Wenn wir an belastende Berufe denken, werden Lehrende eventuell nicht immer als Erste genannt. Trotzdem hat die Belastung für sie kontinuierlich zugenommen und es fehlen an vielen Stellen die nötigen Werkzeuge zur Bewältigung.
Wir schauen als Gesellschaft zum Glück mittlerweile wesentlich mehr auf die psychische Gesundheit. Denn sie beeinflusst uns eben mindestens genauso stark wie die körperliche Verfassung.
Manchmal dauert es eben nur ein wenig länger, bis wir die Auswirkungen zu spüren bekommen. Der Burnout ist ein gutes Beispiel dafür.
Menschen können jahrelang scheinbar “klaglos” arbeiten und dann ganz plötzlich erwischt es sie im vollen Lauf. Sich dann zu erholen, kann ein langer Weg sein.
Daher ist natürlich die Prävention und auch die Früherkennung von Symptomen besonders wichtig.
Wieso sind überhaupt so viele Menschen in lehrenden Berufen gefährdet und auf welche Anzeichen sollten wir einen Blick haben?
Wieso sind Lehrende gefährdet?
Die meisten Pädagog:innen würden wohl sagen, dass sie ihren Beruf lieben.
Es ist meistens eben diese Art von Beruf, der aus einer Leidenschaft für das Lernen und Lehren entsteht. Es ist aber auch ganz wichtig zu verstehen, dass dieser Fakt nicht bedeutet, dass uns der Beruf nicht gleichzeitig sehr belasten kann.
Gerade im letzten Jahrzehnt sind viele Faktoren hinzugekommen, die das Lehren fordernder machen können. Insbesondere die Pandemie hat natürlich nochmal allen Beteiligten viel abverlangt.
Aber auch davor haben viele Lehrende schon unter Überforderung gelitten und zu wenig Ressourcen zur Verfügung gehabt, um mit den anspruchsvollen Gegebenheiten umzugehen.
Viele Lehrer:innen, Dozent:innen und Aus- und Weiterbildner:innen unterschätzen sogar selbst, wie kräftezehrend ihre tägliche Arbeit eigentlich ist.
Eine permanente mentale und psychische Verausgabung führt früher oder später zu Resignation – und kann ein erster Schritt in Richtung eines Burnouts sein.
Was führt zum Burnout?
Einfach ausgedrückt ist ein Burnout am Ende die Überforderung, die in einer beinahe vollkommenen Unfähigkeit zur Stressbewältigung mündet.
Dann sind wir nicht mehr in der Lage, uns von Stress zu erholen, den Alltag zu organisieren und auch mit zwischenmenschlichen Ebenen und Konflikten umzugehen.
Burnout ist kein schlechter Tag oder eine schlechte Woche, sondern eher eine komplette systemische Erschöpfung. Wenn dieser Zustand einmal erreicht ist, kann die längst überfällige Erholung in manchen Fällen sogar Jahre dauern.
Wir wissen, dass Lehrende oftmals mit vielen stressigen Faktoren umgehen müssen. Doch es gibt sogar noch eine grundlegende Überlegung, die weiterführt.
Menschen in Lehrberufen lassen sich oftmals bestimmten Persönlichkeitstypen zuordnen, die ohnehin Risikofaktoren beinhalten. Viele sind Idealist:innen (oder sogar Perfektionist:innen), die extrem motiviert sind und hohe Erwartungen an sich selbst stellen.
Wenn die tatsächliche Realität dann so gar nicht mit diesen Vorstellungen übereinstimmen will, kann das psychisch sehr belastend werden.
Worauf müssen wir achten?
Wir haben als beschäftigte, anspruchsvolle Menschen leider die Angewohnheit, gewisse Anzeichen erst einmal abzutun.
Denn selbstverständlich sind die meisten von uns öfter übermüdet oder wir werden von Kopfschmerzen geplagt. Trotzdem sollten wir nach Mustern Ausschau halten!
