Wie sehr beeinflusst unser Mindset den Lernerfolg?

Lernmethoden, Lernstrategien, Lernpfade und -formate.

Alles sehr wichtige Überlegungen, die einen großen Unterschied für das Lernen und Lehren machen können.

Doch was ist eigentlich mit unserer Einstellung? Wie groß kann der Einfluss des Mindsets auf einen Lernerfolg sein?

Es ist wohl kein Geheimnis, dass unsere Psyche und verschiedene Gefühle unsere Leistungen beeinflussen können.

Doch wie mächtig kann die Kraft der Gedanken tatsächlich sein?

Ein persönliches Beispiel

Ich hatte fast meine ganze Schulzeit die innere Einstellung, dass ich nicht gut in Mathematik bin.

Ich hatte bereits in jungen Jahren eine stärkere Neigung zu sprachlichen Fächern und hatte im Umkehrschluss das Gefühl, dass ich in Mathe und Naturwissenschaften nicht gut sein könnte. Denn sie fielen mir im Vergleich einfach nicht so leicht.

Tatsächlich wurden meine Mathe-Noten später auch kontinuierlich schlechter.

In der Oberstufe nahm ich dann schließlich eine gruppenbasierte Mathe-Nachhilfe in Anspruch, zu der ich mehrfach in der Woche ging. Mein Nachhilfelehrer hatte einen anderen Ansatz und vor allem fühlte ich mich in einer Gruppe von “Mathe Losern” und mehr Einzelzeit wohler als in einer Klasse mit vielen anderen Schüler:innen.

Mein Verständnis und meine Noten verbesserten sich radikal und am Ende wählte ich Mathe sogar als eines meiner Abitur-Fächer. Ich schloss übrigens tatsächlich mit einer 1- ab, aber das nur am Rande 😉

Wie viel Einfluss hatte also die innere Einstellung und die daraus folgende Resignation auf meine schlechter werdenden Noten?

War ich überhaupt jemals wirklich “schlecht in Mathe”? Denn auf dem Papier war der Lernerfolg schließlich nicht mehr zu leugnen.

Am Ende hatte ich natürlich niemals wirklich dieselbe Lernfreude in Mathematik wie in anderen Fächern, es war mehr eine zu bewältigende Aufgabe. Aber ich konnte sie bewältigen – das ist der Ausgangspunkt für die heutige Diskussion.

Wie sehr hemmt uns eine schlechte Einstellung?

Natürlich sagt niemand, dass wir mit ein paar positiven Gedanken unsere Leistungsfähigkeit signifikant erhöhen.

Mein Beispiel zeigt schließlich eher, wie viel Arbeit hinter dem letztendlichen Erfolg gestanden hat. Doch die Frage ist:

Wie sehr hatte die Einstellung “Ich bin nicht gut in Mathe” damit zu tun, dass die Noten ursprünglich immer schlechter wurden?

Ich denke, dass diese vorgefasste Meinung viel damit zu tun hatte, dass ich schneller resigniert und dem Fach immer weniger aktive Aufmerksamkeit gewidmet habe. Denn es hätte sich ja sowieso nicht gelohnt, ich verstehe diese Dinge einfach nicht.

Doch mit den verbesserten Noten ging auch ein neues Selbstverständnis einher, mehr Selbstvertrauen und eine andere Perspektive. Wenn wir jemand in der 9. Klasse gesagt hätte, dass ich Mathematik freiwillig als Abitur-Fach wählen würde, hätte ich wohl herzhaft gelacht.

Vermutlich werden viele Lernende, auch Erwachsene, von diesen vorgefassten Mindsets zurückgehalten. Sie blockieren im Lernprozess, weil sie aus einer Jahrzehnte zurückliegenden Erfahrung heraus glauben, dass sie irgendwo eine Schwäche haben.

Und wenn diese Einstellungen sehr festgefahren sind, kann es selbstverständlich länger dauern, sie zu lockern.

Lernerfolg macht süchtig!

Aus diesem Grund ist es so wichtig, Lernerfolge zu schaffen, selbst kleinere.

Sie motivieren, machen Lust auf mehr Lernfreude und haben – ohne dass wir es wissen – eventuell einen großen Einfluss auf das Selbstbild der Lernenden.

Denn wenn wir beispielsweise eine Gruppe mit niedriger digitaler Kompetenz langsam an Online-Lernerfolge heranführen, werden sie langsam selbstbewusster.

Sie sind vielleicht mit der inneren Einstellung in eine Weiterbildung gekommen, dass ihnen das Thema nicht liegt oder dass sie schon zu alt dafür sind. Unter Umständen lehnen sie eine Maßnahme sogar offen ab, da sie nicht auf freiwilliger Basis geschieht.

