Neue Studie: Unterricht wirkt langfristig auf kognitive Fähigkeiten!

Wir besprechen auf diesem Blog häufig, wie wir unsere Lernenden auf diverse Weisen mit guter Weiterbildung auch langfristig beeinflussen können.

In den letzten Wochen hat uns nun eine neue Studie weiteren Aufschluss darüber gegeben, wie einflussreich Lernen und Lehren wirklich sein kann.

Wissenschaftlerinnen der Columbia University in New York haben in einer Studie aufgezeigt, wie stark sich die Unterrichtsqualität in jungen Jahren auf die späteren Erwachsenen auswirken kann.

Auch wenn die Voraussetzungen dieser Studie nicht vollständig übertragbar sind, so liefert sie doch mögliche Hinweise für eine wichtige Erkenntnis:

Guter Unterricht bewirkt etwas!

Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich allerdings auch, dass „schlechter“ Unterricht oder weniger gute Weiterbildung noch weitreichendere Folgen haben können als eventuell gedacht.

Doch was bedeutet eigentlich gut oder schlecht und was hat die Studie genau herausgefunden? Wir fassen die Ergebnisse zusammen und besprechen die Bedeutung für die Erwachsenenbildung:

Die Ausgangslage der Studie

Die besagte Studie wurde an der Columbia University von Jennifer Manly und ihrer Doktorandin Dominika Šeblová durchgeführt. Manly ist als Hauptautorin Professorin für Neuropsychologie an der New Yorker Universität.

Es gab insgesamt über 2200 erwachsene Teilnehmende. Diese Proband:innen waren Menschen, die in den 1960er-Jahren eine amerikanische Highschool besucht hatten.

Es wurden zwei Datensätze (einer aus den 1960er Jahren und eine Folgestudie) verwendet, sowie verschiedene Messgrößen für die Leistungen zum heutigen Zeitpunkt erhoben – also fast 60 Jahre nach dem Schulbesuch der Teilnehmenden.

Die zentrale Frage war:

Gibt es eine Korrelation zwischen der damaligen Schul- und Unterrichtsqualität und der heutigen kognitiven Leistung?

Die wichtigsten Ergebnisse

Das für unsere Zwecke wichtigste Ergebnis lässt sich so zusammenfassen:

Die Wissenschaftlerinnen sehen einen Zusammenhang zwischen der damaligen Unterrichtsqualität und der heutigen Leistungsfähigkeit in vielen Teilen bestätigt.

Unsere Studie stellt einen Zusammenhang zwischen qualitativ hochwertiger Bildung und besseren kognitiven Fähigkeiten im späteren Leben her und legt nahe, dass verstärkte Investitionen in Schulen […] eine wirksame Strategie zur Verbesserung der kognitiven Gesundheit älterer Erwachsener in den Vereinigten Staaten sein könnten

Jennifer Manly

Die Wissenschaftlerinnen stellten einen besonders großen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Lehrer:innen mit Hochschulabschluss an der jeweiligen Schule und den späteren Fähigkeiten fest.

Dabei erhoben sie unter anderem bei Teilnehmenden die eine „bessere“ Schule besucht hatten, eine höhere sprachliche Gewandtheit. Nach Ansicht der Forscherinnen gibt es einige Gründe für diese Zusammenhänge, die sich im späteren Leben zeigen.

Der Unterricht, der von erfahreneren und sachkundigeren Lehrern erteilt wird, könnte intellektuell anregender sein und zusätzliche neuronale oder kognitive Vorteile bieten

Dominika Šeblová

Außerdem seien auch weitere Kontexte denkbar, die im Besuch der jeweiligen Highschool ihren Anfang genommen haben könnten. Ein besserer Highschool-Abschluss könnte beispielsweise in der Folge auch zu besseren Universitäten, höherem Einkommen und damit mehr Zugängen zu Bildung geführt haben.

Darüber hinaus besprechen die Autorinnen auch weitere interessante gesellschaftliche Zusammenhänge, wie etwa den Aspekt der sozialen Benachteiligung und der ethnischen Zugehörigkeit. Du kannst Dir >>hier die Studie im Original selbst genauer anschauen.

Was und wie viel sagen die Ergebnisse aus?

Natürlich ist eine auf diese Weise angelegte Studie nur bedingt übertragbar und aussagefähig. Einerseits handelt es sich um eine amerikanische Untersuchung, andererseits betrachtet sie naturgemäß einen sehr weit zurückliegenden Zeitraum.

Was genau definiert man als Unterrichtsqualität und ist dies wirklich eine Korrelation zur vermeintlich besseren Ausbildung der Lehrer:innen von damals?

