Der Raum, in dem wir uns physisch befinden, beeinflusst uns immer.
Oftmals sogar mehr oder weniger unterbewusst, aber dennoch ist der Raum auch in einer Lernsituation ein Faktor.
Die Temperatur, Außengeräusche, die Anordnung der Stühle im Verhältnis zu den Menschen, die Plakate an den Wänden.
Alles Dinge, die unbedeutend erscheinen, aber zusammen doch einen individuellen Effekt auf Lernende haben können.
Manchmal können diese Effekte sogar zum Lernhindernis werden, aber vor allem solltest Du auch als Trainer:in einen verstärkten Sinn für das Seminarumfeld haben.
Denn oftmals kannst Du selbst mit kleinen Veränderungen den Raum lernförderlicher gestalten oder sogar in einen Lernimpuls verwandeln.
Der Raum formt die Stimmung
Es mag Dir vielleicht noch nicht bewusst sein, aber selbst die grundlegendsten Faktoren in einem Raum haben einen Einfluss auf uns.
Das fängt an beim Licht: Am allerbesten ist es, wenn Du so viel natürliches Licht wie möglich in einen Raum lässt.
Räume mit großen Fenstern und damit Tageslicht haben immer einen positiven Einfluss auf Stimmung und Aufmerksamkeit. Künstliches Licht macht uns schneller müde und somit demotiviert.
Selbst die Wandfarbe kann unsere Stimmung lenken. Dunkle Farben lassen einen Raum kleiner und beengter wirken, hellere Farben machen uns gleich wacher.
Auch über die Anordnung der Stühle und Tische im Raum solltest Du Dir Gedanken machen. Was hier am besten ist, kann von Deinen Gegebenheiten abhängen.
Grundsätzlich solltest Du aber kein Grundschul-Klassenzimmer oder Prüfungsgefühl aufkommen lassen – also besser keine nach vorne gerichteten Einzeltische.
Denn diese Ausrichtung trennt nicht nur die Lerngruppe voneinander, sondern richtet auch die Veranstaltung wortwörtlich auf die Lehrperson aus. Und wenn Du eher die Perspektive als Lernprozessbegleiter:in einnimmst, liegt der Fokus mehr auf der Gesamtgruppe.
Daher ist es in den meisten Fällen förderlich, wenn Tische und Stühle etwa in Kleingruppen oder einer U-Form angeordnet sind. So können Lernende viel einfacher kommunizieren und Augenkontakt suchen.
Auf diese Weise können Teilnehmer:innen nämlich auch aufeinander achten und die Gruppendynamik entwickelt sich natürlicher.
Was uns beeinflusst
Wie Du vielleicht siehst: Du kannst als Trainer:in oder Dozent:in didaktisch alles „richtig“ machen und trotzdem können Lernende von äußeren Faktoren in ihrem Lernprozess behindert werden.
Das liegt daran, dass in Menschen immer mehr vorgeht, als wir sehen oder kontrollieren können. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Faktoren, die unsere Stimmung – und damit auch den Lernerfolg – beeinflussen können:
1. Persönliche Konnotationen
Konnotationen und Assoziationen sind oftmals sehr unbewusst, aber trotzdem sehr einflussreich.
Das kann sogar der Geruch im Raum oder von draußen sein, der in uns etwas hervorruft und ablenkt. In diese Prozesse haben wir wenig Einblick und sie sind sehr individuell.
Sind Trainer:innen hier also machtlos? Nicht unbedingt.
Natürlich ist es illusorisch, dass Du jeden kleinen Störfaktor erspüren und eliminieren kannst. Aber indem Du über störende und förderliche Faktoren offen mit der Gruppe sprichst, kannst Du besser reagieren und Blockaden lösen.
Es lohnt sich auch, in den Pausen ganz genau hinzuhören, denn hier thematisieren die Lernenden viel eher, was ihnen gerade durch den Kopf geht.
2. Allgemeine Umweltbedingungen
Diese allgemeinen Faktoren beeinflussen die gesamte Gruppe und sind für Dich als Trainer:in auf jeden Fall leichter zu erfassen.
Ein enger, dunkler Raum wird sich ziemlich sicher nicht lernförderlich auswirken, unabhängig von den persönlichen Konnotationen.
Endlich mal wieder raus
Das Trainingsumfeld muss übrigens natürlich nicht immer nur ein Seminarraum sein – vor allem wenn der Raum eher bedrückend wirkt.
