Wir geben uns sehr viel Mühe dabei, wertvolle Inhalte zu erstellen und zu vermitteln.
Wie viel unsere Teilnehmenden am Ende davon behalten oder anwenden, ist manchmal eine ganz andere Frage.
Vielleicht gibt es sogar noch Lernbegleiter:innen, die diesen Teil gar nicht mehr für ihre Aufgabe halten. Wir sehen das natürlich ganz anders – denn Wissen wird erst im Transfer und der Handlung wirklich wertvoll.
Doch oftmals sind wir so fokussiert auf die Vermittlung, dass der Lerntransfer aus dem Blickfeld rückt. Daher kann es sogar passieren, dass wir versehentlich Hindernisse für den Transfer aufbauen oder diesen einfach nicht genügend anregen.
Was sind die größten Hindernisse für den Wissenstransfer in den Alltag und wie können wir diese abbauen?
Was ist Lerntransfer?
Als Lerntransfer begreifen wir hier die Übertragung von neuem Wissen und Inhalten in die Praxis und den langfristigen (Berufs)Alltag.
Es gibt schließlich sehr gute Gründe, aus denen es beispielsweise eine theoretische und eine praktische Prüfung für den Führerschein gibt.
Denn theoretisches Wissen und praktische Umsetzung sind zwei gänzlich verschiedene Paar Schuhe.
Wissen von der Theorie in die Praxis zu transferieren, ist auch eine wichtige Aufgabe für Lernprozessbegleiter:innen. Denn unser Ziel ist es ja nicht nur, dass unsere Lernenden die Fahrprüfung bestehen, sondern dass sie im Anschluss sicher fahren können.
Wenn Du nicht zufällig Fahrlehrer:in bist, ist das natürlich nur eine Metapher für die Wichtigkeit des Lerntransfers. Denn wir möchten anwendbare Kompetenzen erzeugen und intrinsisch motivieren!
Hindernis 1: Distanz
Nein, hier sprechen wir ausnahmsweise einmal nicht über das Stichwort, das gerne im Zusammenhang mit Online-Lernen verwendet wird.
Tatsächlich ist das Transferhindernis Nummer 1 die Distanz zwischen Lerninhalten und Berufsalltag.
Wir sollten Teilnehmer:innen immer so nah wie möglich an ihrer (beruflichen) Realität weiterbilden, damit die Wege im Gehirn so kurz wie irgend möglich sind.
Eine gute inhaltliche Basis lässt sich zum Beispiel über >>Projektarbeiten schaffen, die realistische Problemstellungen aufgreifen.
Diese haben noch viele andere handlungsorientierte Vorteile, aber vor allem sorgen sie für eine große Nähe von Inhalt zu Alltag – und damit erhöht sich bereits drastisch die Chance auf Transfererfolg.
Unter dem Punkt Distanz lassen sich auch Transferprobleme zusammenfassen, die durch eine insgesamt zu große Theorielastigkeit hervorgerufen werden. Reine Zahlen und Fakten sind manchmal nötig, aber erst ihre Verbindung zur Praxis gibt ihnen reale Bedeutung.
Wir stehen natürlich grundsätzlich für Handlungsorientierung und gerade für den Transfer ist das ein besonders fruchtbarer Boden.
Hindernis 2: Fehlende Vernetzung
Soziales Lernen ist nicht nur im Seminar lernförderlich, sondern funktioniert auch bereits als Rückversicherung für den Transfer.
Denn eine gut vernetzte Lerngruppe unterstützt sich sowohl während des Hauptlernprozesses als auch im Anschluss an diesen.
Dieser Prozess sollte natürlich deshalb auch schon während der Veranstaltung beginnen, damit sich Verbindungen festigen können. Gruppenarbeit und Interaktion beim Lernen sorgt daher dafür, dass Lernende sich kennenlernen und im besten Fall gegenseitige Verantwortung für den Lerntransfer übernehmen werden.
Auch >>Lernpartnerschaften können eine effektive Form der freundlichen Verbindlichkeit sein, die den Transfer sichern.
Hindernis 3: Kurzfristigkeit
Ein Lernprozess endet nicht mit einer Veranstaltung.
Wir wissen, dass viele Fragen und Lernhindernisse erst wirklich in der langfristigen Anwendung auftauchen. Damit entscheidet sich hier auch, wieviel des neuen Wissens wirklich implementiert wird!
