Prüfungen – ein Stichwort, das bei vielen Menschen noch immer Stress auslöst, selbst wenn sie schon lange aus der Schule oder weiterführenden Bildung raus sind.
Und dennoch sind sie für viele Dozent:innen und Weiterbildner:innen ein fester Bestandteil ihrer Veranstaltungen.
Wir kennen das beispielsweise aus der Weiterbildung für geprüfte Berufspädagog:innen. Die Weiterbildung geht über zwei Jahre und in dieser Zeit gibt sich Andrea als Lernbegleiterin alle Mühe, dass die Inhalte und Methoden handlungsorientiert sind.
Und dennoch steht am Ende für die Teilnehmer:innen unter anderem eine unabhängige IHK-Prüfung, auf der nochmal eine Menge Gewicht liegt.
Auf eine zentralisierte Prüfung hast Du oftmals wenig Einfluss und so kannst Du Deine Lernenden nur so gut wie möglich darauf vorbereiten.
Prüfungsangst ist tatsächlich ziemlich weit verbreitet und kann selbst bei Deinen motiviertesten Teilnehmer:innen Blockaden auslösen.
Wie kannst Du als Lernbegleiter:in in der Prüfungsvorbereitung dabei helfen, dass die Lernenden ihre beste Leistung zeigen können?
Das Problem mit der Prüfung
Prüfungen sind eine Form der extrinsischen Motivation. Diese Art der Motivation kommt also von außen und hat weniger mit den persönlichen Faktoren zu tun.
Extrinsische Motivation ist in vielen Fällen weniger lernförderlich und kann eher Druck verursachen.
Denn in einer Prüfung fühlt es sich an, als würde eine Veranstaltung kulminieren und plötzlich muss man auf den Punkt alles aus 2 Jahren können und wissen.
Außerdem sind sie oftmals mit (Abschluss)Noten verbunden, die beispielsweise den weiteren Karriereverlauf beeinflussen können.
Kein Wunder also, dass Teilnehmer:innen Muffensausen bekommen und am Ende oft schlechter abschneiden als erwartet.
So viele Infos wie möglich
Natürlich kannst Du Deiner Lerngruppe nicht die genauen Prüfungsfragen vorgeben, selbst wenn Du sie kennen würdest.
In vielen Fällen kannst Du ihnen aber gute Beispiele an die Hand geben oder thematisch eingrenzen.
Wenn es eine Abschlussarbeit- oder ein -projekt gibt, kannst Du ihnen Beispiele vorheriger Teilnehmer:innen zeigen.
So können sie sich die Anforderungen viel besser vorstellen und ein genaueres Gefühl für die Aufgabe bekommen. Das wird schon deutlich zu ihrer Beruhigung beitragen, da sie sich grob an etwas orientieren können.
Erzähle von den Erfahrungen vergangener Prüfungen und gib der Gruppe so viele Details über den Ablauf wie möglich.
Wer wird ihnen gegenübersitzen und was weißt Du über die Prüfer:innen? Wie gestaltet sich der zeitliche Ablauf ungefähr, in welchem Raum werden sie sein?
Je weniger sie im Dunkeln sind, desto ruhiger werden sie am Prüfungstag sein.
Den Ernstfall simulieren
Mündliche Prüfungen sind für die meisten Teilnehmer:innen ein besonderer Horror. Denn vor einem Plenum aus Prüfer:innen kann man noch weniger nachdenken und die mentalen Blockaden sind oft noch stärker.
Eine gute Möglichkeit, etwas Prüfungsstress zu reduzieren, ist die Simulation dieser besonderen Situation.
Du kannst diese Simulationen sogar in regelmäßigem Abstand durchführen, so baust Du etwas von der Angst über die Zeit ab und nicht erst kurz vorher.
Selbstverständlich liegt auf dem Ernstfall Prüfung nochmal ein ganz anderer Druck, aber die Vorbereitung durch Simulation kann trotzdem effektiv einen Teil davon nehmen.
In vielen Fällen der freiwilligen Erwachsenenbildung raten wir eher davon ab, regelmäßig Leistungsüberprüfungen in Form von verbindlichen Tests oder Prüfungen durchzuführen – da wir eher intrinsisch und natürlich motivieren wollen.
