Das Schlagwort Gamification hast Du als Trainer*in sicherlich schon einmal gehört. Doch was beinhaltet dieser Ansatz überhaupt genau?
Nichts tötet die Motivation zum Lernen schneller ab als Langeweile und Monotonie. Daher soll die Integration spielerischer Elemente Abhilfe schaffen und den Lernprozess auflockern.
Selbst wenn Du in Deinen Lernkontexten keine eigentlichen Prüfungen oder Tests eingebaut hast, kannst Du dennoch durch Gamification gezielte Lernreize setzen und so für mehr Ansporn sorgen.
Denn der Spieltrieb schlummert ins uns allen und kann durch verschiedene methodische Faktoren angesprochen werden, um zu einer positiven Gestaltung des Lernerlebnisses beizutragen.
Gamification ist ein so beliebter Ansatz, weil er meistens keinen großen Aufwand erfordert und mit ein paar minimalen Anpassungen des Konzepts umzusetzen ist.
Hier findest Du einige Tipps, wie Du auch in Deinen Online-Seminaren durch Gamification den Spaß am Lernen erweckst:
1. Klare Lernziele schaffen greifbare Herausforderungen
Auch wenn beim Lernen natürlich immer der Weg das Ziel ist, kann es Deinen Teilnehmer*innen helfen, ein konkretes Lernziel vor Augen zu haben.
Denn messbare Ziele schaffen ein längerfristigeres Erfolgserlebnis und geben den Teilnehmer*innen klare Vorgaben, welche Fähigkeiten sie entwickeln sollen und werden. Je deutlicher Du also die Lernziele formulierst, desto mehr erschaffst Du einen transparenten und motivierenden Lernprozess.
Transparenz ist bei Gamification immer eine wichtige Grundregel: Die Voraussetzungen und „Spielregeln“ sollten immer für alle Beteiligten klar und vergleichbar sein, damit Deine Teilnehmer*innen genau wissen, wie sie sich verbessern können. Klare Strukturen sorgen dafür, dass die Form nicht vom Inhalt ablenkt.
Gleichzeitig helfen klar abgesteckte Lernziele auch Dir bei der Konzeption der einzelnen Elemente.
2. Weniger ist mehr
Neben Deutlichkeit ist auch Einfachheit ratsam. Denn wenn die Spielregeln zu komplex sind, erschwert es den Lernenden unter Umständen den Zugang zu den Inhalten.
Vielleicht erinnerst Du Dich noch an eine Situation, in der Du zum ersten Mal ein Gesellschaftsspiel gespielt hast und die vielen Regeln sehr undurchsichtig und verwirrend waren. Daher sollte der Einstieg in Gamification-Elemente trotzdem niedrigschwellig konzipiert werden, um auch neuen „Mitspielern“ kein zu großes Lernhindernis zu bauen.
3. Den natürlichen Ehrgeiz nutzen
Der Mensch an sich misst sich gerne mit anderen. Diesen natürlichen Ehrgeiz kannst Du Dir als Trainer*in zu Nutze machen.
Mit Hilfe von (eventuell anonymisierten) Rankings wird der Wettbewerb angeregt und Deine Lernenden zu guten Leistungen und aktiver Beteiligung angespornt. Unter Umständen erzeugt man auf diese Weise sogar eine Art positiven Gruppenzwang.
Du kannst in eher unerfahrenen Teilnehmerfeldern auch Tests oder Aufgaben in Gruppen gegeneinander spielen lassen – so fühlen sich die Einzelnen weniger unter Druck gesetzt und es entstehen gleichzeitig gruppendynamische Prozesse.
Und natürlich zählt am Ende schließlich doch nur der olympische Gedanke und alle haben gewonnen, wenn sie etwas gelernt haben.
Natürlich kann es auch Themenbereiche oder Lernsituationen geben, in denen Ranglisten eher kontraproduktiv sein können. Wenn es etwa um individuelle Persönlichkeitsmerkmale oder ein eigenes Lerntempo geht, sind Rankings wohl nicht lernförderlich.
4. Belohnungen ausstellen
Die Motivation durch den reinen Wettbewerb ist eine Sache, aber wenn auch noch Belohnungen ausstehen, kann der Lernerfolg sich gleich doppelt lohnen.
Spiele sprechen unsere Belohnungsmechanismen an und sind daher so attraktiv und unterhaltsam. Dabei muss die Belohnung überhaupt nicht groß oder greifbar sein:
Alleine die Nachricht „Test bestanden“ mit einem kleinen Pokal-Symbol daneben wird von unserem Gehirn als Erfolgserlebnis verbucht. Wenn Du also abgeschlossene Lernschritte auch visuell positiv markierst, fühlen sich selbst kleine Fortschritte für die Teilnehmer*innen größer an. Da wir diese erzeugten Emotionen gerne immer wieder erleben möchten, werden wir so automatisch zu mehr motiviert.
