Menschen sind unheimlich individuell.
Und trotzdem haben wir so viel gemeinsam, dass es immer wieder den Versuch gibt, unsere Funktionsweisen auf Theorien und Modelle herunterzubrechen.
Schließlich gibt natürlich ebenso viele gemeinsame Nenner und auch für Lernbegleiter:innen kann sich ein Blick auf Lern- und Lehrmodelle immer lohnen.
Denn wenn wir Ansätze als Basis haben, können wir Veranstaltungen und didaktische Richtungen daran anlehnen und Lernprozesse besser gestalten.
Hast Du beispielsweise schon einmal vom TRTD-Modell gehört? Der Hintergrund des Modells soll besonders auf nachhaltiges Lernen abzielen.
Wofür die einzelnen Schritte stehen und was das Modell leisten kann, schauen wir uns heute an:
Was ist TRTD?
Bei TRTD handelt es sich offensichtlich um ein Akronym. Dabei stehen die einzelnen Buchstaben für diese 4 Schritte:
Think, Read, Talk, Do.
Die Grundidee ist, dass sich durch diese vier aufeinanderfolgenden Schritte das neue Wissen besonders gut vernetzen und festigen soll. Denn es baut darauf auf, dass wir einen immer stärker werdenden persönlichen Bezug zu den Inhalten finden.
Dabei gibt es einige Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche Implementierung des Ansatzes von Bedeutung sind:
- Lernen soll natürlich die Aufmerksamkeit anregen
- Lernen soll die Emotionen ansprechen
- Lernen soll sozial verankert werden
- Lernen soll umsetzungsorientiert sein
Wie Du hier bereits siehst, wird das Lernen auf verschiedenen Ebenen betrachtet und mündet vor allem auch in der Anwendung. Auf diese Weise soll die persönliche und inhaltliche Entwicklung besonders groß sein.
Diese vier Bedingungen für erfolgreiches und vor allem nachhaltiges Lernen spiegeln sich dann auch in den einzelnen Schritten wider:
Schritt 1: Think
Der erste Schritt im Modell ist tatsächlich ziemlich interessant und eher einzigartig für Lernmodelle.
„Think“, also das Denken, meint hier nicht nur den selbstverständlich notwendigen kognitiven Prozess während des Lernens.
Vielmehr geht es um das Bedürfnis oder den Auslöser für das Lernen. Wieso möchte jemand etwas lernen oder sich weiterentwickeln?
Denn mit dieser Überlegung startet ein Lernprozess schließlich. Wir suchen ein YouTube-Tutorial zu einem bestimmten Thema, weil uns gerade eine Frage oder ein Problem untergekommen ist.
In der Erwachsenenbildung müssen wir diesem ersten Schritt manchmal ein wenig bewusster auf die Sprünge helfen. Denn wir haben es schließlich durchaus mit Teilnehmenden zu tun, die eher weniger natürlich oder sogar im ersten Moment unfreiwillig zu uns kommen.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir diesen ersten Schritt und das Interesse an den Inhalten bzw. ihrem Nutzen gleich zu Beginn anregen!
Schritt 2: Read
Das Interesse ist also nun erfolgreich geweckt und jemand möchte sich mit neuem Wissen befassen – die perfekte Ausgangslage.
Jetzt muss dieses Momentum genutzt werden, indem Lernende einen ersten Zugang zu den entsprechenden Inhalten bekommen.
Vermutlich bietet sich in diesem Schritt eine Einzelarbeit am meisten an und das Material sollte ansprechend sein und nicht nur lange Texte beinhalten. Tatsächlich gelten mittlerweile eher kürzere Einheiten und Lernimpulse als lernförderlicher.
„Read“ ist also ein wenig allgemeiner zu verstehen als ein Sinnbild für eine intensivere Beschäftigung mit den Inhalten. Hier gibt es sicherlich eine Menge Gestaltungsfreiheit, was dieser Schritt tatsächlich praktisch beinhaltet.