Denn ein Burnout kann sich in einer Vielzahl aus emotionalen und körperlichen Symptomen äußern oder ankündigen. Hier sind einige Beispiele:
- Emotionale Erschöpfung: überwältigende Müdigkeit oder anhaltendes Leeregefühl
- Depersonalisierung: Entfremdungsgefühl von Menschen und Arbeit, die zuvor Freude bereitet haben
- Leistungsabbau und Verlust des Selbstvertrauens
- Schlaf- und Komzentrationsprobleme
- Vielfältige körperliche Beschwerden: Kopf- und Rückenschmerzen, wiederkehrende Infektionen, Magen-Darm-Störungen etc.
Wenn diese Dinge Muster formen oder chronisch werden, sollten wir genauer hinschauen – auch bei anderen!
Eine umfassende Liste, sowie weitere Ressourcen zu Ursachen und Behandlung findest Du unter anderem >>hier.
Schlüsselwort: Prävention!
Wie bereits angedeutet, kann die Bewältigung eines Burnouts (und psychischen Erkrankungen allgemein) ein langfristiger Prozess sein.
Daher sind Prävention und Früherkennung besonders wichtig.
Damit geht unter anderem auch einher, dass innerhalb eines Kollegiums oder Teams aufeinander geachtet wird. Denn auch wenn das Bewusstsein steigt, spielen viele – eventuell auch ältere Kolleg:innen – ihre Belastungen immer noch gerne herunter.
Es besteht auch immer noch eine gewisse Stigmatisierung, die dazu führt, dass Diagnosen und Krankmeldungen belächelt werden. Aus diesem Grund zögern leider viel zu viele betroffene Lehrende, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen.
Burnout ist eine individuelle Reaktion auf anhaltende Überforderung und Konflikte. Das Stichwort Individualität ist hier wichtig, denn natürlich reagieren nicht alle Menschen in gleichem Maße auf dieselben Umstände.
Dabei ist wichtig zu verstehen, dass “Sensibilität” keine schlechte Persönlichkeitseigenschaft ist. Oftmals geht sie nämlich beispielsweise auch mit einer hohen Empathiefähigkeit einher.
Grundsätzlich muss jeder von uns vor allem auf die eigene psychische Verfassung schauen und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen. Wenn sich die Signale der Überforderung verdichten, müssen wir gegensteuern.
Was können wir tun?
Leider haben wir auf die Umstände im größeren Kontext nicht immer den Einfluss, den wir uns wünschen würden. Lehrende an einer Schule können sich nicht aussuchen, dass sie gerne wesentlich kleinere Klassen hätten.
Daher müssen wir oftmals andere Formen des Ausgleichs schaffen. Stressreduktion klingt wie eine intuitive Maßnahme, aber ist selbstverständlich nicht einfach umzusetzen.
Diese Aspekte können für mehr Erholungsphasen im Alltag sorgen:
- Größere Trennung von Arbeit und Privatleben – falls möglich auch räumlich!
- Bessere Vernetzung innerhalb des Kollegiums oder mit anderen Lehrenden – z.B. für gemeinsame Beratung und Supervision von schwierigen Fällen
- Das Finden von Gestaltungsfreiräumen im Berufsalltag, auf die wir einen positiven Einfluss haben können
- Regelmäßige Erholungsphasen oder Entspannungsübungen auch in die Lehre selbst einbauen – auch Lernende sind gestresst!
- Schulung und Übung im Bereich der Konfliktbewältigung
Last, but not least:
Frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen!
Denn alle förderlichen kleinen Maßnahmen können in einzelnen Fällen nicht immer ausreichen. Wir können nicht alles durch pure Willensstärke “positiv denken” und unendlich viel ertragen. Und das ist keine Schande.
Denn mit einem frühzeitigem Eingreifen und den richtigen psychologischen Tools können wir uns am Ende oftmals ein viel schlimmeres Szenario ersparen.
Wir denken vielleicht: “Ich habe überhaupt keine Zeit, um mich mehr um mich selbst zu kümmern und ich kann mir keine Ausfälle leisten!”
Dann stellen wir uns aber erst einmal vor, wie die Situation aussehen wird, wenn der Burnout einmal da ist.
Wichtig ist daher vor allem, dass auch Lehrende mehr auf sich achten und sich das Bewusstsein angewöhnen, dass ihr Beruf durchaus fordernd ist.
Hast Du einen Praxistipp für die Stressbewältigung oder persönliche Erfahrung mit diesen wichtigen Themen? Wir freuen uns über alles, was Du mit uns teilen möchtest!