Ja, Projektlernen geht auch Online!

Projekte. Was fällt Dir als Erstes dazu ein?

Vielleicht so etwas wie „zeitaufwändig“. Denn ja, Projekte können echte Zeitfresser sein.

Zumindest in Veranstaltungen, in denen sie eher eine Garnitur als das Fundament sind.

Denn manche setzen Projekte höchstens als Schlusspunkt einer Veranstaltung ein, oder auch als eine Art Zusammenfassung oder Prüfungsersatz. Dabei kann das Projekt auch ganz grundsätzlich die Basis eines didaktischen Konzepts sein.

Denn wenn Lernbegleitung mehr in den Hintergrund rückt und den Teilnehmenden mehr Verantwortung im Lernprozess überträgt, können Projekte eine wichtige Lernform werden.

Alleine oder in Gruppen?

Bevor wir uns konkrete Projektaufträge überlegen, müssen wir erst einmal eine grundsätzliche Frage klären:

Legen wir ein Projekt als Einzel- oder Gruppenarbeit an?

Die Antwort liegt meistens im entsprechenden Lernziel oder der Lerngruppen-Konstellation verborgen.

Einzelprojekte stellen sicher, dass sich Lernende in der Tiefe mit einem Thema auseinandersetzen. Wenn der Inhalt selbst also sehr im Fokus steht, kann eine Einzelarbeit die richtige Wahl sein, auch wenn die Gruppe insgesamt eventuell schon viel Vorwissen mitbringt.

Gruppenprojekte sollten auf jeden Fall in Kleingruppen bearbeitet werden, also maximal 3-4 Lernende. Ansonsten geht einfach zu viel inhaltlicher Fokus für die Einzelnen verloren.

Das Schöne an einem Konzept, das komplett auf Projektlernen aufbaut ist: Wir müssen uns hier gar nicht exklusiv entscheiden. Wir können sowohl Einzel- als auch Gruppenprojekte abwechselnd einsetzen und so die Vorteile beider Formen implementieren!

Wie sieht ein gutes Projekt aus?

Ein Projekt definieren wir als eine Arbeitsform, in der Lernende eine gestellte Aufgabe innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums bearbeiten und am Ende ein praktisches Ergebnis vorstellen, etwa in Form einer Präsentation.

Wie komplex die jeweilige Problemstellung ist, liegt dabei in Deiner Hand und wird entsprechend an die Lerngruppe und ihren Wissensstand angepasst.

Egal welchen inhaltlichen Ausgangspunkt Du für Dein Projekt wählst, wichtig sind folgende Aspekte.

Das Projekt soll

  • Ein authentisches, praxisrelevantes Szenario beschreiben
  • Unterschiedliche Bearbeitungsweisen erlauben
  • Im Ergebnis grundsätzlich so offen wie möglich sein

Diese letzten Eigenschaften von Projektarbeit sorgen auch dafür, dass die Präsentationsphase im Anschluss wesentlich interessanter ausfällt. Denn Du und die Lernenden müssen sich nicht fünfmal dieselben Fakten in verschiedenen Ausführungen anhören.

Außerdem ist es für Teilnehmer:innen immer gut zu sehen, wie andere Gruppen eine Aufgabe bearbeitet haben, um noch zusätzliche Erkenntnisse mitzunehmen.

Bei Projekten ist die Nachbesprechung besonders wichtig. Denn da die Ausgangspunkte und Ergebnisse so verschieden sein können, sind auch die Erfahrungen unterschiedlich. Erfrage im Anschluss auf jeden Fall, wie die Projektarbeit ablief und wo die Hürden lagen.

Darum ist Projektlernen so wirksam

Handlungsorientierung rückt als Stichwort immer mehr in den Fokus und mit ihr gewinnen viele Methoden an Bedeutung.

Viele Veranstaltungen haben noch das Problem, dass ihnen die Aktualität und der Praxisbezug fehlen. Projekte können beide Punkte auf eine einzigartige Weise abdecken.

Inhalte sind zudem immer eine Sache, aber wenn eine Methode auch noch vielfältige Kompetenzen fördern kann, ist sie gleich noch wertvoller.

Und Projektlernen kann wirklich eine große Breite an Fähigkeiten vermitteln, die für Erwachsene in ihrem Berufsalltag unverzichtbar sind. Denn Projektlernen heißt immer auch Projektmanagement.

Das kommt schließlich auch der Gestaltung eines Arbeitslebens wesentlich näher als isoliertes Faktenwissen. Viele Menschen arbeiten grundsätzlich in mittel- bis langfristigen Projekten, die Planung und Organisation erfordern.

