Wie viel Spaß darf Lernen wirklich machen?

Lernen kann Spaß machen – Das ist gewissermaßen das inoffizielle Motto hier und Andreas bekannter Hashtag.

Denn ihre Mission ist es, die Erinnerungen an scheinbar ewige Input-Einheiten und Frontal-Unterricht vergessen zu machen. Lernen kann Interaktion bedeuten und ein positives Erlebnis sein.

So weit, so gut?

Dennoch assoziieren immer noch viele Trainer*innen den Begriff „Spaß“ mit Dingen, die sich nicht mit ihrem Verständnis des Lernprozesses vereinbaren lassen. Sie haben Sorge, dass ihre Seminare zu verspielt und ihrem Thema unangemessen werden.

Dafür hat sich sogar der Ausdruck „Disneyfication“ geprägt, der sich an die berühmten Erlebnisparks anlehnt. Denn Kritiker*innen meinen, dass sich auch das Lernen durch Trends wie Gamification oder Edutainment zu sehr einer Unterhaltungsshow annähert.

Sind Quizze, Spiele und Gamification-Einheiten in der Erwachsenenbildung wirklich fehl am Platz? Steht Spaß am Lernen einem effizienten Lernprozess tatsächlich im Weg?

Die Mischung macht’s

Ein Seminar ist keine Gameshow. Deine Aufgabe als Lernbegleiter*in ist es nicht, die Lernenden permanent zu bespaßen. Das sind wir uns vollkommen einig.

In Deiner Verantwortung liegt die Betreuung des Lernprozesses und die Anregung des Lernerfolgs. Dabei musst Du oft die Balance zwischen der Zufriedenstellung der Teilnehmer*innen und Deiner thematischen Agenda finden.

Auch bei einem Gedanken wie Edutainment kann die Waage schnell entweder in Richtung der „Education“ oder des „Entertainment“ ausschlagen. Die Kunst ist es eben, die richtige Balance zu finden.

Konzepte wie Gamification haben sich als Weg zu messbarem Lernerfolg mittlerweile bewährt. Es soll uns über den angeborenen „Spieltrieb“ natürlich motivieren und langfristigen Erfolg versprechen. Aber natürlich kann es auch hier passieren, dass es zu viel des Guten wird.

Die Frage ist: Heiligt der Zweck die Mittel? Wenn Edutainment oder Gamification effektiv motivieren und vermitteln, ist das dann nicht ein ziemlich wünschenswertes Ergebnis?

Es scheint, als liege die Fehlerquelle nicht unbedingt in den Konzepten an sich, sondern eher in der Umsetzung. Gamification-Einheiten eignen sich beispielsweise besonders gut für Energizer oder Aufmerksamkeitsbooster zwischendurch. Diese sind nämlich gerade Online sehr wichtig.

Eine eher spielerische, weniger ernste Einheit kann hier also eine mentale Pause verschaffen und die Lerngruppe mit neuer Energie versorgen. Mehr Infos zur Idee der Gamification findest Du in unserem Artikel hier.

Wenn Du den Spaß also eher als Streusel und nicht als Kuchen begreifst, kannst Du Deine Seminare unter Umständen noch effektiver gestalten.

Nicht nur Spaß beim Lernen, sondern Spaß AM Lernen

Die Begriffe Gamification und Edutainment sind zwei Beispiele für eine didaktische Vorgehensweise, die mehr Spaß in einen Lernprozess integrieren sollen.

Dabei musst Du gar nicht unbedingt auf diese Konzepte zurückgreifen, um Deinen Teilnehmer*innen Spaß am Lernen zu vermitteln. Die wichtigsten Grundsätze für einen positiv empfundenen Lernprozess sind Interaktion und Interaktivität. Denn nichts untergräbt die Motivation schneller als stumpfe Rezeption ohne eigene Beteiligung.

Natürlich musst Du Informationen vermitteln. Aber manchmal vergisst man dabei gerne, dass Menschen erst wirklich in der Phase des Ausprobierens lernen und abspeichern. Indem Du die einzelnen Einheiten kürzer hältst und Theorie und Praxis immer verschränkst, haben Deine Lernenden automatisch mehr Spaß.

