Was Lehrende von TikTok lernen können (Ja, wirklich!)

Was hast Du beim Lesen des Titels gedacht?

Vielleicht treibst Du Dich gar nicht so viel auf Social Media herum und weißt überhaupt nicht, was „TikTok“ eigentlich bedeuten soll.

Vielleicht bist Du noch immer skeptisch, denn Du kennst den Begriff TikTok nur als diese App, die Deine jüngeren Lernenden ständig ablenkt.

Vielleicht bist Du aber auch neugierig, was in aller Welt wir gerade von dieser Plattform als Lehrende angeblich lernen können sollen.

Gut, denn genau deshalb sind wir schließlich hier!

Ein Vorwort für Skeptiker:innen

Die Plattform TikTok steigt seit einigen Jahren in der Popularität, gerade auch bei jüngeren Zielgruppen.

Hier finden sich Kurzvideos von 15 Sekunden bis zu etwa drei Minuten. Und ja, vor allem finden sich hier natürlich Videos, die wir nicht unbedingt mit dem Lehren und Lernen in Verbindung bringen würden.

Das müssen wir aber auch gar nicht, denn die Prinzipien dieser speziellen Contentform sind für uns viel interessanter als der eigentliche Inhalt. Wir wollen Dich also gar nicht dazu anhalten, Dir einen Account oder gar selbst Videos zu erstellen.

Zudem sind wir hier aber immer offen für neue Impulse und glauben daran, dass wir immer und überall wichtige Lernerfahrungen mitnehmen können.

Das ist schließlich auch unsere Message, oder? Lebenslanges Lernen wollen wir predigen, aber dann sperren wir uns manchmal ganz grundsätzlich gegen bestimmte Dinge – oftmals, ohne eigentlich besonders viel darüber zu wissen.

Dabei muss es schließlich zentrale Gründe geben, wieso eine solche App so beliebt ist und Menschen stundenlang mit dem Schauen dieser Videos zubringen können.

Genau diese Gründe haben wir heute einmal unter die Lupe gelegt und uns 5 Tipps überlegt, die wir von einer Plattform wie TikTok als Lehrende mitnehmen können:

Tipp 1: Betonung auf Kurz!

Wie soeben erklärt, finden sich auf TikTok Kurzvideos. Das Stichwort „Kurz“ ist dabei wohl entscheidend.

Denn wenn wir beispielsweise ein einziges Video mit einer Dauer von 30 Minuten schauen, würde uns das sicherlich wesentlich länger vorkommen als viele einzelne dynamische Videos.

Es gibt sogar einige didaktische Ansätze, die genau dieses Prinzip stützen. Da gibt es zum Beispiel das >>Microlearning, das speziell auf kurze Lernimpulse setzt.

Die Idee dahinter ist zusammengefasst, dass unser Gehirn so ständig aktiv bleibt und erst gar nicht von einer eintönigen Input-Welle eingelullt werden kann. Auch die bekannte 7-Minuten Regel für Reden und Vorträge greift diesen Gedanken auf.

Grundsätzlich wird gerne die Behauptung aufgestellt, dass (vor allem jüngere) Lernende eine immer kürzere Aufmerksamkeitsspanne haben.

Dabei hat der Mensch an sich überhaupt nicht die kognitiven Kapazitäten, um einem einstündigen Vortrag ohne Unterbrechungen zu folgen und alles aufzunehmen.

Deshalb ist der erste von TikTok abgeleitete Tipp auch überhaupt nicht verwunderlich:

Fasse Dich kurz und setze auf kürzere Einheiten!

Je mehr wir und unser Gehirn in Bewegung bleiben, desto länger bleiben wir am Ball. Daher sollte es uns ebenfalls nicht wundern, wenn Menschen lange Zeiten auf einer App wie TikTok vor sich hin scrollen können.

Die Impulse bewegen sich schnell, halten uns kognitiv aktiv und lassen keine Langeweile zu. So vergehen Stunden wie Minuten, ohne dass wir auf die Uhr schauen. Durchaus also etwas, das wir gerne für unsere Veranstaltungen hätten, oder?

Tipp 2: Gut verknüpfen!

Der zweite Tipp baut teilweise auf dem ersten Punkt auf, beziehungsweise funktioniert in Verbindung damit.

