kleine Teilabschnitte aufteilen.
Daher bedeutet Microlearning auch nicht, dass die einzelnen Lernimpulse banal oder irrelevant sein müssen. Denn sie setzen sich später wie ein Mosaik zu einem großen Ganzen zusammen, aber die einzelnen Teilstücke sind überschaubar und zugänglich.
Diese Definition unterstreicht eigentlich nur, dass traditionelle Vorlesungen absolut nicht auf unser natürliches Lernverhalten ausgerichtet sind.
Stundenlanger Input ohne die Möglichkeiten zur Reflektion oder Anwendung überfordert uns daher. Wir versuchen dann oft uns diese langen Einheiten automatisch in kleinere Lernaktivitäten einzuteilen, etwa durch Notizen oder Nachfragen.
Durch reinen Input bekommen wir nicht ausreichend die Möglichkeit, den Lernprozess in verschiedene kleinere Phasen aufzubrechen.
Da die meisten von uns mittlerweile viele Inhalte in Online-Formen aufnehmen und verarbeiten, sind wir an Microlearning eigentlich schon gewöhnt.
Hier ein Video, da ein kurzer Beitrag und wir finden so unseren eigenen Lernweg durch die Inhalte.
Im Rahmen eines Trainings oder Seminars möchtest Du diesen diffusen Prozess aber natürlich genauer steuern und auf ein Lernziel ausrichten. Denn wenn wir so durchs Internet scrollen, nehmen wir gleichzeitig auch viel irrelevante Information auf und werden schnell abgelenkt.
Grundsätzlich lehnt sich das Konzept des Microlearning aber an das informelle und eher beiläufige Lernen an, das uns ohnehin jeden Tag begleitet.
Wie funktioniert Microlearning in der Praxis?
Micro-Content kann individuell auf Deine Lernthemen und Zielgruppen zugeschnitten werden. Dabei gibt es einige grundlegende Rahmenbedingungen, die für die optimale Aufnahme und kognitive Verwertung sorgen:
- geringer zeitlicher Aufwand pro Einheit (zwischen 30 Sekunden und maximal 20 Minuten)
- in sich thematisch geschlossene Einheiten
- handlungsorientiert und praxisbezogen
- auf Bedarf erneut abrufbereit
- lässt Rückmeldungen durch Lernbegleiter*in oder die Lerngruppe zu
Wie Du siehst, soll Microlearning vor allem das Anwendungswissen unterstützen, das insbesondere in der Erwachsenenbildung von großer Bedeutung ist.
Ein Beispiel aus der Praxis ist beispielsweise das Lernen über YouTube-Videos. Diese erfüllen alle Bedingungen eines Micro-Contents. Einzelne kurze Videos sind in sich abgeschlossen und lassen in Form der Kommentare auch weiterführende Interaktion zu.
Wenn Du mehr über YouTube als Lernplattform lernen möchtest, kannst Du hier unseren Artikel zum Thema lesen.
Micro-Content zusammenfügen
Der Nachteil an etwa einzelnen YouTube-Videos ist, dass sie zunächst in keinem übergeordneten Kontext stehen.
Daher ist das Deine Aufgabe im Rahmen eines Trainings: Einzelne Micro-Einheiten zu einem stimmigen Microlearning-Konzept zu vereinen.
Du baust aus den einzelnen Impulsen einen Lernpfad, der am Ende zu einem Bild zusammenkommt.
Dabei kann auch die Kombination aus Online-Einheiten und Präsenz-Lernen sehr effektiv sein. So kannst Du beispielsweise theoretisches Basiswissen in einzelne Video-Inhalte aufteilen und die Präsenz zur aktiven Anwendung nutzen.
Ein großer Vorteil von Micro-Content, den Du etwa über eine Lernplattform bereitstellst, ist auch die größere Autonomie Deiner Teilnehmer*innen im Lernprozess.
Da die Lernenden in der Erwachsenenbildung häufig zu sehr heterogenen Lerngruppen zusammenkommen, können sie von einer thematischen Aufteilung sehr profitieren.
Ist ein*e Teilnehmer*in beispielsweise bereits sehr erfahren auf einem bestimmten Teilgebiet, kann er/sie die entsprechenden Videos überspringen.
