Die Kommunikation über Konferenz-Softwares ist für viele von uns zu einem festen Bestandteil des Alltags geworden.
Viele erfahrene Trainer*innen haben seitdem dennoch berichtet, dass sie vor Online-Veranstaltungen eine besondere Art der Aufregung verspüren.
Aber woran liegt das?
Man sollte doch meinen, dass Trainer*innen und Coaches diese Situationen tausendfach erlebt haben und kein Problem mit dem freien Sprechen und Präsentieren haben.
Tatsächlich lässt sich Zoom Lampenfieber aber sowohl bei Trainer*innen als auch bei Teilnehmer*innen beobachten.
Wir erklären daher, woher diese gesteigerte Unsicherheit kommen, und wie man ihr gezielt entgegenwirken kann.
Woher kommt digitales Lampenfieber?
Diese spezielle Aufregung, von der einige Trainer*innen und Teilnehmer*innen berichten, tritt im Zusammenhang mit dem Auftreten vor der Kamera auf. Dazu zählt auch die Aufnahme von Werbe- oder Marketingvideos, die sich für viele besonders unnatürlich anfühlen können.
Die virtuelle Situation und das technische Setup sind dabei für viele Präsenz-Profis so ungewohnt, dass sie sich nicht so kompetent und heimisch wie üblich fühlen.
Zudem fehlt vielen Coaches und Trainer*innen der direkte Bezug zu ihren Zuhörer*innen und vor allem deren nonverbale Reaktionen, auf die sie in Präsenz ihre Vorgehensweise abstimmen.
Manchmal hast Du als Trainer*in einfach nicht das Gefühl, dass Du durch eine Kamera wirklich mit Menschen sprichst. Wenn uns diese Tatsache zu stark bewusst wird, verhalten wir uns nicht natürlich.
Ein großer Unsicherheitsfaktor liegt auch in der Natur der Technik selbst.
Gleichzeitig die Inhalte, die eigene Präsentation und ein höheres Maß an technischen Faktoren zu beachten, kann durchaus Stress auslösen. Daher liegt der Grund für digitales Lampenfieber bei vielen Online-Anfänger*innen häufig in dieser Unerfahrenheit mit dem Medium begründet.
Aber auch erfahrenere Online-Trainer*innen verspüren manchmal noch größere Unsicherheit vor Online-Veranstaltungen. Das liegt meist daran, dass die Abhängigkeit von Technik uns immer auch verwundbar macht.
Denn wir erleben alle regelmäßig die technischen Probleme und Ausfälle, die eine Veranstaltung holprig gestalten können. Es klingt offensichtlich, aber Störungen und technische Ausfälle kennst Du auch bereits aus der Präsenz. Es kommt doch regelmäßig vor, dass Beamer nicht funktionieren oder Unterlagen fehlen, oder etwa nicht?
Gut vorbereitet ist halb gewonnen
Denn es passiert auch online einfach allen. Selbst die größten Online-Expert*innen sind nicht gegen technische Probleme immun.
Daher gibt es eigentlich auch keinen Grund, uns deswegen verrückt zu machen.
Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Eventuell bist Du auch zu einem gewissen Grad perfektionistisch veranlagt und hast gerne die volle Kontrolle über den Ablauf Deiner Veranstaltungen.
Diese Kontrolle abzugeben, kann Dir zunächst schwer fallen. Aber in Online-Veranstaltungen kann dir das Delegieren etwa des technischen Supports wirklich den Kopf frei machen.
Denn das Gefühl der Überforderung durch die vielfältigen technischen Faktoren kann sehr viel Platz in Deinem Kopf einnehmen.
Daher kann der Einsatz eines Co-Moderators oder designierten Technik-Supports der Nervosität entgegenwirken. Denn so kannst Du Dich voll und ganz auf Deine Kernkompetenzen konzentrieren und musst nicht alles in Deiner Person vereinen.
Dennoch kannst Du mit Hilfe einiger (unter Umständen neuer) Kompetenzen Deine digitale Nervosität abmildern.
Grundsätzlich solltest Du selbstverständlich gut vorbereitet sein. Im Falle einer Online-Veranstaltung zählt dazu unter anderem auch alle Deine Tools, Webseiten und vor allem Links bereit zu halten.
Es empfiehlt sich immer, Dir eine Linkliste oder Desktop-Ordner anzulegen und alle benötigten Seiten im Vorfeld zu öffnen. So ergeben sich keine unangenehmen Pausen, in denen Du Deine Festplatte oder den Browser-Verlauf durchforstest.
Wenn Du wirklich auf Nummer sicher gehen möchtest, kannst Du Dir auch doppelte Böden einrichten und verschiedene Backup-Pläne auf Lager haben. Es empfiehlt sich unter anderem auch, Links zeitnah zur Veranstaltung noch einmal zu überprüfen.