Denn ein weiterer Grund, wieso das Scrollen so lange anhalten kann, ist dass die Inhalte niemals enden. Als User:in wirst Du einfach immer weitergeleitet und da die Videos so kurz sind, denken wir dann: „Ach, eins oder zwei kann ich noch eben schauen“.

Diese Psychologie kann im Bezug auf Apps wie TikTok eventuell sogar problematisch werden und zu einer echten Zeitverschwendung führen. Aber für uns können wir hier einen weiteren wichtigen Tipp mitnehmen:

Verknüpfe und verlinke Deine Inhalte!

Wenn Impulse aufeinander aufbauen und gut verbunden sind, sind wir eher geneigt, weiterzumachen. Zwei kurze Lernvideos werden wir uns noch eher vor einer Pause anschauen, als einen riesigen Text.

Tipp 3: Spaß ist erlaubt!

Natürlich sind Apps und Plattformen auch aus dem einfachen Grund so beliebt, dass sie Spaß machen. Hier können wir abschalten, lachen und witzige Dinge an Freunde weiterleiten.

Auch für die Erstellung von Weiterbildungsinhalten können wir hier wieder etwas mitnehmen: Lernen darf und soll Freude machen!

Auch wir dürfen uns etwas auflockern und bei der Erstellung von Materialien oder Lernvideos mehr Spaß haben.

Das bedeutet nicht, dass Du den Clown spielen oder voll auf die Edutainment-Schiene gehen musst. Sondern viel eher, dass wir uns ein wenig von der Vorstellung verabschieden dürfen, dass Lernen und Wissen immer bierernst sein müssen, um effektiv zu sein.

Lernen kann tatsächlich auch über solche informellen Kanäle stattfinden und wir merken es kaum, da das Interesse und der Spaßfaktor natürlich eingebunden werden.

Du musst Dich dafür nicht verbiegen und gezwungen auf locker machen, sondern einfach bewusst Deine eigene Persönlichkeit und Sinn für Humor zum Tragen kommen lassen.

Tipp 4: Nutze Medien!

Dieser Tipp ist vielleicht die offensichtlichste Ableitung aus beliebten Video-Plattformen wie TikTok. Menschen, und damit unsere Lernenden, sind mittlerweile an kontinuierlichen Medienkonsum gewöhnt.

Die meisten schauen gerne Videos oder andere audio-visuelle Inhalte. Wenn wir in der Weiterbildung nur textliche Lernmaterialien nutzen, schränken wir uns ohnehin sehr ein.

Binde Videos ein oder erstelle sie am besten sogar selbst!

Ein guter Medienmix empfiehlt sich immer und vor allem kurze Videos reichern eine Veranstaltung sehr an. Du kannst zum Beispiel in >>diesem Artikel einige wichtige Tipps für aktivierende Lernvideos finden.

Tipp 5: Anregung & Community

Was viele Menschen an TikTok und anderen Social Media Plattformen so schätzen, ist dass sie sich sehr aktiv eingebunden fühlen.

Es gibt ein anregendes Community-Gefühl und viele der kurzen Videos laden zu direkten Handlungen ein.

Sprich‘ Deine Lernenden in Deinen Inhalten direkt an!

Denke bei der Erstellung von Inhalten – egal in welcher Form – immer an die konkreten Lernenden und fordere sie so oft wie möglich zu aktiven Handlungen auf.

Dazu kann auch eine aktive Community jedes Seminar beleben. Entweder eine Messenger-Gruppe während der Dauer oder auch ein allgemeines „Sammelbecken“ für Dein Thema, in das Du beispielsweise alle Deine Alumni und Interessierte zum Austausch einladen kannst.

Natürlich können hier auch Deine eigenen Social Media oder Webseiten zu diesem Zweck dienen. Wenn Du mittlerweile etwas mutiger geworden bist, kannst Du auch über eigene Kanäle auf Plattformen wie YouTube oder ja, sogar TikTok nachdenken.

Denn je nachdem wie Deine Zielgruppe aussieht, kannst Du über diese Wege viel Bewusstheit für Dein Thema und auch eine Community schaffen.