So kannst Du Deinen Lernenden die Möglichkeit geben, sich genau die Lerneinheiten anzuschauen, die für sie relevant sind. Auf diese Weise bleiben sie länger motiviert und können einen subjektiv höheren Mehrwert aus dem jeweiligen Training ziehen.
Ein weiterer Aspekt ist so abgedeckt: Micro-Content sollte wieder abrufbar sein. Indem Du also Videos oder andere Lernmedien zur Verfügung stellst, können die Teilnehmer*innen den Lernprozess an ihr persönliches Lerntempo anpassen.
So erstellst Du eigenen Micro-Content
1.
Zunächst einmal musst Du Dir wie immer Dein konkretes Trainings- oder Lernziel vergegenwärtigen. Dabei solltest Du Dein Lernziel so simpel und spezifisch wie möglich beschreiben können – denn wenn Du es selbst nicht konkretisieren kannst, wird es auch für Deine Teilnehmer*innen nicht greifbar sein.
2.
Im zweiten Schritt konzipierst Du die praktischen Übungen, die Du im Seminar mit Deinem Micro-Content verknüpfen willst. Wenn Du also ein kurzes Video als den eigentlichen Lernimpuls einsetzt, brauchst Du noch die passende Übung zur Anwendung oder Abspeicherung des Wissens.
3.
Anschließend wählst Du das Format für Deine Inhalte. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Du Deine Lerninhalte an die Teilnehmer*innen heranführen kannst: Unter anderem als Quiz, Text, Video, Weblink oder als Foliensatz.
Bei Texten solltest Du besonders auf die Kürze achten, damit die Lernenden nicht mit Informationen zugeschüttet werden.
Zusätzlich bieten sich auch Audio- oder Videoinhalte sehr an, da die Information so über visuelle oder verbale Reize angereichert wird. Zudem können mit Hilfe dieser Formate komplexere Abläufe anschaulicher dargestellt werden.
Insgesamt solltest Du auf einen guten Mix setzen, denn eine variationsreiche Mischung bietet den Lernenden viele verschiedene Ansatzpunkte.
4.
Jetzt kannst Du einen groben Ablauf Deines Konzepts planen. Überprüfe noch einmal, ob alle Deine Inhalte wirklich relevant für das jeweilige Lernziel sind und in die oben genannten Rahmenbedingungen passen.
Plane die vorläufige Reihenfolge und sortiere die Inhalte nach Ähnlichkeit, Schwierigkeit und Produktionsaufwand. Überlege, welche Inhalte unbedingt im Kurs vorkommen sollten und welche eventuell aussortiert werden können.
Wenn Du glaubst, dass einige Einheiten noch zu viel Informationsdichte enthalten, teile sie auf kleinere Lerneinheiten auf.
5.
Nun geht es an die Erstellung der Inhalte. Orientiere Dich hier immer an Deiner konkreten Zielgruppe und dem Lernziel.
Erzähle eine Geschichte mit Deinen Inhalten, gebe praxisbezogene Beispiele und schlage auch immer einen Bogen zum Alltag Deiner Teilnehmer*innen. Achte auch auf klare Handlungsanweisungen.
Falls Du immer noch das Gefühl hast, dass Dein Inhalt nicht in einen Micro-Content passt, bereite weiterführende Materialien vor. Diese können interessierte Lernende dann bei Bedarf zur Vertiefung nutzen – so wird Dein Training noch effektiver!
Ein Konzept für moderne Bedingungen
Microlearning kann so effektiv sein, da es sich gut in die Bedingungen der modernen Arbeitswelt einfügt.
Idealerweise sollten alle Deine Micro-Contents nämlich auch auf mobilen Endgeräten problemlos nutzbar sein. So passen sie ebenfalls leichter in den Alltagsplan von beschäftigten Erwachsenen.
Die höhere Selbstbestimmtheit im Lernprozess erhöht ebenfalls die allgemeine Lernmotivation und sorgt dafür, dass in heterogenen Gruppen dynamisch auf die Unterschiede eingegangen werden kann.
Gleichzeitig sorgt die hohe Praxisorientierung für anwendbare Lernerfolge. Denn reines Faktenwissen kann immer einfach nachgeschlagen werden – das Handlungswissen vermittelst Du als Trainer*in.