Nach 2 Jahren, in denen viele Lernende viel Zeit vor Bildschirmen verbracht haben, können sie etwas Natur und frische Luft gut gebrauchen.
Dafür musst Du auch gar nicht unbedingt weit raus aufs Land. Vermutlich hast Du in nächster Nähe eine Möglichkeit, um an der frischen Luft zu lernen.
Selbst nur für eine kurze Einheit direkt vor die Tür des Gebäudes zu gehen, versorgt die Gehirne der Lernenden schon mit neuer Energie.
Online Lernorte anbieten
Übrigens musst Du auch Online nicht unbedingt auf kleine Outdoor-Einheiten verzichten. Du kannst beispielsweise eine Paararbeit als Walk&Talk anlegen, bei der die Teilnehmer:innen sich bei einem kleinen Spaziergang per Telefon austauschen.
Und auch Online hast Du die Möglichkeit etwas Variation bei den digitalen Lernorten reinzubringen.
Über Zoom oder ähnliche Konferenz-Plattformen kannst Du Deine Lernenden mit virtuellen Hintergründen an verschiedene Orte entführen.
Auch die immersive Ansicht (Zoom) oder der Zusammen-Modus (MS Teams) können das Lernszenario inhaltlich anpassen.
Dein Hintergrund kann ebenfalls ein Teil des Lernraumes sein. Egal ob Du einen virtuellen Hintergrund oder Deinen echten Raum nutzt, hier gelten ähnliche Regeln wie in Präsenz.
Helle, klare Farben und Tageslicht wirken offener. Alles, was ablenkt, sollte aus Deinem Hintergrund verschwinden, um den Fokus zu halten.
Ein schönes Flipchart kann Dir zusätzlich helfen, um die Erwartungen einzustellen und einladend zu wirken.
Was, wenn der Raum suboptimal ist?
Natürlich hast Du nicht immer volle Kontrolle über alle Umweltfaktoren. Du kannst bei einer Inhouse Schulung nicht die Wände in einer helleren Farbe streichen.
Hier kann es helfen, wenn Du Dir ein paar einfache Plakate oder Flipcharts anlegst, die Du mitnehmen kannst.
Diese sollten dabei nicht vollgepackt mit Informationen sein, sondern eher allgemein thematisch einstimmen. Denn wilde Wanddekoration und ein Haufen Plakate kann eher die Aufmerksamkeit ablenken.
Alternativ kannst Du natürlich auch technische Mittel nutzen und etwa über einen großen Bildschirm entspannende Bilder zeigen, wenn er gerade nicht anderweitig gebraucht wird – beispielsweise während der Gruppenarbeiten.
Wenn das Licht unangenehm ist, kannst Du zum Beispiel mit Tageslichtlampen Abhilfe schaffen. Diese Dinge sind zwar mehr Aufwand für Dich, aber können sich für örtlich ungebundene Trainer:innen sehr lohnen.
Im Übrigen kann es schon helfen, wenn Teilnehmer:innen im Vorfeld auf weniger ideale Rahmenbedingungen vorbereitet sind.
Wenn Du schon weißt, dass ein Seminarraum eher ungünstig ist, kannst Du Deine Gruppe mit einem Bild und einer humorvollen Beschreibung darauf vorbereiten. Wenn die Erwartungen richtig eingestellt sind, kann die anfängliche Frustration eventuell vermieden werden.
Auch die Gruppengröße kann bei der Planung eine Rolle spielen. Wenn Du den Raum kennst oder Bilder erfragen kannst, solltest Du entsprechend planen. Die richtige Balance zwischen nicht überfüllt, aber auch nicht zu leer zu finden, braucht ein gutes Gespür.
Denn eine Handvoll Lernende fühlt sich in einem riesigen Konferenzsaal übrigens vermutlich auch nicht sonderlich wohl – alleine die Akustik kann dann schon zum Unwohlsein beitragen.
Wenn es für Dich eine Möglichkeit ist einen dauerhaften Seminarraum zu mieten, kann sich das grundsätzlich lohnen. Denn in Deinem eigenen Raum hast Du immer die beste Kontrolle über die räumlichen Aspekte.
Dieser Heimvorteil kann Dir helfen den Seminarraum so lernförderlich wie möglich zu gestalten und Du bist weniger abhängig von externen, ständig wechselnden Einflüssen. Auch für Trainer:innen, die sich mit Technik noch nicht sicher fühlen, kann das im Übrigen eine gute Option sein.