Damit möchten wir noch einmal abschließen: Habe keine Angst vor neuen oder „trendigen“ Plattformen wie TikTok oder verurteile sie vorschnell als hirnloses Entertainment. Frage Dich stattdessen, aus welchen Gründen diese Dinge so beliebt sind und was wir daraus lernen können – ein paar Impulse hast Du hoffentlich auch heute mitgenommen!

Übrigens, wenn Du auf der Suche nach Lernimpulsen bist, die genau aus der anderen Ecke kommen: Vor Kurzem haben wir praktisch über das genaue Gegenstück, die Podcasts, in einem >>Artikel gesprochen und erkundet, wie wir sie in der Weiterbildung einsetzen können!

So erstellst Du aktivierende Lernvideos – 7 Profi-Tipps

Wir haben gerade wieder einen ganzen Schwall an Lernvideos für den Masterkurs zu geprüften Berufspädagog:innen erstellt.

Dabei fällt uns immer wieder auf, dass ein gutes Lernvideo gar nicht so einfach zu konzipieren ist. Hast Du schon mit dem Gedanken gespielt Deine eigenen Erklär- oder Kursvideos aufzunehmen, aber dann doch zurückgezogen?

Falls Deine Zweifel eher die Planung oder die technische Seite betreffen, kannst Du >>hier unseren Artikel zum Videodreh für Einsteiger:innen zur Hilfe nehmen.

Aber selbst wenn Du technisch gut ausgestattet bist, fängt dort die Herausforderung eines guten Lernvideos eigentlich erst an. Inhalt, Struktur, Länge – überall können sich kleine Stolperfallen ergeben, die Deine Videos nicht so effektiv machen, wie sie es eigentlich sein könnten.

Wir geben heute daher unsere 7 besten Praxis-Tipps für teilnehmeraktivierende Videos an Dich weiter!

Tipp 1

Perfektionismus ist überbewertet!

Während eines Drehs wird immer etwas schiefgehen. Du versprichst Dich, verlierst den Faden oder vergisst, etwas Wichtiges zu erwähnen.

Kein Stress! Du machst ja schließlich kein Live-Video. Du kannst im Anschluss alle Clips beliebig zusammenfügen, also mach‘ einfach weiter und kümmere Dich im nächsten Schritt darum.

Wenn Du ständig unterbrichst, verlierst Du sogar viel eher die Konzentration und bringst Dich aus dem „Flow“. Es kann sogar so sein, dass kleine Fehlerchen ein Video authentischer wirken lassen, denn schließlich produzierst Du ja kein Hochglanz-Marketingmaterial.

Tipp 2

Sei ganz Du selbst!

Wir bleiben im Prinzip beim Thema: Wir tappen manchmal in die Falle, bei unseren Videos viel zu professionell wirken zu wollen. Dann erkennen Dich Deine eigenen Teilnehmer:innen überhaupt nicht wieder.

Wenn Du normalerweise nicht in Bluse und Blazer zum Seminar erscheinst, dann fühle Dich auch nicht in Lernvideos dazu gezwungen. Dadurch wirst Du Dich sogar im Zweifel nur unnatürlich fühlen und dieses Gefühl auch auf Deine „Performance“ übertragen.

Verkleidung ist nicht nötig, bringe Deine authentische Persönlichkeit und Trainingsmethode auch im Lernvideo zur Geltung.

Wenn Du Dir ein Skript erstellt hast und merkst, dass es sich so alles zu steif anfühlt, greife eher auf Notizen und Bulletpoints zurück. So wirst Du wichtige Punkte oder Begriffe nicht vergessen zu erwähnen, aber kannst trotzdem freier sprechen.

Sprich außerdem grundsätzlich direkt wie zu einer echten Person. Wenn Du beispielweise normalerweise das „Du“ verwendest, dann halte es auch in Lernvideos so. Falls Du Dir alleine im Raum keine echte Person vorstellen kannst, versuche hinter der Kamera ein Bild von Freund:innen oder Kolleg:innen aufzustellen.

Tipp 3

Nicht zu langatmig werden!

Du wirst jedes Mal überrascht sein, wie schnell Du die Laufzeit eines Videos füllen wirst. Überlege immer, welche Inhalte im Kontext des Videos wirklich hilfreich sind. Die Richtlinie ist: So lang wie nötig, so kurz wie möglich.