Selbiges gilt für Interaktion und gruppendynamische Prozesse. Durch interaktive Einheiten fangen die Gehirne der Lernenden erst richtig an zu Arbeiten und sie entdecken den praktischen Nutzen des Wissens. Die Interaktion innerhalb der Gruppe bereichert dabei den Lernprozess zusätzlich.

Spaß bedeutet nicht immer Spiele. Spaß heißt auch einfach, dass Deine Lernenden aktiv in den Lernprozess eingebunden werden. Freude kann auch einfach dadurch erzeugt werden, dass die Teilnehmer*innen sich motiviert fühlen.

Die Hirnforschung hat sogar gezeigt, dass wir unter Stress erlerntes Wissen später wesentlich eingeschränkter nutzen können. Auch wenn wir uns manchmal an negativ behaftete Dinge langfristiger erinnern, haben positive Erinnerungen einen entscheidenden Vorteil:

Sie motivieren uns dazu, die entsprechende Handlung immer wieder auszuführen. In unserem Fall also, Lernen.

Wenn wir sagen „Lernen kann Spaß machen“ heißt das also vor allem, dass Deine Teilnehmer*innen den Spaß am Lernen selbst entdecken sollen. Denn viele Erwachsene haben leider oft das Gefühl, dass sie nicht mehr so gut lernen und scheuen es daher.

Motivation ist Lernfreude

Selbst, wenn Du weiterhin keine Quizze oder Energizer-Spiele einsetzen möchtest, kannst Du also über verschiedene Wege für mehr positive und damit motivierende Impulse sorgen. Fassen wir noch einmal zusammen, wie Du auch bei Erwachsenen mehr Lernfreude anregen kannst:

  • Lernerfolge mehr reflektieren und positiv herausstellen
  • Mehr Praxisbezug und interaktive Einheiten zur Anwendung
  • Fokus auf Kommunikation und Gruppendynamik
  • Aktive Nutzung der Lerngruppe und des Lernraums
  • Freies und kreatives Denken fördern
  • So viele Sinne wie möglich in die Erfahrung einbeziehen
  • Kollaborative und soziale Lernprozesse anregen
  • Methoden und Lerninhalte variieren
  • Einzelne Einheiten kürzer gestalten und mehr verschränken

Deinem Gespür vertrauen, aber offen bleiben

Was genau „angemessen“ ist, ist sehr individuell. Wir können hier unmöglich allgemeine Aussagen darüber treffen, wie viel Gamification etwa für Dein Thema oder Deine Zielgruppe passend ist.

Glücklicherweise bist Du ja selbst Expert*in für Dein Thema und hast ein Gefühl dafür, was sich Deine Lernenden wünschen würden.

Aber verurteile das Prinzip der Freude am Lernen vielleicht nicht von Anfang an. Denn das ist keine Frage des Alters. Oftmals assoziieren wir Begriffe wie „Spaß“ oder „Spiel“ ausschließlich mit Kindern und denken daher, es sei für Erwachsene nicht angemessen.

Dabei brauchen doch gerade Erwachsene öfter mal ein bisschen mehr Spaß in ihrem beschäftigten Alltag. Wenn wir die Freude am Lernen wieder entdecken, bekommen wir wieder Lust uns weiterzuentwickeln. Am Ende steht immer das Ziel, Deine Teilnehmer*innen zu motivieren und ihnen Lust auf Dein Thema zu machen.

Im Zweifel streust Du einfach mal eine neue Einheit ein und holst Dir besonders aktives Feedback Deiner Lerngruppe ein. Das ist im Allgemeinen immer ein guter Ansatz, um auch Dich und Deine Seminare weiterzuentwickeln.

Positives Feedback ist beim Online-Lernen sogar noch wichtiger

Feedback ist für den Lernprozess unverzichtbar.

Dabei glauben manche Trainer*innen, dass das Aufzeigen und Korrigieren von Fehlern die zielführendste Devise zur Leistungsverbesserung ist.

Denn wenn man etwas richtig machen möchte, muss man schließlich zuerst wissen, dass man etwas falsch gemacht hat, oder?

Doch aktuelle Studien belegen, dass positive Rückmeldungen den Lernprozess wesentlich effektiver unterstützen.

