Einer der Faktoren, die für das Gefühl von weniger Lebendigkeit im Online-Seminar sorgen können, ist die anhaltende Zweidimensionalität.
Wir schauen ständig auf einen Bildschirm und da sich die Menschen darin selten bewegen, verbleiben sie auch meist im selben Abstand zur Kamera und wir bekommen nicht wirklich ein echtes Gefühl für den Raum.
Das Resultat der fehlenden Tiefe ist, dass sich die Menschen und Inhalte für uns oftmals flach und weniger real anfühlen.
Denn Dreidimensionalität ist für die menschliche Wahrnehmung unheimlich wichtig. Natürlich sind wir mittlerweile alle an die zweidimensionale Darstellung in medialen Kontexten gewöhnt, aber das Problem offenbart sich dennoch bei längerer Nutzung häufig in Form von Konzentrationsstörungen oder mangelnder Vorstellungskraft im Bezug auf die Inhalte.
Wie bringst Du das Gefühl von 3D in 2D?
Es ist davon auszugehen, dass Du als Trainer*in nicht unbedingt Zugang zu VR-Brillen hast und voll ausgeformte Simulationen mit Deinen Teilnehmer*innen unternehmen kannst.
Aber auch mit weniger technologisch ausgefeilten Mitteln kannst Du ein Online-Seminar lebendiger und dreidimensionaler gestalten.
Eine relativ einfache, aber effektvolle Möglichkeit, ist der Einsatz von aufklappbaren Materialien oder Leporellos.
Diese Methode ist vor allem für alle unter Euch geeignet, die gerne kreative Flipcharts und ähnliches anfertigen und denen diese Möglichkeit im Online-Seminar oft fehlt.
Flipcharts im Präsenzunterricht werden gerne auch dazu genutzt, um einzelne Teile nach und nach aufzudecken. Diesen Effekt kannst Du übrigens auch digital über ein virtuelles Whiteboard und Klebezettel nachempfinden.
Aber wenn Du es trotzdem lieber ein wenig haptischer möchtest, kannst Du Deine echten Flipcharts und Plakate entsprechend vorbereiten.
Du kannst etwa ein Leporello einzeln anfertigen, oder es auf einem Plakat zum Aufklappen anbringen. Alternativ kannst Du auf Deinem Plakat oder Flipchart auch kleine Türchen oder Klappen einbauen. All diese kleinen Tricks erschaffen die Illusion von Dreidimensionalität und erzeugen interessante visuelle Reize.
Den Input häppchenweise darzustellen hat auch einige Vorteile: Zum einen wird der Inhalt so für die Teilnehmenden besser verdaulich und sie haben mehr Zeit, um sich gemeinsam und gleichzeitig auf einzelne Teilstücke zu konzentrieren und Details wahrzunehmen.
Lego im Online-Seminar?
In vielen Trainingsgebieten setzen Trainer*innen auf modellhafte Darstellungen mit Figuren und Szenarien, die für die jeweiligen Inhalte und Prozesse relevant sind. Kleine Figürchen vermenschlichen und visualisieren den Input ein wenig und werden daher oftmals in sozialen Fachgebieten eingesetzt.
Es muss nicht gleich ein professioneller Schaukasten sein, aber hier kannst Du je nach Gebiet kreativ werden.
Vielleicht haben ja sogar Deine Kinder bereits das passende Lego- oder Playmobil-Set und lassen es Dich einmal ausleihen (Du hast es schließlich bezahlt, oder nicht?).
Diese Methode der Inhaltsvermittlung ist auch ganz sicher nicht nur für die Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen geeignet. Teilnehmer*innen aller Altersklassen können von einer anschaulichen Darstellung profitieren und die unerwartete Umsetzung lockert gleichzeitig auch noch die Stimmung auf.
Auch wenn in der Arbeit mit Kindern viel häufiger mit Materialien zum Anfassen gearbeitet wird, gibt es keinen Grund auch nicht in der Erwachsenenbildung davon Gebrauch zu machen. Denn Inhalte für Erwachsene neigen häufig dazu, sehr vertextlicht und weniger anschaulich zu sein.
Selbst das Wort Modell hat wohl für die meisten Erwachsenen oft eine theoretische Konnotation. Dabei kann eine praktische, dreidimensionale Ausgestaltung wesentlich effektiver sein.
Denke beispielsweise einmal daran, wie komplex die Erklärung eines DNA-Stranges in Worten wäre. Das Helix-Modell, das wahrscheinlich auch in Deinem Biologie-Klassenzimmer stand, unterstützt die Erklärung sicherlich ungemein.
Mit Hilfe von Modellen kannst Du also Zusammenhänge sehr plastisch darstellen. Insbesondere auch wenn es um Menschen und ihre (räumliche) Beziehung zueinander geht, kann eine solche Methode viele Worte schnell ersetzen.
Was brauchst Du an Equipment?
Vielleicht fragst Du Dich jetzt noch, wie genau Du Deine 3D-Materialien technisch am besten zeigen kannst.
Wenn Du gerne mit kreativen Kamera-Perspektiven arbeiten möchtest, empfiehlt sich eine Dokumentenkamera. Diese Kameras sind praktisch in ein Stativ eingebaut und sehr flexibel in viele Winkel drehbar.
Diese Kameras sind außerdem darauf spezialisiert, Objekte und Text in Nahaufnahme zu zeigen.
Wenn Du eine solche Investition nicht direkt machen möchtest, kannst Du aber auch erstmal Dein Smartphone und ein möglichst flexibles Stativ verwenden. Wenn Du Dein Smartphone nicht direkt mit Deiner Konferenzsoftware als zweite Kameraperspektive nutzen kannst, brauchst Du eventuell eine App (z.B. manycam).
Natürlich erzeugen diese Tricks nicht wirklich ein dreidimensionales Bild, aber Deine Teilnehmer*innen bekommen so wesentlich mehr geboten, an dem sich ihr Raumgefühl orientieren kann.
Zudem kann diese Variation in der Darstellung einfach den Trott eines Online-Seminars ein wenig aufbrechen und etwas mehr Praxis-Gefühl vermitteln.
Die hier besprochenen Tipps erfordern eventuell ein klein wenig mehr Bastelei von Deiner Seite, als Du normalerweise an den Tag legen würdest. Diese Methoden sind daher besonders für Trainer*innen geeignet, die ähnliche Dinge gerne in ihren Präsenz-Trainings anwenden und nicht alles auf virtuelle Optionen umstellen möchten.