Diese Einstellungen sind häufig einfach nur Unsicherheit. Und wir möchten unser Selbstbild davor schützen, weitere Misserfolge zu erfahren.

Es wäre “einfacher” für mich gewesen, zu resignieren als zur Nachhilfe zu gehen und mich meinen Defiziten zu stellen. Wir möchten uns gerade in einer Gruppe oder einem Klassenverband nicht blamieren.

Das ist ein weiterer Grund, aus dem Lernende ihre Fragen nicht offen stellen oder Wissenslücken überspielen. Wir müssen also von Beginn an dafür sorgen, dass wir gemeinsam als Gruppe eine offene Lern- und auch Fehlerkultur schaffen.

Die Macht des Selbstkonzepts

Was wir über uns selbst denken, kann ein fragiles Gebilde sein. Es kann uns aber auch große Stärke verleihen – wenn wir die entsprechenden Faktoren verstärken.

Mein Beispiel hat mich zum Glück früh im Leben gelehrt, dass ich im Prinzip alles lernen kann. Manche Dinge brauchen wesentlich mehr Lernleistung als andere – und das ist in Ordnung!

Es ist nie zu spät, Lernenden diese Erfahrung zu erlauben.

Unser Selbstbild hat verschiedene Schichten. Darin enthalten sind zum Beispiel soziale, emotionale und auch akademische Dimensionen.

Viele erwachsene Lernende empfinden diese akademische Perspektive ihres Selbstkonzepts als eine eher schwächere. Sie halten sich selbst nicht für leistungsfähig oder intelligent genug.

Diese innere Einstellung ist beinahe wie eine selbsterfüllende Prophezeiung und behindert oftmals unser Wachstum.

Denn gerade “Intelligenz” wird als unveränderliche Kennzahl empfunden, auf die wir kaum Einfluss haben. Diese deterministische Einstellung kann verhindern, dass wir uns auf die Lernziele wirklich einlassen.

Wir sind zu sehr an Leistungsziele gewöhnt und halten gleichzeitig unser Selbstbild für zu statisch. Doch wenn wir Lernenden eben positive Erfahrungen in einer lernförderlichen Umgebung erlauben, können wir langsam große Veränderung bewirken!

Hast Du eine ähnliche oder vielleicht ganz andere Erfahrung mit dem Thema Leistung und Selbstkonzept in Deinem Leben gemacht? Wir freuen uns von Dir zu hören!

Haben unsere Teilnehmenden sich verändert?

Die anhaltende Covid-Krise hat uns alle auf viele verschiedene Arten beeinträchtigt. Wechselnde Bestimmungen, Sorgen und für viele Menschen auch das Gefühl der Isolation.

Bei einem unserer letzten Live Coachings berichtete eine erfahrene Trainerin, dass ihr bei einem ihrer ersten Präsenz-Termine nach einer Weile auch eine deutliche Veränderung unter ihren Teilnehmer*innen aufgefallen sei.

Auch wenn sie als Trainerin happy war, dass es endlich wieder Präsenz gab, hatte sie das Gefühl, dass die Stimmung in den Lerngruppen insgesamt trotzdem gedrückt war. Einzelne seien sogar deutlich sichtbar von negativen Gefühlen geplagt worden.

Natürlich kannst Du sagen, dass Du als Trainer*in nicht Therapeut*in bist, aber: Teilnehmer*innen, die mit solchen Gefühlen beschäftigt sind, sind natürlich nicht offen für ein echtes Lernerlebnis. Auch die Gruppendynamik leidet darunter. Es ist daher durchaus in Deinem Interesse, dass die Grundstimmung positiv ist.

Haben die letzten 2 Jahre uns und unsere Lernenden also vielleicht so nachhaltig beeinflusst, dass wir auf die psychische Verfassung unserer Gruppen noch mehr eingehen müssen?

Wie kannst Du als Trainer*in dafür sorgen, dass Du die Grundstimmung anhebst und mehr auf diese Faktoren eingehst? Denn nur negative Entwicklungen festzustellen, reicht uns natürlich nicht, wir suchen nach konkreten Lösungen:

Lösungsansatz 1: Isolation

Menschen, die allein leben, waren in letzter Zeit besonders viel allein. Und selbst Menschen, die zusammenleben, wollten sich wohl nach Lockdown X irgendwann nur noch aus dem Weg gehen. Außerdem fehlen vielen natürlich die freundschaftlichen Kontakte außerhalb des häuslichen Umfelds.

Daher hast Du in Deinen Seminaren vermutlich viele Teilnehmer*innen sitzen, die sich dringend austauschen müssen. Dabei musst Du keine wertvolle Lernzeit abziehen, sondern eher während der Pausen und zwischendurch die Interaktion bewusst anschubsen.