Es ist fraglich, wie viele Faktoren hier eventuell ausgeklammert oder sehr vereinfacht betrachtet werden. Außerdem geht es hier natürlich um die Auswirkung des Unterrichts, den Jugendliche erfahren haben, auf die späteren Erwachsenen.

Falls diese Korrelationen tatsächlich bestehen würden, wären eventuelle Auswirkungen von Weiterbildung im späteren Leben vermutlich nicht mehr in diesem Maße einflussreich. Dennoch ist die Studie interessant, um über diese Fragen zu sprechen.

Wir werden hier nicht die gesamte Ausgangslage und mögliche Problematik der Studie bewerten können, sondern uns eher mit den Implikationen auseinandersetzen. Dennoch wollen wir natürlich auch darauf hinweisen, dass diese Studie eher als Anhaltspunkt zu verstehen ist.

Wir nehmen heute die Ergebnisse eher als Gedankenanstoß, um daraus unser eigenes Fazit abzuleiten:

Weiterbildung für Weiterbildner:innen

Wichtig ist nämlich eigentlich nur dieses Fazit: Gute Lehrende können noch mehr positiven Einfluss auf ihre Lernenden nehmen und das eventuell sogar sehr langfristig!

Diese Korrelation lässt sich grundsätzlich vermutlich durchaus unterschreiben.

Das bedeutet keinesfalls, dass Lehrende ohne formelle Ausbildung keinen qualitativ hochwertigen Unterricht gestalten können. Gerade in der heutigen Zeit bilden sich schließlich so viele Menschen auch informell weiter oder haben Zugriff auf geteiltes Wissen und Materialien über Onlinequellen.

Doch generell ist schon davon auszugehen, dass ausgebildete Lernbegleiter:innen ein besonders gutes Verständnis für Lernprozesse und ihre Gestaltung haben.

Im Rahmen dieser Studie wurde der Zusammenhang zu einem Hochschulabschluss erhoben – vermutlich auch, weil dies im Bezug auf die damalige Situation einer der am besten messbaren Faktoren war.

Im Hier und Jetzt

Wir wissen, dass es heutzutage für Lehrende einige Optionen gibt, die nicht über einen traditionellen Hochschulabschluss laufen müssen. Tatsächlich werden hier manchmal sogar noch methodische Ansätze vertreten, die wesentlich weniger handlungsorientiert sind.

Denn auch etwa im Rahmen der Fortbildung zu IHK-geprüften Berufspädagog:innen ist es möglich, einen Abschluss auf Master-Niveau zu erlangen und viele pädagogische Hintergründe zu erlernen. Und wenn man der besprochenen Studie zumindest im Ansatz Glauben schenken will, kann dies zu besserem Unterricht und einem dauerhaften Einfluss führen.

Egal ob Hochschule, Aufstiegsfortbildung, Quereinstieg oder Autodidaktik – dieses Fazit wollen wir zuletzt festhalten:

Weiterbildner:innen müssen sich weiterbilden und sich kontinuierlich um die Qualität ihres Unterrichts bemühen!

Denn was wir unseren Lernenden heute mitgeben, kann sich für Jahre auf sie auswirken. Wenn wir ihnen etwa im Rahmen unserer Weiterbildung wichtige Lernstrategien für das lebenslange Lernen vermitteln, kann dies – ohne zu dramatisch werden zu wollen – ihren Ausblick auf das Leben verändern.

Was hältst Du von dieser Studie, ihren Ergebnissen und dem Fazit daraus?

Falls Du gerade auf der Suche nach einer Fortbildung für Lernbegleiter:innen bist, die ganz um Handlungsorientierung zentriert ist, kannst Du jederzeit >>persönlich mit Andrea sprechen – der nächste Masterkurs startet im Juli!

Pausen sind keine verschwendete Lernzeit!

Wir machen uns oft und viele Gedanken über die Gestaltung der Lerneinheiten. Dabei sind die Pausen vielleicht eher etwas, das nebenbei geschieht.

Eventuell sind sie für Dich manchmal sogar eher ein notwendiges Übel, da sie insbesondere Online noch häufiger eingeplant werden müssen. Und wenn Deine Online-Tage ohnehin schon kürzer sind, dann kann Dir die Pausenzeit schon mal wie vertane Zeit vorkommen.

Dabei zeigen aktuelle Studien, dass Pausen genauso wichtig sind wie die eigentlichen Lerninhalte. Denn erst in der Pause können wir unser neues Wissen erst wirklich reflektieren und somit festigen. Folgt dann eine erneute Wiederholung, wird das Gelernte wirklich abgespeichert.