Was passiert also, wenn wir Lernende wieder in ihren Alltag entlassen und sie einem Lernhindernis begegnen?
Wenn wir Hindernis 2 gut aus dem Weg geräumt haben, suchen sie erst einmal Antworten in der unmittelbaren Gruppe. Wenn diese allerdings auch keine Ratschläge mehr weiß, stehen sie wieder allein da.
Das Resultat: Sie fallen vermutlich wieder in alte Muster zurück, anstatt weiter den beschwerlichen Lernweg zu gehen.
Daher ist eine langfristige Vernetzung und/oder Erreichbarkeit so wichtig. Das heißt gar nicht immer, dass Du höchstpersönlich zur Verfügung stehen musst.
Du kannst zum Beispiel eine Austauschgruppe aufmachen, in der alle ehemaligen Teilnehmenden eines bestimmten Themengebietes sich bei Bedarf untereinander austauschen können. Eine solche Gruppe kann sehr positiv werden und dafür sorgen, dass Lernende viel langfristiger am Ball bleiben.
Nutze die Möglichkeiten digitaler Plattformen für den regelmäßigen Austausch und vielleicht baust Du so sogar eine tolle Community auf, die Dir auf Dauer neue Teilnehmer:innen bringt.
Aber das Thema Langfristigkeit kannst Du auch zu Deiner persönlichen Mission machen. Denn auch das ist extrem effektiv für den Transfer.
Kleinere Erinnerungen zum Nachfassen sorgen dafür, dass Teilnehmende die Inhalte im Anschluss nicht aus den Augen verlieren und öffnen erneut den Dialog zu Dir.
Hindernis 4: Ineffektive Wiederholung
Es kommt wohl kein Lernprozess ohne Wiederholung aus. Leider können wir noch keine fertigen Kompetenzen einfach in unser Gehirn hochladen.
Dabei ist Wiederholung nicht gleich Wiederholung. Und ineffektives Wiederholen verbessert vor allem auch nicht die Chancen auf Transfererfolg.
Der größte Denkfehler, den wir bei diesem Thema machen, ist folgender: Wenn wir denselben Inhalt mehrfach aufnehmen, verbessert sich das Verständnis.
Dabei ist oftmals genau das Gegenteil der Fall: Das Verständnis verbessert sich exponentiell, wenn wir zu einem Inhalt auf diverse Weisen Zugang finden.
Das Schlüsselwort Transfer ist hier gleich in doppelter Hinsicht von Bedeutung. Denn der Transfer von neuem Wissen auf verschiedene Anwendungsgebiete erzeugt erst wirklich tiefgehendes Verständnis.
Das kann bedeuten einen Inhalt über verschiedene Methoden, Sozialformen oder Anwendungsszenarien zu erschließen.
Hier können wir auch erneut Hindernis 4 aufgreifen, denn die regelmäßige Wiederholung durch kurze Impulse ist besonders effektiv. Schicke also ruhig Reminder wie kleine Aufgaben, die auch im Anschluss bei der Wiederholung und Festigung unterstützen.
Hindernis 5: Zu früh aufgeben
Ja, manchmal sind wir selbst das Transferhindernis und davon können sich vermutlich keine Lernbegleiter:innen ausnehmen.
Wenn Du vollkommen ehrlich bist, hast Du Dir sicherlich schon einmal gedacht, dass es „hoffnungslose Fälle“ in einer Gruppe gibt.
Also solche, von denen Du von Anfang an glaubst, dass sie in die rote Kategorie fallen werden – egal, was Du unternimmst:
Wir wollen daher einmal dazu ermutigen, Lernenden ganz grundsätzlich mehr zuzutrauen. Denn Du hattest genauso sicher auch schon Lernende, die Dich vollkommen überrascht haben.
Manchmal sind Lernende auch einfach nur in diesem Moment persönlich abgelenkt oder eingespannt – suche ruhig den offenen Dialog und finde heraus, ob Du hier den Lernprozess unterstützen kannst.
Unsere erste Einschätzung ist eben immer nur genau das und bewahrheitet sich schließlich auch nicht immer unbedingt. Tatsächlich können wir mit der richtigen Motivation die meisten Lernenden an Bord holen.
Voraussetzung dafür ist wie immer, dass der konkrete Mehrwert Deiner Inhalte ganz deutlich wird!