Oftmals sind „Fehler“ auch sehr relativ. In vielen Fachgebieten basieren nur die wenigsten Dinge auf objektivem Faktenwissen.

Dennoch müssen wir aber natürlich ab und zu Wissensstände abfragen. Und dann verfallen wir eben doch häufig in eine einfache Richtig/Falsch-Dichotomie.

Hinzu kommt, dass bei Quizzen und Abfragen oft nur im Falle eines Fehlers überhaupt reagiert wird. Die automatisierte Rückmeldung „Das war eine falsche Antwort“ ist für die Lernenden nur wenig produktiv.

Wie können wir also auch beim Online-Lernen besseres Feedback geben?

Negative Gefühle sind eine Lernblockade

Eine Studie der University of Chicago aus dem Jahr 2019 hat sich dieser zentralen Frage angenommen: Welche Art von Rückmeldung befördert den Lernerfolg?

Dabei wurden über 300 Teilnehmer*innen in zwei Gruppen aufgeteilt und mit derselben Reihe an Testfragen konfrontiert.

Eine der beiden Gruppen erhielt immer nur dann ein Feedback, wenn eine Antwort falsch war, die andere immer nur im Falle einer richtigen Antwort.

In einem zweiten Durchgang bearbeiten beide Gruppen dieselben Fragen erneut. Beide Gruppen verbesserten ihre Ergebnisse, jedoch war der Fortschritt bei der Positiv-Gruppe deutlich höher:

Basierend auf einer Studie der University of Chicago (2019), Quelle

Vielleicht denken einige von Euch jetzt: Steht das nicht im Gegensatz zu der Annahme, dass wir uns an negative Erlebnisse stärker und langfristiger erinnern?

Menschen reagieren generell stärker auf negative Reize, sowohl emotional als auch kognitiv.

Das ist also grundsätzlich nicht falsch, aber der Hund liegt hier im Stichwort Emotionen begraben.

Wenn wir uns an ein sehr negativ behaftetes Erlebnis erinnern, bleibt davon meist nur genau dieses irrationale Gefühl haften. Das Gefühl des Versagens und oft auch der Angst.

Diese Art von Emotionen sind wahre Lern-Killer und haben den exakt gegenteiligen Effekt zu positivem, bestärkendem Feedback. Denn wenn wir als Lernende zu sehr in diesen Gefühlen gefangen sind, sinkt die Motivation und auch die Konzentration auf die Inhalte.

Motivierendes Feedback geben

Dabei ist Motivation gerade im Bereich des E-Learning und bei Online-Seminaren enorm wichtig.

Insbesondere Selbstlern-Einheiten fühlen sich oft weniger verbindlich an und sind so noch anfälliger für einen Mangel an Lernmotivation.

Trotz unserer besten Bemühungen haben Teilnehmer*innen beim Lernen auf Distanz nämlich manchmal doch das Gefühl, dass die Rückmeldungen weniger direkt sind. Wenn sie dann lediglich auf ihre Fehler hingewiesen werden, können sie schnell den Spaß am Lernen verlieren.

Daher bist Du hier in Deiner Funktion als Trainer*in in einem Online-Format besonders gefragt. Indem Du darauf achtest, besonders viel bestärkendes Feedback einzubauen, kannst Du die Motivation langfristig erhalten.

Denn in vielen Fällen greifen Online-Trainer*innen auch auf Online-Tools oder Lernmanagement-Systeme zurück, die ebenfalls die Leistungsüberprüfungen übernehmen.

Da diese automatisierten digitalen Systeme häufig auch nur auf Die Richtig/Falsch-Unterscheidung programmiert sind, solltest Du besonders auf Deine unterstützende Rolle achten.

Oftmals kannst Du auch den Lernfortschritt oder die Abfragen personalisieren. Verschiedene Plattformen bieten unterschiedliche Möglichkeiten Deine Inhalte zu gestalten. Hier ist etwa ein Beispiel, wie sich mit Hilfe des Dienstes blink.it ein konstruktiveres Feedback integrieren lässt:

Über blink.it

Wie Du hier siehst, können die Antworten zum Beispiel mit weiterführenden Informationen oder Verweisen versehen werden. Auf diese Weise bekommen die Lernenden nicht bloß eine Einbahnstraßen-Reaktion und können das Feedback und ihre Leistung besser einordnen. Zudem wird die abschließende Rückmeldung neutraler formuliert, indem die Anzahl der richtigen Antworten zurückgegeben wird.