Schritt 3: Talk
Da nun eine inhaltliche Basis geschaffen ist, sollten wir so bald wie möglich in den Austausch übergehen.
Die Interaktion mit anderen im sozialen Lernen ist ein unheimlich fruchtbarer Nährboden für Lernprozesse. Es gibt den Lernenden die Möglichkeit, das soeben aufgenommene Wissen zu reflektieren und gemeinsam zu erweitern.
Wenn wir Fragen stellen und beantworten, festigen wir das Gelernte ebenfalls besser. Gleichzeitig werden so auch offene Fragen mehr aufgedeckt, als wenn Teilnehmende nur in Einzelarbeit verbleiben.
Über eine Gruppe lernen wir immer auch neue Sichtweisen auf ein Thema kennen und erweitern Lern-Horizonte. Aus diesem Grund sind gerade auch heterogene Gruppen so lernförderlich und sollten keinesfalls von solchen Schritten ausgenommen werden!
Schritt 4: Do
Aus berufspädagogischer Sicht sicherlich mitunter der wichtigste Schritt eines jeden Lernprozesses.
Theoretisches Wissen muss mit Handlungen verknüpft werden, um den ganzen Mehrwert zu entfalten. Darüber hinaus verankert die Anwendung die Grundlagen ein weiteres Mal und erweitert sie praktisch um einen nächsten Baustein in unserem Gehirn.
Dieser letzte Schritt soll schließlich das erarbeitete Wissen abrunden und einen weiteren Zugang eröffnen, der das Gelernte zusätzlich vertieft.
Auf einen Blick
Das TRTD-Modell hat vier einzelne Schritte, die in einer logischen Abfolge natürlich motivieren und Wissen festigen sollen.
- Think: Lernbedürfnis und Interesse wecken
- Read: Zugang zu Inhalten
- Talk: Soziales Lernen und Reflektion in der Gruppe
- Do: Anwendung
Über die vier Schritte sollen vor allem auch verschiedene Zugänge geschaffen werden, etwa über aufeinanderfolgende Einzelarbeit, Gruppenarbeit und zuletzt praktische Anwendung.
Die Reihenfolge macht’s (?)
Die einzelnen Schritte sind für sich genommen wichtig, aber erst die Verknüpfung soll das Lernmodell so effektiv machen.
Die Reihenfolge der Schritte soll immer tiefgehender die Neugier und die Lernfreude wecken und auch Inhalte festigen. Grundsätzlich ist es bestimmt ein guter Ansatz, sich für Inhaltseinheiten mehr Zeit in der Tiefe zu nehmen.
Der Selbstbezug im ersten Schritt ist praktisch das Herzstück des Modells und wird von Weiterbildner:innen tatsächlich manchmal übersehen. Es ist so wichtig, dass wir einen persönlichen Bezug als Brücke zu unseren Inhalten schlagen, um ein organisches Lernbedürfnis zu wecken.
Lernmodelle sind jedoch am Ende des Tages immer nur eine Theorie, die uns Ansätze liefern kann. Wie ein Modell in der Praxis aussehen könnte, ist eine ganz andere Frage.
Unter Umständen ist in der Umsetzung eine solche stringente Reihenfolge nicht immer nötig oder eine stärkere Verschränkung denkbar. Gerade der letzte Schritt im TRTD-Modell, also das „Do“, sollte vermutlich mehr und an verschiedenen Stellen integriert werden.
Denn das letztendliche Anwendungswissen ist besonders wichtig und sollte daher so wenig losgelöst von Theorie entstehen wie irgend möglich. Daher könnten beispielsweise Schritt 3 und 4 bereits überlagert werden, indem eine anwendungsorientierte Gruppenaufgabe gestellt wird.
Was hältst Du von diesem Modell? Wo siehst Du Stärken, Potenzial für Ergänzungen oder Schwachstellen?