Es entfernt die Teilnehmer:innen also nicht vollständig aus ihrem gewohnten Umfeld und setzt sie in praxisferne Lernkontexte, sondern knüpft an die Realität an – sowohl methodisch als auch inhaltlich.

Der Weg ist das Ziel

Beim Projektlernen gibt es also wirklich eine Menge zu lernen und Kompetenzen zu fördern. Ein paar der Wichtigsten, die natürlich auch im Berufsalltag gefragt sind, sind zum Beispiel:

  • Problemlösungsstrategien
  • Nachforschung und Recherche
  • Darstellung und Präsentation
  • Eigenverantwortung
  • Bei Gruppenprojekten: Teamwork und Kommunikation

Und jetzt Online?

Projekte können also durchaus etwas Planungsaufwand erfordern. Heißt das im Umkehrschluss, dass sie sich nicht als digitale Methode eignen?

Auf keinen Fall! Tatsächlich haben Projekte in Online-Settings sogar ein paar zusätzliche Vorteile. Denn hier kann die Zeiteinteilung flexibel gestaltet werden und gleichzeitig werden viele der eigenständigen Kompetenzen besonders stark gefördert.

Online-Projekte inspirieren oftmals unter den richtigen Bedingungen auch zu viel Kreativität. Die Präsentationen können besonders ausgestaltet oder sogar interaktiv werden. Denn über kollaborative Online-Tools können Präsentationen nicht nur frontal gehalten werden, sondern auch alle anderen aktiv einbinden.

Allerdings müssen wir in Online-Veranstaltungen dennoch einige Faktoren beachten und etwas bewusster auf die Lernenden schauen:

Verantwortung – aber dranbleiben

Projektlernen wächst daran, dass die Lernenden selbst viel Verantwortung für den Lernprozess übernehmen. Und das soll auch so bleiben!

Trotzdem müssen wir in Online-Formaten dafür sorgen, dass sie sich nicht vollkommen alleine auf weiter Flur fühlen. Denn da hier noch mehr in Selbstlernzeit geschieht, verlieren wir manchmal die Übersicht über aktuelle Lernhindernisse und Fragen.

Deshalb sollte es immer einen niedrigschwelligen Kommunikationskanal zwischen den Lernenden und zu Dir geben. Wenn die Projekte in Kleingruppen bearbeitet werden, sollten offene Fragen natürlich zunächst versucht werden im Gruppenverband geklärt zu werden.

Über den Kanal können die Teilnehmenden trotzdem kontinuierlich auch Feedback zum Prozess geben, was beim Projektlernen wie erwähnt besonders essenziell ist. Es kann Dir auch wichtige Hinweise für zukünftige Projektaufträge geben.

Wenn Du also zum Beispiel merkst, dass die Gruppen mehr Austauschbedarf haben, kannst Du etwa zusätzliche Coaching Calls zwischen den Sitzungen anbieten.

Manchmal müssen wir und die Lernenden aber einfach auch eine erste Phase einmal aushalten. Da Projektlernen so viel Eigenverantwortung erfordert, müssen sich einige Teilnehmende zunächst daran gewöhnen – es können sogar Widerstände entstehen, die mit aktiver Lernbegleitung aufgelöst werden müssen.

In den meisten Fällen finden sich die Lernenden aber nach einer etwas stärker begleiteten Eingewöhnungszeit gut ein und lernen den Prozess wertzuschätzen.

Das Fazit ist: Bleibe als Lernbegleiter:in im Hintergrund, aber trotzdem immer dran und bei Bedarf erreichbar!

Warum wir als Erwachsene anders lernen

Es ist eine häufig geäußerte Meinung: Erwachsene lernen schlechter und langsamer als Kinder und Jugendliche.

Als Kinder müssen wir innerhalb einer kurzen Zeitspanne sehr viele neue und anspruchsvolle Dinge lernen. Kinder können dabei scheinbar ohne Probleme mehrsprachig aufwachsen und dabei noch Lesen, Schreiben und Fahrradfahren erlernen.

Aber warum ist das überhaupt so?

Ein heranwachsender Mensch verändert sich neurologisch einfach noch wesentlich mehr als ein Erwachsener. Alleine die Pubertät krempelt unser Gehirn einmal komplett um. Nach Abschluss der Pubertät befinden wir uns in einem wesentlich stabileren Zustand – was auch bedeutet, dass uns Veränderungen schwerer fallen können.

Aber es liegt in der Natur des Menschen, sich neue Fähigkeiten anzueignen und sich immer wieder neuen Situationen anpassen zu können.