Dafür gibt es einige Wege:

1. Austausch-Plattform bereitstellen oder anregen

Die Zeit während des Seminars ist schön und gut, aber der informelle Austausch kann sich natürlich erst außerhalb der Arbeitsphasen wirklich entfalten. Erstelle für Deine Teilnehmer*innen direkt eine Austausch-Gruppe oder gib Ihnen die Aufgabe, eine zu bilden. Da musst Du auch nicht unbedingt dabei sein, sie können gerne ihre eigene Whatsapp-oder Telegram-Gruppe aufmachen.

2. Gemeinsame Aktivitäten und Gruppenarbeit

Es kann die Gruppendynamik besonders stärken, wenn gemeinsame Übungen durchgeführt werden, auch gerne während der Pausen. Da viele Lernende vermutlich relativ gestresst sind, bieten sich auch Entspannungs- oder Meditationseinheiten an.

Kollaboratives und soziales Lernen ist Online ohnehin wichtig, aber insbesondere bei bedrückten Lerngruppen kann es sehr wirksam sein.

Anstatt alle in den Pausen ihrer Wege gehen zu lassen, kannst Du auch einen (virtuellen) Pausenraum öffnen, in dem sich die Gruppe locker austauschen kann. Eventuell am besten ganz ohne Deine Anwesenheit 😉 Du kannst sie dafür zum Beispiel auch auf eine andere Plattform (z.B. wonder.me) schicken.

Lösungsansatz 2: Zu wenig individuelle Betreuung

In Lerngruppen ist natürlich nicht immer Zeit, auf jedes Mitglied individuell einzugehen. Dabei brauchen das aktuell viele Lernende wahrscheinlich besonders. Wie kannst Du für mehr Individualität sorgen?

1. Kleinere Gruppen

Wenn Du auf diesen Faktor Einfluss hast, kann es sich lohnen, die Lerngruppe überschaubar zu halten. So kannst Du die Bedürfnisse der einzelnen Lernenden wesentlich besser im Blick behalten und Dir auch die Zeit nehmen, auf diese einzugehen.

Falls Du die Gesamtgruppengröße nicht festlegen kannst, achte auf die Gruppengrößen bei den Arbeitsphasen. In Kleingruppen können die Gruppenmitglieder besser aufeinander eingehen und auch zurückhaltende Teilnehmer*innen beteiligen sich eher.

2. Offener Dialog

Vielleicht merkst Du wie unsere Trainerin letztens, dass einzelne Teilnehmer*innen besonders abwesend oder bedrückt erscheinen. Dies offen (und im Einzelgespräch!) anzusprechen, kann hilfreich sein.

Selbstverständlich respektierst Du dann aber auch die persönlichen Grenzen, wenn jemand nicht über seine privaten Gefühle sprechen möchte. Aber Du wirst vielleicht überrascht sein, wie viele Menschen sich öffnen, wenn sie einfach mal ehrlich gefragt werden, wie es ihnen geht.

Lösungsansatz 3: Grundstimmung anheben

Viele von uns können einen Serotonin-Schub gut gebrauchen. Zum Glück gibt es einige Wege, wie wir unser Gehirn mit positiven Impulsen versorgen können:

1. Bewegung

Hier gibt es einige Möglichkeiten: Gemeinsame Stretching-Übungen während der Pausen oder Energizer, die ein Aufstehen erfordern. Das Thema Energizer ist insgesamt bei schlappen Lerngruppen besonders wichtig. Regelmäßige Energizer geben dem Gehirn einen Reset und nehmen den Fokus kurz von vielleicht ernsteren Lerninhalten.

Es muss aber nicht unbedingt sportliche Betätigung sein: Du kannst Deine Teilnehmer*innen auch einfach zu einem kleinen Spaziergang nach draußen schicken. Das kannst Du sogar auch noch mit einer Walk&Talk Einheit verbinden und so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. So bekommen die Lernenden eine Dosis frische Luft und können sich gleichzeitig noch ein wenig austauschen.

2. Lernraum angenehmer gestalten

Über die Lernumgebung hast Du bei Online-Formaten oft wenig Kontrolle. Und leider haben viele Lernende tatsächlich viele Ablenkungen in Form von Mitbewohner*innen, Kindern oder Lautstärke.

Dennoch kannst Du hier Hilfestellung geben: Du kannst das Thema direkt zu Beginn ansprechen und Tipps für einen besseren Lernraum geben. Falls möglich kannst Du sogar im Vorfeld Päckchen schicken, die kleine Aufmerksamkeiten enthalten.

Denn im Übrigen können auch alleine haptische Impulse bei langen Online-Einheiten die Stimmung heben!

Hast Du einen Lösungsansatz, wie Du mit bedrückten Teilnehmer*innen oder Lerngruppen umgehst? Wir freuen uns, von Deine Erfahrungen und Tipps zu hören!