Wiederholung ist essentiell

Der Spacing- oder auch Intervall-Effekt besagt, dass wir uns an länger zurückliegende Dinge schlechter erinnern. Dieses Phänomen kann vermutlich auch jeder von uns bestätigen. Genau aus diesem Grund sind regelmäßige Wiederholungen so wichtig, um Wissen langfristig abrufbar zu halten.

Beim Erlernen neuer Fähigkeiten arbeitet das Gehirn auch während der Pausenzeiten weiter, ohne dass wir uns dessen wirklich bewusst sind. Die erneute Aktivierung der entsprechenden Synapsen stärkt dann die Verbindungen. Am besten ist es sogar, wenn diese Reaktivierung in Form von Handlungskompetenz erfolgt.

Eine besonders effektive Aufstellung kann also wie folgt aussehen: Lernen – Pause – Anwenden – Pause – Lernen – Pause – Anwenden

Ein Konzept wie das Microlearning eignet sich daher ideal für eine Maximierung dieses Effekts. Beim Microlearning sollen kompakte Lernimpulse gegeben werden, die dadurch besonders effektiv sein können. Wenn Du mehr über die Umsetzung von Microlearning erfahren möchtest, kannst Du unseren Artikel hier lesen.

Eine aktuelle Studie zeigt, wie wichtig Lernpausen sind

Erst dieses Jahr hat eine Studie des amerikanischen National Institute of Neurological Disorders and Stroke nachgewiesen, wie unser Gehirn in Pausen arbeitet. Die gesamte Studie im englischen Original findest Du hier zur Einsicht, aber wir fassen die Ergebnisse nun einmal kompakt zusammen:

Während des gesamten Experiments wurden die Gehirnströme der Proband*innen gemessen und so konnte veranschaulicht werden, wie das Erlernen einer (hier sehr einfachen) Fähigkeit abläuft.

Die Testpersonen mussten immer 10 Sekunden eine Tätigkeit ausführen und im Anschluss 10 Sekunden pausieren bevor sie die Tätigkeit erneut ausführen. Die Gehirnströme zeigen dabei: Während der Pausenzeiten erhöht sich unser Kompetenzlevel sogar erheblich mehr!

Darstellung basierend auf der Studie Consolidation of human skill linked to hippocampo-neocortical replay, Juni 2021: Quelle

Auch wenn wir während der Pausenzeiten nicht aktiv lernen, verarbeitet das Gehirn die vielfältigen neuen Informationen. Das nennen die Forscher*innen hier Waking Replay, was soviel bedeutet wie „Wiederholung im Wachzustand“.

Der Begriff grenzt damit von der bereits bekannten Wiederholung im Schlaf ab. Du hast sicherlich schon mal davon gehört, dass unser Gehirn während wir schlafen alles andere als inaktiv ist. Wir lassen die Informationen des Tages Revue passieren und hier entscheidet sich auch, was abgespeichert und was aussortiert wird.

Einen ähnlichen Effekt konnte die Studie nun also auch während der Pausenzeiten nachweisen. Nur können wir hier sogar noch effektiver damit arbeiten und die Lern- und Pausenzeiten verknüpfen.

Was ist also gute Pausengestaltung?

Wie sorgst Du also dafür, dass Deine Pausen diesen Effekten besonders viel Raum geben? Da eine Pause dem Gehirn wirklich Zeit zur Reflexion geben muss, sollten eventuelle Aktivitäten wenig komplex sein.

Heißt, eher keine aufwendigen Spiele mit vielen Regeln. Was sich immer eignet, ist dagegen etwas leichte Bewegung. Gemeinsame Yoga- oder Stretching-Übungen können nicht nur entspannen, sondern auch den gesamten Körper wieder mit neuer Energie versorgen. In Online-Formaten eignet sich allgemein alles, was den Fokus kurzzeitig weg vom Bildschirm lenkt.

Wenn eine Art Pausen-Routine entsteht, ist das sogar noch besser. Denn die vertraute Wiederholung einfacher Muster ist fast wie Meditation und erfordert kaum aktives Bewusstsein. So bekommt das Gehirn eine Pause von neuem Wissen und kann sich der Aufarbeitung widmen.

Insgesamt kannst Du Deine Veranstaltungen auch immer auf allgemeine Planung überprüfen: Gibt es in verschiedenen Intervallen Wiederholungen? Sind die einzelnen Einheiten knackig genug? Gibt es ausreichend Pausen, also wertvolle Reflexionszeit?

Und wer weiß, vielleicht planst Du ja auf Basis dieses neuen Wissens in Zukunft sogar lieber Pausen ein. Denn sie sind erwiesenermaßen keine verschwendete Lernzeit!