Das Gehirn bildet sich erst mit etwa 20 Jahren vollständig aus. Das ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass junge Menschen häufig unvorsichtig erscheinen und sich den Risiken und Gefahren weniger bewusst sind.

Wieso es einen evolutionären Vorteil bringen soll, dass sich wesentliche Teile des Gehirns erst so spät ausbilden, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Vermutlich wird in dieser Rechnung bereits der Mensch als soziales Geschöpf mit einbezogen. Unsere Eltern ersetzen gewissermaßen mit mehr oder weniger Erfolg den fehlenden Teil des Gehirns eines Heranwachsenden.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?

Ein Neugeborenes startet im Prinzip mit einer leeren Festplatte ins Leben. In den folgenden Jahren selektiert das junge Gehirn basierend auf den Erfahrungen und Eindrücken stark aus. Die Verbindungen werden entweder durch kontinuierliche Reize verstärkt oder durch fehlende Eindrücke abgebaut.

Diese Jahre sind für einen Menschen sehr prägend: es wurde nachgewiesen, dass das Gehirn eines Dreijährigen etwa doppelt so aktiv ist, wie das eines Erwachsenen.

Ab dem 6. Lebensjahr beginnt die intellektuelle Reifephase. Nun reift der Stirnlappen heran, der unter anderem für logisches Denken und Urteilsfähigkeit verantwortlich ist.

In den ersten 10 Jahren unseres Lebens lernen wir tatsächlich schneller. Das liegt unter anderem daran, dass das Lernen danach anstrengender wird. Im Kindheitsalter werden bereits viele grobe Verbindungen angelegt und vertieft. Nach dem 10. Lebensjahr legen wir insgesamt wesentlich seltener vollkommen neue Synapsenverbindungen an und das komplexe System unseres Gehirns wird so etwas weniger anpassungsfähig.

Aus diesem Grund ist es auch wichtig, Kinder an so viele Wissensbereiche wie möglich heranzuführen. Denn auf Verbindungen, die in unseren frühen Jahren angelegt wurden, lässt sich neues Wissen zu einem späteren Zeitpunkt besonders gut aufbauen.

Auch an das Lernen an sich sollten bereits Kleinkinder herangeführt werden. Dabei geht es vor allem um Selbstständigkeit im Lernprozess. Zu keinem Zeitpunkt ist es für einen Menschen wertvoll, Lernerfahrungen durch „Eintrichtern“ zu machen. Daher sollten auch Kinder insbesondere zum eigenständigen und handlungsorientierten Lernen ermutigt werden.

Denn im Erwachsenenalter funktioniert das Gehirn nach demselben Prinzip. Wir verstärken ständig unsere Verbindungen oder bauen ungenutzte ab. Nur legen wir eben weniger neue Synapsen an als zuvor.

Daher behalten wir neue Dinge durch Wiederholung besser und länger, da sich die entsprechenden Synapsen stärker ausbilden. Dinge, die wir nur einmal und dann nie wieder anwenden, kategorisiert das Gehirn einfach als „unwichtig“. Überflüssiges Wissen würde uns nur Speicherplatz auf der Festplatte blockieren.

Als Erwachsene lernen wir also insgesamt nicht unbedingt immer schlechter, aber durchaus etwas anders. Kinder lernen wesentlich beiläufiger und spielerischer. Wir wollen häufig auch den allgemeineren Sinnzusammenhang verstehen und lernen in größeren Schritten. Wir neigen beim Lernen vielleicht manchmal dazu, die Sache etwas zu verkopft anzugehen, anstatt einfach Dinge auszuprobieren.

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es nie zu spät ist, neue Dinge zu lernen. Denn unser Gehirn ist bis zu unserem letzten Tag in der Lage neue Verbindungen anzulegen.

Somit sollte es uns nicht davon abhalten, sich in jedem Alter neue Fähigkeiten anzueignen. Denn im Prinzip passiert im Gehirn eines späten Anfängers genau dasselbe wie bei einem Frühstarter. Mit jeder Übungseinheit verknüpfen sich die jeweiligen Areale des Gehirns stärker.

Egal wann man also das Klavierspielen erlernen möchte, läuft der Lernprozess ähnlich ab. Bereits nach der ersten Einheit verändern sich die Aktivitätsmuster im Gehirn und die Vernetzungen zwischen Hand- und Hörregionen werden stärker. Wenn man weiter übt, so sind diese Verbindungen nach etwa drei bis fünf Wochen stabil und dauerhaft.

Die Eigenschaft unseres Gehirns, sich immer wieder neu zu verschalten und anzupassen, nennen Forscher Plastizität. Diese Eigenschaft bleibt uns ein Leben lang – auch wenn das Maß der Anpassungsfähigkeit mit dem Alter ein wenig nachlässt.