Diese Aspekte mögen sehr detailorientiert wirken, haben aber tatsächlich psychologische Auswirkungen. Während eine solche Darstellung eher zum erneuten Bearbeiten einer Prüfung motiviert, nimmt eine negativ gefärbtere Meldung eher die Lust am Lernen.

Der Ton macht die Musik

Das Grundprinzip von positivem Feedback kannst Du aber natürlich auch ohne eine solche Lernplattform umsetzen. Grundsätzlich geht es darum, dass das Aufzeigen eines Fehlers immer als Hinweis auf Verbesserungspotential zu verstehen ist.

Idealerweise begleitest Du daher eine Leistungsbewertung immer mit dem Verweis auf passende Lerninhalte („Schau‘ dazu doch nochmal in Modul 2 das Video zum Thema…“) oder einem konkreten Verbesserungsvorschlag.

Feedback muss auch nicht immer in Form einer eindeutigen Meinung geäußert werden. Du und andere Teilnehmer*innen können auch offene Fragen stellen und so einen Diskussionsraum eröffnen. Auf diese Weise können Lernende ihre Arbeit noch mehr hinterfragen und neue Zusammenhänge entdecken.

Außerdem solltest Du Deinen Teilnehmer*innen natürlich immer das Gefühl vermitteln, dass sie bei Unsicherheiten offen auf Dich als Lernbegleiter*in zukommen können.

Ein digitaler Lernprozess profitiert also besonders von kontinuierlichen positiven Rückmeldungen. Selbst so kleine Meilensteine wie „Glückwunsch, Du hast bereits 50% des Kurses erfolgreich geschafft!“ können sehr motivierend wirken.

Auch kleine Symbole wie Pokale oder Häkchen können den Fortschritt visualisieren. Diese Elemente spielen in das Prinzip der Gamification, wodurch Lernende sehr natürlich motiviert werden können.

Falls Dich dieses Thema näher interessiert, kannst Du hier unseren Artikel zum Thema Gamification lesen.

Kein kritisches Feedback erlaubt?

Selbstverständlich kommt ein Lernprozess also nicht gänzlich ohne Verbesserungsvorschläge und Anleitungen aus.

Es ist beim Online-Lernen häufig sogar noch wichtiger, damit sich Deine Lernenden nicht während des Selbstlernens im Prozess verlieren.

Wir haben hier besonders über die Feedback-Funktionen von digitalen Tools und Plattformen gesprochen. Aber natürlich gelten für das Feedback grundsätzlich einige Rahmenbedingungen, die nur oft im Online-Lernen besonders wichtig sind.

Je zeitnaher Dein Feedback in einem Online-Format erfolgt, desto näher fühlt sich die Verbindung für die Teilnehmer*innen an und sie können die Verbesserungshinweise schneller in ihre Selbstlernphasen einfließen lassen.

Wenn wir konstruktive Kritik üben möchten, ist vor allem auch immer der genaue Bezug wichtig. Da wir niemals persönlich werden wollen, sprechen wir nur über zielorientierte Aspekte und konkrete Situationen.

Denn nur auf Basis von diesen konkreten Anhaltspunkten können Lernende sich auch weiterentwickeln – Verallgemeinerungen bringen oft nur noch größere Unsicherheit.

Da Rückmeldungen im digitalen Lernprozess oft auch in schriftlicher Form erfolgen, solltest Du Deine Worte mit noch mehr Bedacht wählen. Tatsächlich hat sich nämlich gezeigt, dass viele Menschen dem geschriebenen Wort noch mehr Gewicht beimessen.

Daher kann eher negativ anmutendes Feedback noch schneller „hart“ wirken und wie eine Wand, die in Lernenden nur Demotivation auslöst.

In Gruppenszenarien ist auch immer das Feedback zwischen Teilnehmer*innen untereinander sehr wertvoll. Manchmal nehmen Lernende dieses Feedback aus der Gruppe sogar noch besser an.

Feedback-Geben und -Akzeptieren will gelernt werden und sollte daher so oft wie möglich integriert werden.