Du kannst selbstverständlich auch größere Preise ausloben, die gute Leistungen mit gewissen Boni belohnen.
Den Lernfortschritt über Deine Lernplattform zu visualisieren, kann also einen sehr positiven Effekt auf die Motivation haben. Dazu können etwa der prozentuale Lernfortschritt, bestandene Tests oder Zertifikate zählen. So sieht das beispielsweise in unserem Kurs Train The Online Trainer auf der Plattform Coachy aus:
Wie Du siehst, handelt es sich wirklich nur um kleine Marker, die den Lernfortschritt und ein kleines Erfolgserlebnis visualisieren können.
5. Interaktionsflächen visuell aufpeppen
Deine Inhalte und Unterlagen visuell anzureichern ist immer eine gute Idee, da es einerseits das Abspeichern der Informationen erleichtert und andererseits die Aufmerksamkeit länger hochhält.
Daher sollte diese Grundregel auch auf Tests und Abfragen angewandt werden. Indem Du gleichzeitig die Oberflächen mit Illustrationen ansprechender gestaltest und die Abfragemechaniken variierst, motivierst Du Deine Lernenden langfristiger.
Das bedeutet, anstatt einfach immer nur Fragen nach demselben Muster beantworten zu lassen, solltest Du zwischen möglichst vielen verschiedenen Abfragemechaniken wechseln. Das können beispielsweise zeitliche Countdowns, Zuteilung per Drag&Drop, Timelines, Puzzle oder Fehlersuchen sein.
Auf diese Weise fühlt sich ein Test tatsächlich eher wie ein Spiel an, das Deine Teilnehmer*innen auch in ihrer Freizeit auf dem Smartphone spielen würden. Dadurch entsteht unter Umständen sogar weniger Leistungsdruck als in einem klassischen Testformat.
In Online-Seminaren ist dieses Ziel sogar noch einfacher umzusetzen, da es viele Apps und Programme gibt, die auf Quizze und Abfragen spezialisiert sind. Hier siehst Du ein kleines Beispiel, wie Du mit Hilfe der App Mentimeter Abfragen individualisieren kannst:
6. Storytelling
Richtig eingesetzt kann Gamification Deine Lernenden besonders persönlich und emotional ansprechen und motivieren.
Test neigen oft dazu, einfach nur Faktenwissen abzufragen. Dabei merken wir uns größere Zusammenhänge und Geschichten wesentlich besser, da unser Gehirn eine breitere Fläche vernetzen kann.
Mit Hilfe von Gamification kannst Du Deine Teilnehmer*innen praktisch auf eine Reise mitnehmen, auf der sie verschiedene Etappen erreichen und schrittweise auf ein Ziel hinarbeiten. Wenn Du Dir Deinen Kurs als Storyboard konzipierst, kann es Dir auch bei der Erarbeitung der einzelnen Teilstücke und Spielelemente helfen.
Wenn Du also die Möglichkeit hast, Deine Inhalte in eine übergreifende Geschichte einzuordnen, können sich die Lernenden besser damit identifizieren und dem roten Faden folgen. Auch in Test-Situationen sind echte Szenarien immer besser als etwa eine reine Rechenaufgabe, da wir so unser Wissen kontextualisieren können.
Ist Gamification für mein Seminar geeignet?
Grundsätzlich lässt sich Gamification auf fast alle Lernszenarien anwenden. Da generell oftmals die Variation im Vordergrund steht, profitieren die meisten Formate von den positiven Effekten eines spielerischen Ansatzes.
Das Ziel von Gamification ist nicht, Deine Teilnehmer*innen durch Wettbewerb unter Druck zu setzen oder einen ungesunden Konkurrenzdruck zu fördern. Im Gegenteil: Wenn Du Gamification gezielt einsetzt, kann es sogar das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb von Gruppen stärken.
Denn am Ende geht es weniger um Wettbewerb, sondern um die positive Verstärkung und Anerkennung von guten Leistungen, die sowohl jeden Einzelnen als auch das Kollektiv zu mehr motivieren sollen.
Du kannst Deine Teilnehmergruppen selbst am besten einschätzen und entscheiden, ob spielerische Elemente menschlich und inhaltlich passend sind. Selbst, wenn Du also die Wettbewerbs-Aspekte von Gamification nicht einsetzen möchtest, können Deine Inhalte trotzdem im Lernprozess durch mehr Aktivität bereichert werden.