Doch wenn Du Dozent:in für offizielle oder akademische Abschlüsse bist, kann der Fall anders liegen. Dann können Zwischenprüfungen in der Art der tatsächlichen Prüfung denselben Effekt wie eine Simulation haben.
Die Teilnehmer:innen können sich an das Format gewöhnen und werden dann in der Abschlussprüfung hoffentlich weniger von der Situation beeinflusst.
Wenn Deine Veranstaltung mit einem Projekt endet, kannst Du etwa auch die einzelnen Module mit einem ähnlichen Projekt in kleinerem Umfang beenden. So können sie sich in Ruhe mit den Anforderungen vertraut machen oder zum Beispiel das richtige Zitieren üben.
Rechtzeitig anfangen
Die Prüfungsvorbereitung sollte die Lernenden nicht plötzlich zum Schluss überfallen.
Regelmäßige Wiederholungen der prüfungsrelevanten Themen sind immer eine gute Idee. Je mehr du den Weg zur Prüfung in den Weiterbildungsplan einbaust, desto besser können die Lernenden mitkommen.
Wenn Du Deine Weiterbildung grundsätzlich ohne einen Prüfungsdruck gestalten willst, neigst Du vielleicht zum Gegenteil. Wir wollen uns am liebsten auf die Inhalte konzentrieren und handlungsorientiert lernen, dann wird die Prüfung schon klappen.
Aber wir sind ja auch nicht diejenigen, die sie ablegen müssen. Du musst nicht an jeder Ecke an die Prüfung erinnern, aber sie komplett auszublenden kann die Angst am Ende eher noch schüren.
Du kannst sie auch dabei unterstützen, wie sie sich das für die Prüfung nötige Wissen am besten merken. Denn je besser sich die Lernenden vorbereitet fühlen, desto weniger Angst kann sich im Vorfeld ausbreiten.
Besprich‘ mit ihnen zum Beispiel bestimmte Mnemotechniken, also Merkhilfen und Eselsbrücken, für die wichtigsten Fakten und Begriffe.
Du kannst die Gruppe auch anregen, dass sie rechtzeitig eine gesonderte Lerngruppe bilden, in der sie bei Bedarf noch zusätzlich wiederholen können.
Techniken für einen ruhigeren Ablauf
Der Erfolgs- und Leistungsdruck, der hinter einer Prüfung steht, blockiert unser logisches Denken.
Daher können besonders prüfungsangstanfällige Lernende von mentalen Techniken profitieren, die etwas davon nehmen können.
Wenn unser Gehirn zu heiß läuft, können wir mit kleinen körperlichen Impulsen einen Reset erzeugen.
Viele Übungen können wir auch jederzeit ausführen, ohne dass sie andere stören oder sogar ohne dass sie von außen zu sehen sind.
Beispiel:
Konzentriere Dich zum Beispiel für 10 Sekunden ganz aktiv und bewusst auf Deine Zehen und spanne sie an. Selbst ein so kleiner Reiz kann uns wieder zentrieren und negative Gedanken unterbrechen.
Es kann ebenfalls helfen, wenn Du mit der Gruppe über Techniken sprichst, die sie anwenden können, wenn sie mal festhängen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich mit den individuell leichteren Aufgaben anzufangen. Wenn sie spontan viele Ideen zu einer Aufgabe haben, sollten sie direkt damit anfangen.
So arbeitet man direkt zu Beginn etwas ab (=Punkte), verschafft sich etwas Ruhe und ein kleines Erfolgsgefühl für den weiteren Verlauf.
Wenn man an einer Aufgabe oder Frage festhängt, sollte man sich nicht zu lange daran aufhalten und lieber mit etwas anderem weitermachen. So verhindert man, dass sich Panik ausbreitet und den Kopf komplett blockiert.
Aus diesem Gefühl heraus können wir nämlich nicht mehr unsere beste kognitive Leistung bringen und es passieren mehr Unkonzentriertheiten, wir überlesen Dinge oder missverstehen eine Aufgabe.
Denn das Wissen ist nicht „weg“, wir können nur in einem so aufgeregten Zustand nicht darauf zugreifen. Sobald wir uns etwas entspannen, können wir das Wissen wieder aktivieren.
Wie gestaltest Du die Prüfungsvorbereitung und hast Du besondere Tipps für Deine Lernenden?