Die meisten Menschen haben Schwierigkeiten, einem Video ihre ungeteilte Aufmerksamkeit für mehr als ein paar Minuten zu widmen. Konzentriere Dich pro Video auf eine zentrale Kernbotschaft, so behalten die Lernenden das Wichtigste besser.

Mittlerweile erstellen wir lieber wesentlich mehr, aber dafür kürzere Videos. Auch rein psychologisch fühlen sich die Videos so kurzweiliger an und die Lernenden arbeiten sie schneller durch.

Tipp 4

Hole die Lernenden richtig ab!

In einigen Fällen kann ein direkter Einstieg zwar funktionieren, aber meistens solltest Du kurz zwei einleitende Sätze verlieren.

So haben die Lernenden kurz Zeit, um sich auf den kommenden Inhalt einzustellen. Falls Du mehrere Videos in einem Kurs hast, kannst Du auch an Anfang und Ende immer kurz Bezug auf den Gesamtkontext nehmen.

Du kannst die Einleitung auch dazu nutzen, um die Motivation einzustellen. Sage den Lernenden direkt, wieso die nachfolgenden Inhalte konkret für sie wertvoll sein werden.

Tipp 5

Nicht den Ton unterschätzen!

Wir fokussieren uns manchmal gerne auf das Bild und die Bearbeitung (dazu im nächsten Tipp mehr).

Dabei vergessen wir unter Umständen, wie wichtig der Ton ist. Wenn Du wählen müsstest, wäre guter Sound tatsächlich sogar wichtiger. Für das Bild ist vor allem wichtig, dass der Hintergrund nicht unnötig ablenkt und die Kamera stabil und ruhig steht.

Eine schlechtere Bildqualität kann unser Gehirn besser verzeihen als eine Stimme, die zu leise oder undeutlich getragen wird. Daher solltest Du auch vermeiden, dass störende Nebengeräusche zu hören sind. Wenn gerade draußen Bauarbeiten sind oder ein Krankenwagen vorbeifährt, mache lieber Pause oder einen weiteren Take.

Wir bedenken sowieso auch oft nicht, dass unsere Lernenden Videos laufen haben, während sie im Haushalt arbeiten oder nebenbei ein anderes Fenster offen haben. Auch wenn das natürlich nicht ideal ist, so wird es trotzdem passieren. Wie Du für mehr Aktivierung sorgen kannst, besprechen wir im letzten Tipp noch!

Tipp 6

Nicht mit Bearbeitung ablenken!

Du hast Dein ganzes Material abgedreht und jetzt geht es an Schnitt und Effekte. Es kann verführerisch sein, sich jetzt hier kreativ zu verwirklichen. Dabei solltest Du es auch hier auf das Nötigste reduzieren.

Strategisch platzierte Einblendungen oder zusätzliche visuelle Hilfen können Deine Worte verdeutlichen. Zu viele Überblendungen oder Spezialeffekte lenken dagegen eher vom Inhalt ab und haben genau den gegenteiligen Effekt.

Tipp 7

Ende mit einer Handlung!

Lernvideos, vor allem in großer Fülle in einem Gesamtkurs, werden manchmal zu einer viel zu passiven Angelegenheit. Daher sollten Videos immer öfter als seltener mit einer Handlung oder einem anderen Call-to-Action enden.

Entweder gibt es also eine kurze Aufgabe oder einfach nur eine Frage, die sie innerlich beantworten müssen. Wichtig ist nur, dass das Gehirn aktiv bleiben und nicht ständig nur aufnehmen muss.

Du kannst Dir >>in unserem Artikel zum Thema Handlungsaufforderung im Lernprozess weitere Inspiration dafür holen und erfahren, warum dieses Konzept so effektiv ist.

Und ja, das gilt im Übrigen auch für reine Online-Kurse. Gerade für solche, wenn man genau sein möchte. Denn hier ist die Gefahr besonders groß, dass Lernende sich alleine gelassen fühlen oder die Motivation fehlt.

Wir haben alternativ auch gute Erfahrungen damit gemacht, regelmäßig kurze Handlungsaufforderungen innerhalb der Videos einzubauen. Die Lernenden müssen also das Video nach Ansage kurz unterbrechen und eine kleine Aufgabe über ein Online-Tool erledigen oder mit vorher verschicktem Material arbeiten.