Wie kannst Du Zoom Lampenfieber noch abmildern?
Alternativ kannst Du auch Deinem Improvisations-Talent vertrauen oder es bei Bedarf entwickeln. Solange Du die Ruhe bewahrst und spontan einen neuen Plan finden kannst, wirst Du weniger in Panik verfallen. Wenn Du diese Fähigkeit trainieren möchtest, kannst Du beispielsweise einen Impro-Theaterkurs belegen.
Überhaupt sind Theater-Techniken für Online-Trainer*innen besonders lehrreich. Die bessere Kontrolle von Atmung und Stimme gibt uns mehr Sicherheit und lässt uns professioneller wirken.
Da die Übertragung über digitale Kanäle alle Aspekte einer Person weniger direkt und wirkungsvoll erscheinen lassen kann, gleicht die Ausbildung einer selbstbewussteren Präsenz diese Nachteile besser aus.
Das Gefühl der Unnatürlichkeit im virtuellen Raum liegt häufig auch in der eingeschränkten Bewegungsfreiheit. Bei Deinen Präsenz-Trainings bewegst Du Dich vermutlich anders in einem Raum und nutzt Deine Körperlichkeit anders.
Dadurch übt Zoom Kultur manchmal auch diesen besonderen Druck auf uns aus. Wir haben nicht diese gefühlten kleinen Pausen, in denen wir uns durch den Raum bewegen und auch unsere Teilnehmer*innen fühlen sich auf ihrem Stuhl fixiert.
Diese Einschränkungen lassen uns über den Bildschirm manchmal steif und unentspannt wirken. Hinzu kommt außerdem noch, dass wir uns unseres eigenen Aussehens und Auftretens viel stärker bewusst sind, wenn wir uns ständig selbst sehen müssen. Daher kann es Dir schon helfen, die Selbstansicht auszuschalten.
Biologische Hebel nutzen
Nervöse Energie kannst Du auch kurz vor Beginn mit ein wenig Bewegung abbauen. Nicht unbedingt genug, um Dich ernsthaft ins Schwitzen zu bringen. Aber eine Atemübung oder Stretching-Einheit kann Dir einen klareren Kopf verschaffen.
Insbesondere mit Hilfe von Atem-Techniken können wir uns positiver konditionieren und den Großteil der eher ungesunden Nervosität abbauen.
Daher geben wir hier einmal ein Beispiel: Versuche wenige Minuten vor Deinem „Auftritt“ nur etwa sechs oder siebenmal pro Minute Luft zu holen. Das bringt nachweislich den Puls runter und unterbricht die Stresssignale, die sich in unserem Gehirn weiter hochschaukeln wollen.
Man kann den eigenen Körper ein wenig austricksen, indem man ihm durch bewusst kontrollierte Atmung und eine aufrechte Körperhaltung Selbstbewusstsein und Ruhe suggeriert. Wenn der Körper es vormacht, zieht das Gehirn bald nach.
Dazu kannst Du weiterführend beispielsweise auch unseren Artikel zu den Gemeinsamkeiten von Trainer*innen und Schauspieler*innen lesen, der ebenfalls einige Atemübungen vorstellt.
In guter Gesellschaft
Lampenfieber kennt fast jeder. Das Gefühl auf einer Bühne zu stehen und viele Augen und Ohren auf sich gerichtet zu haben, versetzt die meisten Menschen in einen nervösen Zustand.
Wir sind in vielen Fällen unsere eigenen größten Kritiker und erwarten viel von uns selbst. Daher können wir schnell nervös werden, wenn die Dinge nicht nach Plan laufen.
Wir möchten kompetent und professionell wirken und diese Erwartungshaltung kann in Kombination mit zusätzlichen Faktoren Stress auslösen.
Auch wenn wir mittlerweile alle an Zoom Kommunikation so sehr gewöhnt sind wie nur möglich, bleibt immer ein wenig der unterbewussten Unnatürlichkeit zurück.
In einem Raum verteilen und verhalten sich Menschen ganz anders und die Aufmerksamkeit ist selten so voll und ganz auf eine einzelne Person gerichtet wie in einem Online-Meeting. Daher fühlen sich auch introvertierte Teilnehmer*innen häufig in Online Settings noch unsicherer.
Im Übrigen ist ein kleines bisschen Nervosität aber gar keine so unnützliche körperliche Reaktion. Wenn wir in einem gesunden Maß aufgeregt sind, sind wir aufmerksamer und fokussierter.
Wenn wir unsere Nervosität also auf diesen kleinen Adrenalinschub runterschrauben können, kann dieses Gefühl uns sogar helfen besser zu performen.