Das Lernen endet nicht mit der Schule

Wir müssen uns also von der Vorstellung verabschieden, dass das Lernen mit dem Schulabschluss beendet ist. Denn auch in der heutigen Arbeitswelt ist Stillstand keine Option. In beinahe allen Bereichen des Arbeitsmarktes muss man auch als Erwachsener stets zu einer Fort- oder Weiterbildung bereit sein, um mit den modernen Entwicklungen Schritt halten zu können.

Doch als Erwachsene scheuen sich viele Menschen vor einer Weiterbildung und der Erfahrung des institutionalisierten Lernens. In der Erwachsenenbildung stoßen wir daher auf ganz andere Lernwiderstände.

Erwachsene Menschen befinden sich in ganz anderen Lebensumständen als Kinder oder Jugendliche. In den meisten Fällen gehen diese ihrer Schulbildung praktisch hauptberuflich nach. In der Erwachsenenbildung hingegen treffen wir häufig Menschen an, die ihre Weiterbildung zusätzlich zu Beruf und Kindern meistern müssen.

Zudem befassen sich die Lerninhalte in der Erwachsenenbildung meist mit ganz anderen Themenbereichen. Diese kommen häufig aus wesentlich realeren Kontexten und betreffen uns viel direkter.

Der große Erfahrungsschatz eines Erwachsenen kann in einem Bildungskontext auch zu einem Hindernis werden. Da unsere Meinungen und Wissensbestände oft über viele Jahre gebildet wurden, sind wir manchmal etwas festgefahren.

Erwachsene lassen sich meist nicht gerne belehren. Daher liegt ein produktiver Ansatz für Lernumfelder in der Fort- und Weiterbildung auch eher im sozialen und kollaborativen Lernen. Wieso es für Dozenten wichtig ist, das Lernen handlungsorientiert zu gestalten kannst Du in diesem Artikel ausführlicher lesen:

Die wichtigsten Unterschiede – Wie Jugendliche und Erwachsene lernen

Andererseits hat die Erwachsenenbildung auch oft einen Vorteil: im Gegensatz zur Schulbildung entscheiden sich Erwachsene in vielen Fällen ganz bewusst und eigenständig zum Lernen. Diese intrinsische Motivation ist wesentlich wertvoller als die praktisch aufgezwungene Bildung im Rahmen der Schule.

Wieso lebenslanges Lernen so wichtig ist

Ein wesentlicher Grund, warum das Lernen uns als Erwachsenen manchmal schwerer fällt, ist unser großer Wissens- und Erfahrungsschatz. Kinder lernen so schnell, da ihre neurologische Leinwand einfach noch viel mehr weiße Flächen hat. Das Gehirn eines Erwachsenen ist so breit und tief vernetzt, dass eine Neuvernetzung mit mehr Anstrengung verbunden sein kann.

Auch wenn wir also als Erwachsene nicht mehr in der Geschwindigkeit eines Kindes lernen, so ist es wichtig, dass wir das Lernen nicht verlernen. Denn da das Gehirn tatsächlich wie ein Muskel ist, baut er ohne das entsprechende Training schnell ab.

Neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz werden in unserer Gesellschaft immer häufiger, da die Menschen im Durchschnitt immer älter werden. Daher stellen sich Wissenschaftler die Frage, ob sich degenerativen Erkrankungen im Alter vorbeugen lässt.

Nach neueren Erkenntnissen der Entwicklungsforschung geht man davon aus, dass sich beispielsweise das junge Erwachsenenalter etwa bis zum 45. Lebensjahr ausdehnt und das mittlere Alter bis 65. Erst danach könne man wirklich vom „Alter“ sprechen.

Die Hoffnung ist, dass wenn wir uns unser ganzes Leben lang im Gedächtnistraining üben, sich so der Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter verlangsamen lässt. Studien haben bereits bewiesen, dass geistig aktive Menschen seltener an Demenz erkranken.

Die World Health Organisation (WHO) empfiehlt ganz konkret kognitives Training, dass neue Lerninhalte beinhalten und Routinen vermeiden soll. Klassische Zeitvertreibe wie Sudoku oder Kreuzworträtsel seien weniger effektiv, da so eher bereits vorhandene Wissensbestände abgefragt würden. Man solle hingegen kontinuierlich neue Fähigkeiten entwickeln oder etwa eine neue Fremdsprache erlernen.

Daher könnte lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen tatsächlich ein zentraler Faktor in unserer geistigen Altersvorsorge sein.